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Werder-Leistungszentrum Finanzierung im Fokus

Auch beim dritten Workshop im Rahmen des Moderationsverfahrens zum geplanten Werder-Leistungszentrum in der Pauliner Marsch in der Oberschule an der Schaumburger Straße wurde heftig debattiert.
13.01.2023, 18:00 Uhr
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Finanzierung im Fokus
Von Sigrid Schuer

30 Millionen, 68 Millionen oder gar 80 Millionen? Die Spekulationen, wie viel das geplante Werder-Leistungszentrum in der Pauliner Marsch tatsächlich kosten könnte, schossen beim dritten Workshop innerhalb des von Werder angesetzten Moderationsverfahrens ins Kraut.

Nach drei Impulsvorträgen wurden in der Aula der Oberschule an der Schaumburger Straße jeweils zwei Mal 20 Minuten lange kleinere Workshops zu folgenden Themen angesetzt: zur Finanzierung des Werder-Leistungszentrums, zur rechtlichen sowie baurechtlichen Seite und zum Leitbild-Kontrakt. Die Arbeitsgruppen waren umlagert. In ihnen wurde heftig diskutiert, das galt im besonderen Maße für den Workshop zur Finanzierung. Ursprünglich sollte der emeritierte Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel dort als Experte zur Verfügung stehen, doch der war durch Krankheit verhindert. Also nahmen zwei Vertreter des Begleitgremiums, darunter Silke Draschba, eine der betroffenen Anwohnerinnen, die Anregungen der Workshop-Teilnehmer auf.

Ein Rechenexempel

Einer der Anwesenden machte ein Rechenexempel auf: Der selbstständig Tätige sagte, er habe sich bei Experten informiert, wie teuer das Überflutungsrisiko für das in der Pauliner Marsch geplante Stadion des Werder-Leistungszentrums werden könnte. In der abschließenden Diskussion wurde dann noch einmal von einer Workshop-Teilnehmerin darauf hingewiesen, dass keine Versicherung dazu bereit sein dürfte, dieses Überflutungsrisiko abzusichern. Sollte der Bremer Senat Steuergelder in den Bau investieren, wäre das Geld mithin unwiederbringlich verloren, so ihr Fazit. Dieser Ansicht ist im Übrigen auch die Anwohner-Initiative, die eine zusätzliche Belastung des Quartiers durch das Leistungszentrum befürchtet. Schätzungen zufolge könnte allein die Unwägbarkeit des Überflutungsrisikos den Baupreis bis auf 80 Millionen Euro hochtreiben.

Die Workshop-Teilnehmer, darunter Silke Draschba, gaben auch zu bedenken, wie unkalkulierbar sich die Energiekrise und die Lieferengpässe auf die Finanzierbarkeit von Bauvorhaben auswirken würden. Dazu kämen die noch vorhandenen Restschulden von Werder Bremen für den Stadion-Umbau, die in dem Teilworkshop zu den Finanzen mit 40 Millionen Euro beziffert wurden und die erst noch abgetragen werden wollen. Von der Landesbürgschaft, die vom Bremen Senat in der Corona-Krise zur Absicherung von Arbeitsplätzen beim SV Werder gewährt wurde, gar nicht zu reden. Die Deichstube schrieb im Herbst 2021 sogar von einem Schuldenberg von 75 Millionen Euro.

Antrag auf EU-Gelder?

Eine Workshop-Teilnehmerin echauffierte sich, weshalb Bremen mit Steuergeldern nicht erst einmal die maroden Sporthallen saniere oder generell mehr Geld für den Breitensport bereitstelle, als darüber nachzudenken, vielleicht doch noch Geld für das Werder-Leistungszentrum auszugeben. Eigens aus Hannover angereist war Harry Rother, der sich eigenen Angaben zufolge gut mit dem EU-Recht auskennt. Er brachte ins Spiel, dass es bei Non-Profit-Organisationen durchaus möglich wäre, EU-Gelder zu beantragen, die steuerfrei seien und zu 80 Prozent nicht zurückgezahlt werden müssten. Die Frage sei allerdings, inwieweit es sich beim geplanten Werder-Leistungszentrum um eine Non-Profit-Organisation handele. Fazit der Finanz-Workshop-Teilnehmer: Es sei seitens des SV Werder ein cleveres Geschäftsmodell in puncto Leistungszentrum lanciert worden, die Förderung des Breitensports mit der von Nachwuchs-Profi-Spielern und dem Bau eines zusätzlichen Stadions zu verquicken. Moniert wurde auch, dass der SV Werder immer noch keinen klaren Finanzierungsplan vorgelegt habe.

Marion Skerra von der Referatsleitung 63 im Bauressort versuchte, die Wogen zu glätten, indem sie darauf hinwies, dass aus bau- und planungsrechtlicher Perspektive noch rein gar nichts entschieden sei: "Wir sind noch nicht im Bauleitverfahren." Dennoch wurde in der Arbeitsgruppe über einen möglichen Architektur-Wettbewerb diskutiert. Zuvor gab Skerra einen Einblick in den Ablauf baurechtlicher Planungen.

Einordnung der Anwohnerrechte

Claudia Nottbusch, Notarin und Rechtsanwältin für Verwaltungsrecht von der Kanzlei Ahlers und Vogel, gab eine rechtliche Einordnung der Anwohnerrechte. Aus den im Grundbuch eingetragenen Grunddienstbarkeiten ergibt sich ein Verbietungsrecht massiver Bauten in der Pauliner Marsch durch die Anwohnerschaft. Es handele sich um sogenannten Ewigkeitsrechte. Der Haken daran: Trotzdem sei eine Enteignung gegen Entschädigung im Bereich des Möglichen, nicht nur durch den Staat, sondern auch, wenn es um einen privaten Bebauungsplan gehe. Voraussetzung: Es müsse um das Wohl der Allgemeinheit gehen. Die Frage ist, ob eine Sportanlage dieses Kriterium erfüllt.

Und der ehemalige Leiter des Ortsamtes Mitte/Östliche Vorstadt, Robert Bücking, ließ seine Erinnerungen an das Entstehen des Leitbild-Kontraktes Revue passieren, in dem sich der SV Werder mit der Anwohnerschaft zusammenraufte. Schon damals wurde kräftig über das Naherholungs- und Hochwasserschutz-Gebiet Pauliner Marsch gestritten. Bückings Empfehlung: beharrlich bleiben und den Gesprächsfaden mit dem SV Werder nie abreißen lassen.

Weitere Perspektive

Bianca Wenke (SPD), Sprecherin des Fachausschusses Pauliner Marsch, der im Frühjahr wieder tagen soll, erstattete aus ihrer Arbeitsgruppe Bericht: Von dort wurde vor allem der Wunsch geäußert, die Weiterentwicklung des Leitbild-Kontraktes bei einer höchstmöglichen Transparenz zu ermöglichen und im Fachausschuss weitere, neue Mitglieder zuzulassen. Hubertus Hess-Grunewald, Präsident des SV Werder, zog am Ende der rund dreistündigen Workshop-Veranstaltung folgendes Fazit: Aufgabe des 18-köpfigen Begleitgremiums im Zuge der Workshops wäre, auszuloten, ob es aufseiten der Anwohnerschaft überhaupt eine Mehrheit für den Bau des Werder-Leistungszentrums gibt. "Wir streiten, wir diskutieren, wir nehmen das sehr ernst. Und wir nehmen Anregungen aus den Workshops mit auf." Am Schluss gab es den Appell von Steffen Eilers (Grüne), Sprecher des Beirates Östliche Vorstadt, an alle Anwesenden, sich weiter in diesen langwierigen Prozess einzubringen.

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Info

Der nächste und vierte Workshop zum Werder-Leistungszentrum ist für den 23. Februar angesetzt, dann sollen Hochwasser- und Haftungsfragen bearbeitet werden.

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