Der Sommer 2017 in Bremen war kühl, unbeständig und verregnet. Das machte sich auch an den Bremer Badeseen bemerkbar. „Die Seen waren nicht so gut besucht“, sagt Philipp Postulka, Sprecher des Landesverbands der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) in Bremen. An den Seen müsse es beständiges warmes Wetter geben, damit die Menschen kommen und schwimmen gehen. Aus seiner Sicht ist dies einer der Hauptgründe, warum die Zahl der Badetoten 2017 zurückgegangen ist. In Bremens Gewässern sind im vergangenen Jahr zwei Menschen ertrunken, 2016 waren es neun Todesfälle, wie die DLRG am Dienstag in Berlin bekannt gab.
„Bei den zwei Fällen in Bremen handelt es sich nicht um Badeunfälle im eigentlichen Sinne“, sagt DLRG-Sprecher Postulka. Zwei Männer seien in der Weser ertrunken. Einer der Verunglückten kam bei einem Schiffsunfall ums Leben. Anfang März 2017 waren ein Binnenschiff und ein kleines Fischerboot zwischen Stephanibrücke und Bürgermeister-Smidt-Brücke kollidiert, dabei wurde ein 77-jähriger Angler auf dem Fischerboot lebensgefährlich verletzt.

Philipp Postulka, DLRG Bremen.
Mit zwei Todesfällen gehört Bremen neben dem Saarland (ein Fall) zu den Bundesländern, in denen die wenigsten Menschen ertranken. Natürlich sei es erfreulich, dass die Zahl zurückgegangen sei, sagt Postulka. Allerdings seien die Statistiken nicht vergleichbar. Außerdem sei es schwierig, dadurch Rückschlüsse auf die Arbeit der Lebensretter zu ziehen. Die DLRG habe mit einem Präventionsprogramm mindestens 1500 Flüchtlinge über Gefahren und Baderegeln informiert. Zudem seien mehr als 3000 Flyer in mehreren Sprachen verteilt worden.
Die Vorjahre zeigen eine andere Bilanz: Immer wieder kam es zu tödlichen Badeunfällen, etwa im Achterdieksee in Oberneuland. 2014 ertranken drei junge Menschen, im August 2015 schaffte es ein 18-jähriger Syrer nicht mehr, die Badeplattform in der Mitte des Sees zu erreichen. Im Mai 2016 kam ein 23-jähriger Iraner zu Tode. 2016 ertrank im Sodenmattsee ein Kind. Im Juni 2017 ereignete sich ein Badeunfall am Sportparksee Grambke, ein 35-jähriger Mann konnte aber mit Erfolg reanimiert werden. Der DLRG-Landesverband betreibt an acht Badeseen in Bremen Rettungsstationen und hat insgesamt rund 3000 Mitglieder, davon sind laut Postulka 311 Personen aktiv. Ehrenamtliche werden weiter gesucht.
Auch bundesweit ging die Zahl der Ertrunkenen um etwa ein Viertel im Vergleich zum Vorjahr zurück. Die DLRG sieht aber keinen Grund zur Entwarnung. Bei der Pressekonferenz in Berlin verwiesen die Vertreter darauf, dass jeder zweite Viertklässler nicht sicher schwimmen könne. Außerdem würden immer mehr städtische Bäder geschlossen. In Der Handlungsbedarf liege vor allem in den Kommunen. Eine Warnung, der sich auch der Bremer DLRG-Sprecher Postulka anschließt. "Kinder und Grundschüler sind immer weniger ans Wasser gewöhnt. Zudem gibt es teilweise Wartelisten von ein bis zwei Jahren für einen Schwimmkurs“, sagt Postulka.

Am Sodenmattsee in Huchting ertrank 2016 ein Kind.
An diesem Punkt setzt ein Antrag der Bremer CDU-Fraktion für die Bürgerschaft an. Darin fordern die Christdemokraten unter anderem Konzepte für eine bessere Schwimmausbildung. „Schwimmen muss eine Grundfähigkeit wie Lesen, Rechnen und Schreiben sein“, fordert Marco Lübke, sportpolitischer Sprecher der Fraktion. Das Frühschwimmerabzeichen Seepferdchen reiche nicht aus, so Lübke. Auch DLRG und Sportverbände fordern seit Langem, dass das Jugendschwimmabzeichen Bronze (Freischwimmer) Standard sein sollte.
CDU fordert bessere Schwimmausbildung
Eine Vorlage der Deputation für Kinder und Bildung aus dem Juni 2016 belege, dass 20 bis 25 Prozent aller Viertklässler in Bremen als Nichtschwimmer angesehen werden müssten. Dabei sei aber zu beachten, dass der Bremische Schwimmunterricht lediglich das Erlangen des Seepferdchens anstrebe, womit die Dunkelziffer vermutlich deutlich höher liege. Die CDU will unter anderem eine feste Integration der Schwimmausbildung in Kitas, mehr Aus- und Weiterbildungen von Schwimmlehrern und eine Ausweisung der Schwimmfähigkeit der Schüler in den Zeugnissen vom Senat prüfen lassen. Außerdem soll geklärt werden, ob Kinder bis sechs Jahre freien Eintritt in die Bremer Bäder bekommen können. "Das wäre gut investiertes Geld und würde Anreize schaffen", kommentiert Lübke den Vorstoß.
Tödliche Badeunfälle
Im Flächenland Niedersachsen zählte die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) insgesamt 55 Badetote, was ein Rückgang von drei Fällen zum Vorjahr bedeutet. Nach Bayern mit 86 tödlichen Unfällen liegt Niedersachsen mit Nordrhein-Westfalen damit auf Platz zwei. Ein Trend, der sich auch bundesweit abzeichnet, wie die DLRG am Dienstag in Berlin mitteilte. Die gesunkenen Zahlen seien vor allem auf den verregneten und kühlen Sommer zurückzuführen. So habe es in Niedersachsen im Mai und Oktober jeweils acht tödliche Badeunfälle gegeben, im August dagegen vier.
Unter den Opfern im Jahr 2017 in Niedersachsen waren ein Grundschulkind sowie sechs 16- bis 20-Jährige. Die größte Gruppe mit 42 Prozent waren über 55-Jährige. Nach Expertenmeinung führen Leichtsinn und Selbstüberschätzung in vielen Fällen zu tödlichen Badeunfälle. Männer sind überwiegend betroffen.
Bundesweit kamen mindestens 404 Männer, Frauen und Kinder in deutschen Gewässern ums Leben. Wie in den Vorjahren ertranken im Saarland mit einem Fall und Bremen mit zwei Todesfällen die wenigsten Menschen. In Hamburg zählte die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft 2016 noch 22 Fälle, im vergangenen Jahr waren es fünf. In Berlin ging die Zahl von 14 in 2016 auf ebenfalls fünf Fälle im vergangenen Jahr zurück.
Jetzt sichern: Wir schenken Ihnen 1 Monat WK+!