Die Zukunft der Schule an der Fritz-Gansberg-Straße bleibt weiterhin ungewiss. Denn die von der FDP beantragten Aktuellen Stunde rund um die Bau- und Personalmängel des Förderzentrums entwickelte sich schnell zu einer Grundsatzdebatte zum Zustand des Bremer Schulsystems und dem Sinn der inklusiven Beschulung.
Die Schule an der Fritz-Gansberg-Straße ist die letzte Förderschule in Bremen. Alle anderen Einrichtungen waren nach der Einigung auf eine inklusive Beschulung in 2009 nach und nach geschlossen worden. Das Förderzentrum sollte 2018 geschlossen werden, wurde aber mit einer Sondergenehmigung bis 2024 verlängert. Im November fehlten an dem Förderzentrum zwei Sonderpädagogen, bauliche und technische Mängel erschweren zudem den Unterricht. Momentan dient die Schule als eine Art Übergangseinrichtung für Kinder und Jugendliche, die im inklusiven Unterricht nicht beschult werden können.
„So wichtig die Funktion der Schule ist, desto ungeregelter ist die Zukunftsperspektive“, sagte FDP-Politikerin Birgit Bergmann deshalb in der Bürgerschaft. Es müssten professionelle Akteure und Experten in die weitere Standortplanung eingebunden werden. Der aktuelle Schwebezustand mache ein angemessenes Schulkonzept unmöglich. Die ausbleibende Positionierung der Politik spiegele sich auch in mangelnden Investitionen wider.
„Die Schule ist ein Politikum“
Aktuelle Unklarheiten, so erklärt es der Schulleiter Bastian Hartwig, habe auch der rot-grün-rote Koalitionsvertrag nicht gelöst. In dem Papier steht in Bezug auf das Förderzentrum, dass es so lange fortbestehe, „bis die Strukturen geschaffen wurden, um die Schülerinnen und Schüler an ihrer jeweiligen Schule angemessen zu unterstützen.“ Konkret heißt das: Bis die Inklusion an anderen Schulen so gut läuft, dass ein separates Förderzentrum mehr oder weniger überflüssig ist, bleibt der Standort. „Die Voraussetzungen für so eine Auflösung müssen erst mal da sein“, so Hartwig. „Die Schule ist ein Politikum. Aber wir brauchen jetzt eine Richtung.“ Grundsätzlich werde es aber immer Schülerinnen und Schüler geben, die mehr und intensivere Betreuung brauchen.
Um diese konkreten Probleme der Schule ging es in der Debatte am Dienstag allerdings nur am Rande. Schon in ihrem Antrag zur Aktuellen Stunde hatte die FDP betont, dass „das Beispiel des Förderzentrums die Folgen eines massiven Investitions- und Reformstaus und den daraus resultierenden untragbaren Zuständen an Bremer Bildungseinrichtungen symptomatisch deutlich“ mache. Bergmann nutzte deshalb den Austausch, um die allgemeine Hürden der inklusiven Beschulung und Probleme der Bremer Bildungspolitik zu thematisieren. Das sorgte bei den Regierungsparteien für verhaltene bis verärgerte Reaktionen.
„Eine Aktuelle Stunde ist nicht der Ort fürs Grundsätzliche“, erklärte SPD-Fraktionschef Mustafa Güngör. Allerdings sprach er sich für Investitionen für das Förderzentrum aus: „Wenn eine Sanierung notwendig ist, muss das auch geschehen.“ Einig waren sich die Fraktionen in der Forderung, dass eine Entscheidung über die Zukunft der Schule nicht weiter hinausgezögert werden dürfe. Der jetzige Status quo sei eine „unbeschreibliche Hängepartie“, sagte CDU-Politikerin Yvonne Averwerser.
Klares Entwicklungsziel
Wie schwierig eine solche Entscheidung allerdings ist, machte Sofia Leonidakis (Linke) klar: „Die Schule ist im neuen inklusiven System eigentlich ein Fremdkörper.“ Trotzdem sei sie ein wichtiges Element der Schullandschaft. Auch Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) betonte die besondere Rolle des Förderzentrums in der Inklusion. Es helfe, Kindern mit besonderen Problemen den Weg zurück an eine inklusive Regelschule zu erleichtern. Das Entwicklungsziel sei aber klar: Künftig solle möglichst kein Bedarf mehr für ein Förderzentrum bestehen.
Schulleiter Hartwig war am Dienstag während der Debatte in der Bürgerschaft zu Gast. Es sei gut, sagte er, dass das Thema überhaupt diskutiert werde. „Es ist allerdings bitter, dass daraus in der Diskussion ein politischer Nebenschauplatz wird.“ In der Sache sei ihm schlichtweg zu wenig in der Aktuellen Stunde herum gekommen. Zuletzt seien zwar erhebliche bauliche Mängel behoben worden, allerdings fehlten ihm und den Lehrkräften weiterhin eine Langzeitperspektive. „Die Pläne sind momentan zu vage, wir brauchen eine Richtung.“ Deshalb hofft auch er auf eine Expertengruppe, die sich mit unterschiedlichen Modellen, wie es mit der Schule weitergehen könnte, auseinandersetzt.
Mehr Geld für Inklusion in Kitas
Der Landesverband evangelischer Tageseinrichtungen für Kinder und die Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege Bremen sieht die inklusive Betreuung in den Bremer Kindertagesstätten als massiv gefährdet an. Das geht aus einem offenen Brief der Initiativen an die Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD) und die kinderpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Bürgerschaftsfraktionen hervor.
Carsten Schlepper, Leiter des Landesverbandes, betonte darin: „In unserem wohlhabenden Land muss es möglich sein, Kinder mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen so zu fördern, dass sie einen guten Start ins Leben haben." In den aktuellen Planungen für das kommende Kita-Jahr müsse deshalb eine Planungssicherheit für eine "Förderung von Anfang an" sichergestellt werden.