Hagen. Der Hagener Gemeinderat will keine 200-Meter-Windräder zwischen Lohe und Bramstedt zulassen. Mit knapper Mehrheit lehnte er auf der Ratssitzung im Gasthaus Mensing in Rechtenfleth eine Flächennutzungsplan-Änderung für das Sondergebiet „Windpark Bramstedt-Lohe“ ab. Die Antragstellerin, die Firma Energiekontor, plant seit mehr als zehn Jahren in der Gackau-Niederung Windenergieanlagen (WEA). Erst fünf Anlagen, dann vier, jetzt drei; erst mit 150 Meter Höhe, dann 180 Meter jetzt 200 Meter.
Rechtliche Vorgaben, insbesondere naturschutzfachliche Einwände, verhinderten bisher einen Erfolg der Vorplanungen. Im rechtskräftigen Flächennutzungsplan (FN) aus dem Jahre 2014 sieht die Gemeinde eine maximale Höhe von 150 Meter vor. Dabei dürfte es nun bleiben. Bereits die vorausgegangenen Sitzungen zu den 200-Meter-WEA hatten knappe Abstimmungsergebnisse gebracht. Der Bramstedter Ortsrat war mehrheitlich gegen die FN-Änderung, ebenso der Hagener Verwaltungsausschuss. Der Bauausschuss stimmte indes mehrheitlich dafür. Bürgermeister Andreas Wittenberg (parteilos) wies auf lange geführte Diskussionen im Vorfeld hin, inhaltlich gebe es nichts mehr zu sagen. Es solle „nur ein Aufstellungsbeschluss gefasst werden, alles andere wird im Verfahren geprüft“, warb er für die Zustimmung im Rat.
Einig waren sich alle Ratsmitglieder für eine nicht weiter erläuterte Energiewende. Hannes Mahlstedt (SPD) zählte dann aber zu der anstehendn Planung kritische Punkte auf. Der Landkreis bewerte den WEA-Standort Lohe als besonders sensibles Gebiet für den Naturschutz, bei den Loher Bürgern sei kein breiter Konsens vorhanden, es bestehe ein geringer Abstand zur Wohnbebauung oder die Gesundheitsauswirkungen von Infraschall seien ungeklärt. „Unser Fazit: Nicht nur die Natur ist schützenswert, auch die Anwohner sind zu schützen“. Die SPD-Fraktion habe alle Kriterien abgewogen und werde der FN-Änderung nicht zustimmen.
CDU kritisiert Sinneswandel
CDU-Fraktionsvorsitzender Udo Allmers ließ die Argumente nicht gelten. Schließlich habe die SPD-Fraktion vor zweieinhalb Jahren überwiegend den damals gefassten Beschluss auf eine FN-Änderung auf 180 Meter mitgetragen. „Da hat sich doch nichts geändert, die Anlagen werden nur höher“. Außerdem sah er finanzielle Vorteile in Form von Gewerbesteuereinnahmen und Einnahmen für die Land-Eigentümer. Den finanziellen Aspekt bemängelte Heino Hüncken (SPD). „Die einen bekommen viel Geld, viele nur wenig oder gar keins. Das sei nicht im Sinne von Gesellschaft und Gerechtigkeit; die Dorfgemeinschaft falle auseinander.
„Das regionale Raumordnungsprogramm (RROP) sagt ganz klar, Lohe ist aus naturschutzfachlichen Gründen nicht geeignet, da haben Windenergieanlagen nichts zu suchen“, führte Dietmar Buttler (Linke) für seine Nein-Stimme an.
Karen Lingner-Bahr (Grüne) ging auf die rechtliche Situation ein. „Die Bauleitplanung ist der Regionalplanung anzupassen“, dieser Planungsgrundsatz werde für die Änderung des Flächennutzungsplans nicht eingehalten. Der Flächennutzungsplan und die jetzt beantragte Änderung seien nicht durch die höherrangigen Planungen gedeckt. Es bleibe auch die Frage offen, ob der 2014 aufgestellte FN-Plan gültig sei, da er auf dem vom Verwaltungsgericht einkassierten RROP 2012 fuße.
Allmers konterte, in der Vorlage der Verwaltung stehe nichts darüber, dass es rechtliche Bedenken gebe. "Und der Landkreis sagt auch, ein Windpark ist in Lohe möglich“. Die Verwaltung gab dazu keine weitere Aufklärung.
Heiner Schöne (Wählergemeinschaft), der sich noch im Bauausschuss gegen eine Änderung des Flächennutzungsplans ausgesprochen hatte, hatte seine Meinung geändert. Er habe sich das Gelände angesehen, dort seien nur moorige Weiden. „Bei weitem kein Gebiet für einen Uhu“, fand er. Die Sichtung eines Uhupaars war ein Hauptgrund, dass der Investorenfirma im ersten Anlauf die Errichtung von 150-Meter-Anlagen versagt worden war, und auch die zweite Planung von 180-Meter-Anlagen scheiterte daran.
Das Meinungsbild der 22 anwesenden Ratsmitglieder: die CDU-Fraktion stimmte bei einer Enthaltung mit acht Stimmen dafür, ebenso Bürgermeister Wittenberg und Schöne. SPD, Grüne und Freie Wähler stimmten mit elf Stimmen dagegen, den FN ändern zu lassen. Das sorgte für Erleichterung bei den Zuhörern aus dem Loher Ortsteil Gackau und Kransmoor (Gemeinde Beverstedt), die in 600 bis 800 Meter Entfernung wohnen. „Wir freuen uns über die Ratsentscheidung - für uns Anwohner, aber besonders für die Natur und den Erhalt der Auenlandschaft“, hieß es.