„Da ist etwas im Busch“, dachte sich Strandhausbesitzer Eilert Wilcks, als sich ungewöhnlich viele Krähen auf seinem Grundstück in Sandstedt tummelten. Eine erste Nachsuche blieb erfolglos. Am nächsten Tag wiederholte sich das Schauspiel, und der Architekt fand dann mit einem verletzten Seeadler den Grund für die Ansammlung der Aasfresser. Ein offenbar flugunfähiger, ausgewachsener Seeadler versteckte sich im Gebüsch am Weserstrand.
„Ich habe am Mittwoch gegen 17 Uhr den Hinweis erhalten, dass am Weserstrand beim Hafen ein offenbar flugunfähiger Seeadler liegt“, berichtet Ortsvorsteher Falko Wahls-Seedorff von dem Gespräch mit Wilcks. Der auch als „Storchenvater“ bekannte Tierliebhaber ließ alles andere liegen und machte sich sofort auf den Weg zur Weser. Neben der Strandbar saß der große Greifvogel im Gebüsch und versuchte, bei Annäherung zu flüchten. Beherzt schritt Wahls-Seedorff zur Tat und konnte den Vogel ein Betttuch überwerfen und ihn mit festen Handschuhen aufnehmen. „Jetzt ergab sich der Greif seinem Schicksal und gab die anfängliche Gegenwehr auf“, erklärte der Ortsvorsteher, der in einer ersten Diagnose eine Flügelverletzung feststellte. Was zur Verletzung des Adlers geführt hat, bleibt zunächst Spekulation.
Verschiedene Gründe für Verletzung
Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten für den Greifvogel mit der großen Spannweite, sich beim Beutejagen zu verletzen. Als gesichert darf angesehen werden, dass sich das Tier in der Nähe des Fundortes verletzt hat, da es offenbar flugunfähig war.
Mit dem sicher verwahrten Großvogel machte sich Wahls-Seedorf auf den Weg nach Berne. Dort sollte sich Udo Hilfers die Verletzung ansehen. Der Leiter der privat betriebenen Storchenpflegestation Wesermarsch aus Glüsing hat nur in Ausnahmefällen mit diesen großen Greifvögeln zu tun und übernahm dennoch die weitere Versorgung des Tieres. „Bei Wildtierverletzungen kommt es auf zügiges Handeln an“, betont Hilfers. Er verweist auf die Gefahr von Entzündungen, wenn über längere Zeit Schmutz und Fliegen an die unversorgte Wunde gelangen. Der sonst auf Störche spezialisierte Fachmann weiß aber von mehreren Horsten in der Wesermarsch, wo sich eine feste Population der Seeadler gebildet hat.
Sichtungen von Seeadlern
Diese Information bestätigt auch Eilert Wilcks. Er hat schon mehrfach einige Seeadler auf dem Steinwall am Sandstedter Hafen sitzen gesehen und von Horsten auf der Strohhauser Plate gehört. Der Berner Vogelschützer machte sich mit dem verletzten, aber sonst gut genährten Seeadler auf den Weg nach Rastede, etwa 10 Kilometer nördlich von Oldenburg. Bei der dortigen Wildtierauffangstation gibt es Möglichkeiten zur professionellen Hilfe, hier kann dem Greifvogel geholfen werden. „Hier muss operiert werden“, berichtet Hilfers von der ersten Untersuchung dort. Er ließ den gefiederten „Patienten“ zur weiteren Behandlung aufnehmen. Zum Zustand des Adlers macht die Auffangstation keine Angaben.
Das Einzugsgebiet der flächengrößten Wildtierauffangstation im Bezirk Weser-Ems in Rastede erstreckt sich von Emden über Cuxhaven und die Ostfriesischen Inseln bis Vechta und Bremen. Auf der vereinseigenen Fläche wird in der staatlich anerkannten Station aktiver Wildtierschutz vor Ort praktiziert. Jährlich werden über 1800 Tiere aufgenommen und gepflegt. Das oberste Ziel der Arbeit des Teams um Stationsleiter Klaus Meyer, ist die Auswilderung der Tiere. Neben Säugetieren, sowie Greif-, Sing- und Wasservögeln, werden auch Exoten wie Schlangen, Echsen und Papageien nach telefonischer Absprache aufgenommen.