Wer die Müllabfuhr bald nicht mehr kommen hört, braucht sich nicht zu wundern. Denn der neue elektrisch betriebene Seitenlader der Bassumer Abfallwirtschaftsgesellschaft (AWG) ist nahezu lautlos. Lediglich der Lifter gibt beim Anheben und Absenken der Tonnen ein mechanisches Geräusch von sich. Derweil funktioniert das Fahrzeug nach demselben Prinzip wie die mit Dieselkraftstoff betriebenen Seitenlader.
Damit habe der Entsorgungsbetrieb "einen weiteren Meilenstein bei der Nutzung alternativer Antriebsarten erreicht", sagt PR-Referent Dominik Albrecht. Eine weitere Besonderheit: Die AWG ist eines von deutschlandweit lediglich zwei Unternehmen, das einen E-Seitenlader in seinem Fuhrpark aufgenommen hat. "Damit sind wir einen weiteren Schritt hin zur CO2-neutralen Abfallentsorgung bei gleichzeitig deutlich geringerer Lärmbelastung für Anwohnerinnen und Anwohner gegangen", betont Albrecht.
Hersteller ist mehr als zufrieden
"Wir sind sehr zufrieden", sagt Hans-Jürgen Stöver von der Firma NTM Entsorgungssysteme, die als Fahrzeughersteller und -händler fungiert. Er ist sich sicher: "Man würde von außen gar nicht mehr erkennen, dass es ein E-Fahrzeug ist." Demnach ersetze der Lkw mit einem Ladevolumen von 27 Kubikmetern "fast eins zu eins das kommerzielle Fahrzeug". Wie die herkömmlichen Seitenlader kann die elektrische Alternative ebenso Bio-, Rest- und Papierabfälle und damit 60 bis 1100 Liter Abfall aufnehmen.

Bis auf die ungewohnte Stille, fährt sich der Lkw laut Carsten Pehl genauso gut wie die Diesel-Fahrzeuge.
Schon seit einigen Wochen sei das neue Fahrzeug nun auf Standardtouren der AWG im Einsatz, erklärt der Leiter des AWG-Fuhrparks, Reinhold Müller. So habe man getestet, welche Reichweite das Fahrzeug mit sich bringt. Das Ergebnis: Wenn der Lkw von 6 bis 10 Uhr unterwegs ist und danach eine Stunde lang aufgeladen wird, reiche das allemal für die Nachmittagstour, so Müller. Macht im Schnitt eine Reichweite von 200 Kilometern, was immerhin für eine Tour bis nach Diepholz reiche. Auch die Firma NTM sei mit diesem Ergebnis mehr als zufrieden, wie Stöver bekennt: "Darüber sind wir selbst überrascht."
Von Ladekapazität bis Strominfrastruktur
In puncto Strominfrastruktur sagt Stöver: "Die AWG ist ein Vorzeigeobjekt." Es gibt laut ihm keine vergleichbare Firma, "die so viel Strom hat". Genau das sei ein entscheidender Punkt, denn während die Industrie der E-Lkws weit fortgeschritten sei, fehle es häufig an der Strominfrastruktur. "Im Landkreis Diepholz gibt es keine Ladeinfrastruktur außerhalb der AWG", bemerkt er. Das bedeutet: Es gibt keine anderen Ladesäulen mit entsprechend benötigter Leistung, sodass das Fahrzeug nicht im ganzen Landkreis eingesetzt werden kann.
Das "Herzstück" des Fuhrparks, wie Stefan von der Rente von der Firma Energietechnik Buschmann aus Twistringen es nennt, ist die Powerbank. Während der E-Lkw eine Ladekapazität von 250 Kilowatt hat, stelle die Powerbank eine Ladeleistung von 480 Kilowatt zur Verfügung. Diese Leistung verteile sich auf insgesamt drei Ladestationen. Zum Vergleich unterstreicht er: "Eine Schnellladesäule an der Autobahn hat eine Ladeleistung von 150 bis 200 Kilowatt." Buschmann fügt außerdem hinzu: "Es wurde auch ein neuer Trafo mit einer Leistung von 800 Kilowatt gesetzt." Demnach gebe es eine ausreichende Reserveleistung.
Wie sich das Fahren des E-Seitenladers anfühlt
Carsten Pehl sitzt seit 18 Jahren hinter dem Steuer der Seitenlader und fährt seit einigen Wochen nun auch die elektrisch betriebene Variante. "Das laute Motorgeräusch ist plötzlich weg", schildert er die Umstellung. "Und dann hört man plötzlich das Zwitschern der Vögel, das ist sehr kurios", sagt er schmunzelnd. Ebenso scheint das Fahrzeug bei Anwohnern für Aufmerksamkeit zu sorgen. "Mindestens ein Mal pro Tag werde ich angesprochen." Viele Menschen würden sich über die ungewöhnlich stille Abfallentsorgung wundern.
Nun müsse man schauen, wie gut sich das Fahrzeug für die kalte Jahreszeit eignet, erklärt der Fahrer weiter. "Sonst wäre es eine Überlegung, den E-Seitenlader saisonal einzusetzen." In dem Fall könne man den Lkw im Winter eventuell nur durch die Innenstädte fahren lassen. Das soll nun die bevorstehende Probesaison zeigen.