Verden/Stuhr-Brinkum. Die Verteidiger der drei Angeklagten machen keinen Hehl daraus, dass sie das mutmaßliche Opfer erpresserischen Menschenraubes in Brinkum nicht für durchgängig glaubwürdig halten. Bei ihrer „konfrontativen Befragung“ des Mannes aus Hannover hätten sich zum Teil „substanzielle Widersprüche“ zu dessen Auskünften bei der Polizei ergeben, betonte einer der Anwälte am Freitag im Prozess am Landgericht Verden. Derweil hat auch eine Kriminalbeamtin, die anfangs als Ermittlungsführerin tätig war, von Zweifeln zumindest an der Vorgeschichte beziehungsweise den Hintergründen der angeklagten Tat gesprochen.
Die Staatsanwaltschaft wirft den 22 und 26 Jahre alten Angeklagten vor, den Betreiber mehrerer Handyshops am 5. Februar vorigen Jahres über eine fingierte Verkaufsanzeige in eine leere Lagerhalle an der Gottlieb-Daimler-Straße in Brinkum-Nord gelockt zu haben (wir berichteten). Dort sollen sie den inzwischen 40-Jährigen stundenlang festgehalten und ihn unter massiver Gewalteinwirkung gezwungen haben, den Pin für sein Online-Banking via Smartphone herauszugeben. Sodann soll eine Überweisung von 20.000 Euro auf ein Konto in Großbritannien veranlasst worden sein. Zunächst sollen die jungen Männer von ihrem heftig traktierten und gefesselten Opfer sogar die Zahlung von 150.000 Euro gefordert haben.
Die Angeklagten schweigen
Die Angeklagten, von denen einer einen direkten Bezug zu der Halle und auch „Schlüsselgewalt“ gehabt haben soll, schweigen beharrlich zu den Vorwürfen. Daran soll sich dem Vernehmen nach auch nichts ändern. Die Zehnte Große Strafkammer sieht vorerst sechs weitere Verhandlungstage vor. Ob damit auszukommen ist, bleibt abzuwarten. Der Geschäftsmann aus der Landeshauptstadt war in der vergangenen Woche bereits ausgiebig befragt worden und hatte einen „wahren Albtraum“ geschildert, der bis heute eklatante Auswirkungen für ihn habe.
Er musste nun noch ein zweites Mal in Verden erscheinen und sich von den Verteidigern über mehrere Stunden in die Mangel nehmen lassen. Sie konfrontierten den zunehmend aufgebrachten Zeugen mit einer Fülle von Fragen zu seinen unternehmerischen Aktivitäten, angeblich undurchsichtigen finanziellen Machenschaften und nicht zuletzt seinen familiären Verhältnissen – in seinem Heimatland Jordanien wie auch in Deutschland, wo der Mann seit 2013 lebt. Was das alles mit dem eigentlichen Tatgeschehen zu tun haben soll, erschloss sich – noch – nicht.
Relevante Zweifel an den Abläufen in der Lagerhalle haben sich für die Beamten der Polizeiinspektion Diepholz nicht ergeben, wie die vernommene Kriminalhauptkommissarin sagte. Obwohl das Ganze erst einmal „irgendwie komisch“ geklungen habe. Was aber Zweifel aufgeworfen habe, die nach wie vor bestünden, sei das „Motiv“ des Geschädigten, überhaupt die Fahrt nach Brinkum anzutreten. Es habe sich der Verdacht illegaler Geschäfte ergeben. Die Befragung der Zeugin soll beim nächsten Termin am 1. September fortgesetzt werden.