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Freie Wähler Ortsvereinigung Stuhr und Kreisverband Diepholz gegründet

Im Stuhr gibt es seit Kurzem eine Ortsvereinigung der Freien Wähler Niedersachsen. Was die neue Parteigliederung vorhat.
08.02.2024, 14:00 Uhr
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Ortsvereinigung Stuhr und Kreisverband Diepholz gegründet
Von Eike Wienbarg

Stuhr/Landkreis Diepholz. Die Parteienlandschaft in Deutschland ist aktuell in Bewegung. Mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht – Für Vernunft und Gerechtigkeit (BSW) wurde vor Kurzem eine neue Partei gegründet, der ein gewisses Wählerpotenzial nachgesagt wird. Auch die rechts-konservative Werteunion um den ehemaligen Präsidenten des Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen, der mittlerweile selbst im Bereich Rechtsextremismus von seiner ehemaligen Behörde beobachtet wird, strebt die Gründung einer neuen Partei an. Aber nicht nur auf Bundesebene geschieht derzeit einiges: In der Gemeinde Stuhr hat sich vor Kurzem nun eine Ortsvereinigung der Freien Wähler Niedersachsen gegründet. Hervorgegangen ist die Parteigliederung aus dem Verein Freie Wähler Stuhr.

Wie berichtet, hatten Wolfgang Kitow und Jan-Alfred Meyer-Diekena den Verein im März des vergangenen Jahres gegründet. Beide hatten vorher die FDP verlassen und nach Mitstreitern gesucht, die sie "innerhalb kürzester Zeit", wie Kitow es formuliert, gefunden haben. Mit sieben Mitgliedern konnte der Verein aus der Taufe gehoben werden.

Kitow: "Historische Entwicklung"

Nun folgte mit Gründung der Parteivereinigung der nächste Schritt. "Es ist eine historische Entwicklung", sagt Kitow mit Blick auf den rund neun Monate langen Prozess. Er selbst sei bereits im April vergangenen Jahres in die Partei der Freien Wähler eingetreten. Mit dem Übergang des Vereins in die Parteigliederung seien aber auch die anderen Mitglieder übergetreten, berichten Kitow und Meyer-Diekena, die den Vorsitz der neuen Ortsvereinigung übernommen haben. Die Vereinsmitglieder hätten sich seit der Vereinsgründung "intensiv mit den politischen Gegebenheiten und Geschehnissen in der Gemeinde Stuhr befasst und sind nach intensiven Beratungen einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, sich der Partei anzuschließen". Ob der vorausgegangene Verein aufgelöst werden soll, werde bei einer der nächsten Mitgliederversammlungen entschieden, erklärt Kitow.

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Er begründet seinen Schritt in Richtung der Freien Wähler zum einen mit der inhaltlichen Ausrichtung der Partei. "Die Bürgernähe ist sehr wichtig. Das gefällt mir sehr", sagt Kitow. Entscheidungen der Partei würden "sachgerecht" getroffen. "Ich wünsche mir eine Partei, die das Wohl der Bürger im Auge hat", so Kitow weiter. Auch Jan-Alfred Meyer-Diekena, der sich selbst als "sozialliberal" bezeichnet, und vor seinem Engagement bei der FDP auch in der SPD aktiv war, kann sich mit der neuen Partei identifizieren. "Ich wollte kommunalpolitisch weiterarbeiten. Wir müssen den Bürgern ein Angebot machen und im Sinne der Bürgerinteressen arbeiten", sagt Meyer-Diekena über seine Motivation. Er und Kitow verweisen auch auf geringe Zahlen bei der Wahlbeteiligung und eine gewisse Politikverdrossenheit, der sie entgegenwirken wollen.

Zum anderen versprechen sich die beiden vom Anschluss an die Freien Wähler auch ganz praktische Dinge – zum Beispiel die Informationsbeschaffung und die bessere Wirkung ihrer politischen Arbeit. Hintergrund sei etwa die Situation der Kinderbetreuung. So hätten sie sich bereits früh mit Eltern und Vertretern der Gemeindeverwaltung zur Betreuungssituation in Stuhr ausgetauscht. Recht schnell reifte die Erkenntnis, dass Entscheidungen über Veränderung nicht in Stuhr, sondern im niedersächsischen Landtag in Hannover getroffen werden, so Kitow und Meyer-Diekena. "Das Land fordert Verlässlichkeit, die Gemeinde muss sich aber darum kümmern", fasst Kitow das Dilemma aus seiner Sicht zusammen. Vor Ort stellten sich dann die Fragen nach der Gewinnung sowie der Bewahrung des Personals.

Durch die Mitarbeit in Landesarbeitskreisen der Partei erhofft sich Kitow mehr Informationen und Hintergrundwissen zu aktuellen Themen. Dort werde zum Beispiel zu den Bereichen Landwirtschaft und Bildung debattiert. Als ehemaliger Polizeibeamter engagiert sich Kitow in der Gruppe für Innere Sicherheit. Auch ist er mittlerweile Pressesprecher des Landesverbandes. Beim Bundesparteitag der Freien Wähler am 17. Februar in Bitburg wird Jan-Alfred Meyer-Diekena als Volljurist dann für das Bundesschiedsgericht der Partei kandidieren. Für den Fall seiner Wahl wird er als stellvertretender Vorsitzender der Ortsvereinigung Stuhr sein Amt niederlegen.

Parteivereinigung will vor Ort wirken

Wichtig bleibe der neuen Parteivereinigung aber vor allem das Wirken vor Ort. So wandte sich die Gruppe bereits mit Anträgen an die Stuhrer Gemeindeverwaltung. Darin ging es zum Beispiel um die frühere Veröffentlichung von Tagesordnungen der politischen Gremien und den Beratungsverlauf von Anträgen der Fraktionen. Bei beiden hätten sich Kitow und Meyer-Diekena "mehr Transparenz" gewünscht. Die Anträge seien allerdings mit Verweis auf Formalia abgewiesen worden. "Das ist Bürgerferne", konstatiert Kitow.

Des Weiteren habe sich die Gruppe auch mit der Kriminalität an Schulen beschäftigt. "Wir haben einige junge Mitglieder", sagt Meyer-Diekena. Gemeinsam wurde so eine Umfrage unter Stuhrer Schülerinnen und Schüler über ihre Gewalterfahrungen in den Bildungseinrichtungen gestartet. Etwa 50 Prozent der Befragten hätten bereits Erfahrungen mit Gewalt im schulischen Kontext gemacht, so Kitow. "Wöchentlich" käme es in den Schulen zu Sachbeschädigungen. "Wir können nicht so tun, als sei die Welt in Ordnung", sagt er und zieht eine Verbindung von Gewalt in der Schule, schlechter Bildung bis hin zu Fachkräftemangel und Kriminalität. Bildung, beginnend im Elternhaus, sei der Schlüssel zur Chancengleichheit.

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Mögliche rechte Tendenzen innerhalb der Freien Wähler, wie zum Beispiel rund um die Flugblatt-Affäre des Bundesvorsitzenden Hubert Aiwanger, sehen Kitow und Meyer-Diekena derzeit als unproblematisch an. "Aiwanger ist nicht verurteilt. Da gilt die Unschuldsvermutung", sagt der Jurist Meyer-Diekena. Auch auf andere mögliche Entwicklungen wollen die beiden genau schauen. "Derzeit gibt es aber keinerlei Indikatoren", sagt Meyer-Diekena über einen etwaigen Rechtsruck in der Partei.

Offen geben sich Wolfgang Kitow und Jan-Alfred Meyer-Diekena für die Zusammenarbeit mit anderen Parteien. "Wenn einer eine gute Idee hat, dann unterstützen wir diese – egal, wer sie macht", sagt Kitow mit Blick auf die kommunalpolitische Arbeit. Er halte nicht viel davon, "Parteien zu stigmatisieren". Vielmehr müsse sich der politischen Diskussion gestellt werden. Auf Bundesebene gebe es aber einen "Unvereinbarkeitsbeschluss" mit Parteien, wie zum Beispiel der AfD.

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Auch in Stuhr will sich die neue Ortsvereinigung dem politischen Diskurs stellen. So sind zum Beispiel Stammtische zu verschiedenen Themen mit fachlicher Begleitung angedacht. Auch eine Teilnahme an Kommunalwahlen werde angestrebt, so Kitow. Ob dann mit der bereits bestehenden Freien Wählergemeinschaft im Landkreis Diepholz (FWG) kooperiert wird, kann er noch nicht sagen. Darüber würden die Schnittmengen entscheiden. Kitow zeigt sich ebenfalls zuversichtlich, dass die Freien Wähler bei Bundes- und Landtagswahlen die Wahlkreise besetzen können.

Zur Sache

Orts- und Kreisvereinigung

Die Ortsvereinigung Stuhr der Freien Wähler Niedersachsen wurde im Dezember 2023 gegründet. Wolfgang Kitow ist der Vorsitzende, Jan-Alfred Meyer-Diekena fungiert als stellvertretender Vorsitzender. Den Vorstand komplettieren Henning Rogge (Schatzmeister), Sandra Bode (Schriftführerin) und Jonas Ring (Beisitzer).

Die Kreisvereinigung Diepholz der Partei wurde im August 2023 gegründet. Zum Vorsitzenden wurde Dirk Kleemeyer (Weyhe) gewählt. Erster und zweiter Vertreter sind Wolfgang Kitow (Stuhr) und Jörg Niemeyer (Weyhe). Schatzmeister ist Stefan Landsberg (Syke), kommissarischer Schriftführer ist Horst Gaumann (Eydelstedt). Als Beisitzer komplettiert Heinrich Dönselmann-Theile (Diepholz) den Vorstand.

Weitere Informationen zu den Parteigliederungen gibt es im Internet unter https://ni.freiewaehler.eu.

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