Stuhr. Im Zentrum der letzten Sitzung des Stuhrer Gemeinderates vor Weihnachten stand traditionell die Verabschiedung des Haushaltes. Bei der Sitzung am Mittwochabend im Rathaus ging es um das Zahlenwerk für das Jahr 2024. Am Ende stand ein einstimmiger Beschluss bei drei Enthaltungen von Besser und der AfD.
Für die Verwaltung stellte Jacqueline Trendel die Eckpunkte vor. Seit der Vorberatung gab es kleine Änderungen. So wurde der Ansatz für die Städtepartnerschaften um 16.000 Euro auf insgesamt 20.000 Euro erhöht. Für die Gestaltung des Klosterhof-Geländes in Heiligenrode wurden neue Aufwendungen in Höhe von 110.000 Euro aufgenommen. Die Transferaufwendungen reduzierten sich um 155.000 Euro, sodass sich das Gesamtergebnis um 29.000 Euro verbesserte. Ordentlichen Erträge von 88,7 Millionen Euro stehen nun ordentliche Aufwendungen von 94,2 Millionen Euro entgegen. Damit ergibt sich ein Fehlbetrag von rund 5,5 Millionen Euro, der aber durch ein positives außerordentliches Ergebnis von 3,1 Millionen Euro teilweise aufgefangen wird. Am Ende steht im Gesamtergebnis ein Minus von 2,3 Millionen Euro, das durch die Überschussrücklage "definitiv ausgeglichen" werden kann, so Trendel.
Die Altschulden sollen im Jahr 2026 abgebaut sein. Durch die anstehenden Investitionen sollen ab 2025 Investitionskredite aufgenommen werden. Ende 2027 könnte dann ein Schuldenstand von rund 56 Millionen Euro stehen. Die daraus folgenden Zins- und Tilgungsleistungen von rund drei Millionen Euro jährlich könnten durch die laufende Verwaltungstätigkeit beglichen werden. Die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinde sei weiterhin gesichert, bilanzierte Trendel.
Stuhrs Bürgermeister Stephan Korte bezeichnete die Investitionen als "sehr prägend". Den Ausbau des Ganztages an den Schulen, die Kita-Erweiterungen, die Einrichtung der Haltestelle Marktplatz in Brinkum und den Abschluss der Verträge für den Brinkumer Ortskern nannte er als Erfolge. Das alles sei neben den Herausforderungen durch die Corona-Pandemie, die Kriege und die Fluchtbewegungen bewältigt worden. "Das erfüllt uns alle mit Stolz", so Korte. Alles sei "frist- und plangerecht und im entsprechenden Kostenrahmen" verwirklicht worden. Deshalb müsse sich niemand vor den anstehenden Investitionen Sorgen machen.
Die Verlängerung der Linie 8 und die Kostensteigerung durch die Verzögerungen bezeichnete er als "dickes Brett". Die Gemeinde könne aber auf Fördermittel und Zuschüsse für die Betriebskosten zählen. "Insgesamt verteilt sich das auf viele Schultern", daher müsse sich keiner vor dem Projekt fürchten, so Korte. Die "gewollte Neuverschuldung" von mehr als 50 Millionen Euro sei für viele Stuhrer "ungewohnt". Die Gemeinde sei dies aber bewusst eingegangen. Das Geld diene der Lebensqualität und folge auch Notwendigkeiten. "Wir können das guten Gewissens tun", sagt er.
CDU-Fraktionschef Finn Kortkamp hob die Linie 8 und den Ortskern Brinkum als wichtige Projekte hervor. Bei der Umsetzung von Investitionen sei die Gemeinde besser geworden. Die Neuschulden wolle er nicht bewerten. Diese seien durch den Abbau der Altschulden aber machbar. Die Investitionstätigkeit sei im Jahr 2027 nicht vorbei. So sprach er die Zusammenlegung der Kooperativen Gesamtschule (KGS) in Brinkum oder den bezahlbaren Wohnraum an. Auch im Kita- und Schulbereich sah er Herausforderungen. "Wir müssen unsere Einnahmen stabil halten, eher steigern", sagte er. Das "Drehen an der Steuerschraube" sehe er aber kritisch. Allerdings könne der Hebesatz für die Grundsteuer nach der Reform angepasst werden. Um den Anteil an der Einkommensteuer zu steigern, müsse die Gemeinde weiterhin für Zuzüge attraktiv bleiben. Die Gewerbesteuer habe eine "überragende Bedeutung". Daher müssten auch die Betriebe gut betreut werden. So müssten Gewerbeflächen erweitert werden, die B6neu nannte er als wichtigen Faktor.
Susanne Cohrs, SPD-Fraktionsvorsitzende, bescheinigte der Gemeinde im Vergleich zu anderen Kommunen ein gutes Zeugnis: "Unsere finanzielle Leistungsfähigkeit ist auch weiterhin gesichert." Der Haushalt sei mit "Sorgfalt geplant, konservativ gerechnet und zukunftsfähig aufgestellt". Die Investitionen würden sich zu einem "erheblichen Betrag" summieren. Ihre Fraktion stehe voll und ganz hinter diesen Ausgaben, auch wenn dafür Kredite aufgenommen werden müssen. Kredite seien für eine Kommune legitim und keine Steuerverschwendung, sondern gut angelegtes Geld. Einige Projekte hätten schon vor Jahren angeschoben werden können, als die Zinslage noch besser war. Aber: "Jetzt packen wir die Großprojekte an", so Cohrs. Die Sozialdemokraten würden gerne auch den bezahlbaren Wohnraum und die Digitalisierung voranbringen.
Für die Grünen äußerte sich Britta Buttelmann: "Wir begrüßen, dass die Gemeinde einen Plan verfolgt, einen Investitionsplan." Es sei genau klar, wann Schulden gemacht werden müssen. Der Haushalt sei mit Sorgfalt aufgestellt worden, um Planungssicherheit zu schaffen. Der hohe Überschuss der vergangenen Jahre sei allerdings nicht von Dauer. Der Haushalt gehe die Herausforderungen aber mit Bedacht und Verantwortungsbewusstsein an. Besonders wichtig seien ihrer Fraktion die neue Stelle des Klimaschutzmanagers, die weitere Förderung der Jugendbeteiligung und weitere Vorhaben zum Klimaschutz. "Wir haben bedeutende Schritte unternommen, die Gemeinde in eine nachhaltige Zukunft zu führen", so Buttelmann.
FDP-Fraktionsvorsitzender Alexander Carapinha Hesse bedankte sich für die zügige Umsetzung von Anträgen seiner Fraktion – zum Beispiel für Baumgutscheine oder zum Klosterhof-Gelände. Er begrüßte auch die Stelle des Klimaschutzmanagers. Die Ortskernentwicklung in Brinkum und die Linie 8 nannte er "Meilensteine". Besonders stolz könne die Gemeinde auf die Stärkung der Feuerwehr sein. Es sei ein "erfolgreiches Jahr mit wichtigen Weichenstellungen gewesen", sagte er. Er attestiert der Gemeinde ein "positive Entwicklung" bei den Investitionen, allerdings vermisse er ein wenig "die Planungssicherheit" nach Ratsbeschlüssen. Nach wie vor stünden der Kita-Bereich und der Fachkräftemangel im Fokus. "Wir brauchen ein Marke Stuhr", sagte der Liberale. Baustellen sah er auch bei den Sportvereinen und deren Problemen, Hallenzeiten zu ergattern: "Die Sportvereine pfeifen aus dem letzten Loch." Auch der Hochwasserschutz müsse endlich "entschlossen angegangen" werden.
Joachim Döpkens (Besser) nahm den Punkt Hochwasserschutz auf. Gerade die vergangenen Wochen hätten gezeigt, wie wichtig dieser sei. Als Meilenstein bezeichnete er den gefassten Planfeststellungsbeschluss des Landkreises. Mit Blick auf die allgemeinen Investitionen kritisierte er, dass Folgekosten und mögliche Förderungen nicht dargestellt werden. Über die "sich abzeichnenden Schulden" müsse noch geredet werden. Bei all den Investitionen vermisse er aber eine "einhüllende Vision". Die Gelder für die Linie 8 sah er weiterhin kritisch. Ihm fehlten weiterhin wichtige Informationen.
AfD-Ratsherr Michael Schnieder stimmte den Investitionen zu, betonte aber auch: "Die guten Jahre liegen hinter uns." Ab jetzt werde die Liquidität aufgezehrt. Dem "Optimismus der Verwaltung" wolle er "nicht vollumfänglich folgen". Alles hänge von einer "prosperierenden Wirtschaft ab". Er kritisierte die hohen Kosten im Sozialbereich durch die "maßlose Zuwanderung und die Herrschaft des Unrechts". Der Stuhrer Haushalt trage den "Kern der Unrechtsherrschaft" in sich, da der Bund Kosten auf die Kommune abwälze.