Aufkleber mit grünen Füßen weisen den Weg: Wo Kinder und Jugendliche sonst in den Keller der Lise-Meitner-Schule in Moordeich gingen, führt der Weg nun die Treppe hinauf. Denn der Jugendtreff No Moor hat einen neuen Übergangsstandort. Wie berichtet, sind die normalen Räume im Souterrain der Schule derzeit aufgrund eines wiederholten Wasserschadens nach den starken Regenfällen um den Jahreswechsel nicht nutzbar. Daher hat sich das No-Moor-Team nun einen Klassenraum hergerichtet, in dem fast alles, was im Jugendtreff bisher möglich war, wieder angeboten werden kann. Die Sanierung der alten Räume soll dann im Sommer starten und im September abgeschlossen sein.
"Es ist der gleiche Eingang wie sonst auch", freut sich Silke Amrhein, Leiterin des No Moor, dass für den Übergang eine Lösung ganz in der Nähe der eigentlichen Räume gefunden werden konnte. In dem ehemaligen Klassenraum der Lise-Meitner-Schule, in dem vorher vor allem Religion und Werte und Normen unterrichtet wurde, hat sich das Team gemeinsam mit den Jugendlichen bereits gut eingerichtet. Ein Billard- und ein Kickertisch stehen darin. Hinzu kommen eine Tischtennisplatte und eine Medienecke mit Sofas und Spielekonsolen. Auch für diverse Brett- und Kartenspiele sowie Sitzgelegenheiten und W-Lan ist gesorgt. "Wir wollen einen positiven und sinnvollen Umgang mit dem Smartphone haben und die Kinder fit für eine digitale Zukunft machen", sagt Silke Amrhein. So habe das Team jetzt auch eine Virtual-Reality-Brille (VR-Brille) gekauft.
Mit dem Raum ist das Team Jugend nach den Osterferien an den Start gegangen. "Es immer gut, wenn man die Kinder nach den Ferien abholt. Das hat immer pädagogische Vorteile", sagt Amrhein. Außerdem konnte sich das neue No Moor kürzlich beim Tag der offenen Tür der Lise-Meitner-Schule präsentieren. "Wir sind jetzt next Level, quasi über den Dächern von Moordeich", spielt sie auf den Umzug vom Keller ins Obergeschoss an.
Zusätzlich zu dem neuen Raum nutzt das Team auch zahlreiche andere Orte für die Jugendarbeit. "Wir machen aus der Not eine Tugend und öffnen uns", so Amrhein. Daher sei das Team jetzt "ein bisschen überall". Dazu zählen die Skate-Anlage in Moordeich, das Basketballfeld an der Lise-Meitner-Schule und die Sporthalle der Grundschule Brinkum. In den Hauswirtschaftsräumen der Lise-Meitner-Schule können die Koch- und Backangebote wieder stattfinden. Dort soll No-Moor-Mitarbeiter Marcel Kotrc, der gelernter Koch ist, weiter seine Slow-Food-Angebote anbieten. "Es ist wichtig, diese Erfahrungen zu sammeln", so Amrhein.

Der Eingang zum No Moor bleibt gleich.
"Wir fahren auch mal nach Heiligenrode", erzählt sie weiter. Zudem gebe es Kooperationen mit dem Jugendtreff Haus am Wall in Brinkum. "Das Team ist mit Feuereifer dabei, das Angebot nach außen zu tragen", freut sich auch Jennifer Hormann, Leiterin des Teams Jugend bei der Stuhrer Verwaltung.
Für vertrauliche Beratungen soll auch weiterhin das Streetworker-Büro in Moordeich zur Verfügung stehen. "Da haben die Wände keine Ohren", verspricht Amrhein den Jugendlichen, die mit sehr persönlichen Anliegen zum Team kommen. "Wichtig ist nicht nur der Spielcharakter der Räume. Es gibt auch Kinder, die sich nach Ruhe sehnen und einen Rückzugsort brauchen", sagt Jennifer Hormann. Die Räumlichkeiten nutzen die Jugendtreff-Mitarbeiter aber auch für Bürotätigkeiten.
Mittlerweile haben sich die Kinder und Jugendlichen an die neue Situation gewöhnt. "Am Anfang waren sie schüchtern, jetzt kommen sie gerne rein", sagt Streetworker Julien Jacquot. Aktuell nutzen rund 30 Kinder im Alter von elf bis 18 Jahren regelmäßig das Angebot des No Moor. "Sie holen sich das raus, was sie an Betreuung brauchen", sagt Silke Amrhein über den "Charme" der offenen Jugendarbeit. "Die Kinder nehmen das ganz gut an", sagt die Leiterin weiter.
Durch die Übergangssituation musste das Jugendtreff-Team das Programm aber auch ein wenig einschränken. "Die Spontanität fehlt", sagt Silke Amrhein. Das fange beim Backen und Kochen an, wo es feste Zeiten für die Nutzung der Küche gibt, und höre beim spontanen Bewegen auf. "Da müssen wir auf den Zeitplan schauen", sagt sie. Bei gutem Wetter sei das Bewegen an der frischen Luft aber kein Problem. Saisonale Partys, wie zu Fasching, seien auch schwierig. Zudem sei das Angebot für den Schnuppertag für die Viertklässler sehr beschränkt. "Jugendarbeit lebt von der Spontanität. Wir lernen jetzt aber auch Planbarkeit und Kontinuität", so Amrhein weiter. Was aber weiterhin fehle, seien Rückzugsräume, wo es nicht so laut ist. So sei unter anderem eine Art Lounge auf dem Flur geplant. "Die Kinder sollen sich die Räume auch ein stückweit selbst erobern. Mir ist wichtig, dass wir auf Augenhöhe mit den Jugendlichen sind und sie Entscheidungen mit treffen können", sagt Amrhein.
Wichtig sei dabei auch die Kommunikation mit der Lise-Meitner-Schule, betont Silke Amrhein. Denn immerhin müssten auch die Schüler jetzt enger zusammenrutschen, weil ein Unterrichtsraum wegfällt. "Wir sind kreativ auf beiden Seiten. Bildung und Soziales gehen Hand in Hand", sagt die No-Moor-Leiterin.
Und auch Schulleiter Jürgen Böckmann hebt die enge Verbindung der beiden Einrichtungen hervor. "Die Möglichkeit für Schülerinnen und Schüler, ganz schnell ein kleines Zuhause zu finden, ist extrem wichtig. Vor allem für Schüler, die zu Hause so eine Situation nicht vorfinden", sagt Böckmann. Manche bräuchten eine "sofortige Konfliktlösung" oder "Streicheleinheiten". Die "ortsnahe" und "im System verankerte" Hilfe durch das No Moor würden auch seine Kolleginnen und Kollegen schätzen, sagt Böckmann weiter. "Die offene Jugendarbeit lebt davon, dass man nicht lange Strecken überwinden muss. Da sind manchmal hundert Meter schon zu viel", weiß der Schulleiter aus Erfahrung. "Wir haben in den letzten Jahren enorm von der Zusammenarbeit profitiert. Es ist eine ganzheitliche Lösung. Da sind wir sehr stolz drauf", sagt Böckmann.