Stuhr. Es war noch einmal eine hitzige und emotionale Debatte, als es am Mittwochabend im Stuhrer Gemeinderat um die Pläne für das neue Hallenbad ging. Das Ergebnis war dann aber das Gleiche wie auch schon im Fachausschuss: Mehrheitlich stimmten die Politiker letztlich für den Standort Schützenplatz an der Bassumer Straße in Brinkum und bei der Ausgestaltung für die größere und teurere Variante M2, die neben einem Sport- und Kursbecken auch einen Eltern-Kind-Bereich, ein 50 Quadratmeter großes Warmbecken mit Sprudeldüsen drinnen, eine Liegewiese außen und eine zu öffnende Fassade sowie einen Sitzbereich mit Tresen umfasst. Gegenwind gegen die von Verwaltung und Planungsbüro favorisierten Pläne gab es vor allem seitens der CDU sowie der AfD, die die 5,2 Millionen Euro günstigere, auf Sport- und Kursbecken reduzierte S-Variante bevorzugten. Derweil sprach sich der Verein Besser zwar für den alternativen Standort am Brunnenweg aus, schloss sich bei der Gestaltung des Hallenbades aber der Mehrheit des Rates an.
Auch seitens der Bürger waren im Vorfeld der Abstimmung noch einmal Bedenken gegenüber den Plänen geäußert worden. So zeigte sich ein Einwohner etwa verwundert über die Diskrepanz zwischen der Kostenprognose von 15,5 Millionen Euro in der ersten Machbarkeitsstudie und der nun veranschlagten 22,8 Millionen Euro für die Variante M2. "Wodurch kommt das?", wollte er wissen. Stuhrs Bürgermeister Stephan Korte erklärte daraufhin, dass man die ganze Kostenprognose noch einmal kritischer geprüft und daher bewusst Gutachter für die Analyse beauftragt habe, die eher konservativ an die Kalkulation gehen würden. "Außerdem haben wir momentan Baukostensteigerungen von über neun Prozent jährlich", so Korte. Die seien ebenfalls bei der Projektzeit von vier Jahren bereits mit eingerechnet worden.
Ein weiterer Einwohner erklärte derweil die Kostenkalkulation bereits wieder für überholt angesichts der neuesten Entwicklungen rund um die Ukraine-Krise. "Die Preise für Material und auch Energie werden noch weiter steigen", sagte er und hielt der Verwaltung vor, dass sie diesbezüglich dringend noch mal umplanen müsse. "Wenn wir mit der Logik an unsere Ziele herangehen, dann kommen wir nirgendwo weiter", entgegnete Korte. Dass sich die Kosten weiter steigern, wisse jeder und sei letztlich auch in der Kalkulation berücksichtigt worden. Er kritisierte auch noch einmal, dass der Ukraine-Krieg nicht auf die steigenden Heizkosten reduziert werden dürfe.
Als "geschmacklos und schrecklich" bezeichnete zudem Kristine Helmerichs (Grüne), dass der Ukraine-Krieg hier verwendet werde, um ein Schwimmbad zu verhindern. "Wir haben uns mehrheitlich dazu entschlossen, ein Schwimmbad zu bauen – und zwar ein Mehr-Generationen-Schwimmbad für alle", so Helmerichs. Für den Standort an der Bassumer Straße spreche insbesondere die bessere ÖPNV-Anbindung. Die höheren Kosten des Standortes durch eine mögliche Anbindung an das bestehende Blockheizkraftwerk (BHKW) am Brunnenweg fand sie derweil vernachlässigbar, da ohnehin noch nicht klar sei, wie die Energieversorgung genau aussehen werde. "Das ist Teil des nächsten Planungsschrittes", so Helmerichs. Man wisse derzeit noch gar nicht, ob man nicht vielleicht ein eigenes BHKW zum Schwimmbad plane oder auf Erdwärme setze.
Dem pflichtete auch Susanne Cohrs (SPD) bei, die noch einmal die guten Standort-Faktoren für die Bassumer Straße und die große Attraktivität des Hallenbades für alle Bürger betonte, die durch die Variante M2 gegeben sei. Alexander Carapinha Hesse (FDP) sprach sich ebenfalls für die Bassumer Straße und die M2-Variante aus und kritisierte noch einmal, dass die CDU die Mehrkosten für die größere Hallenbad-Variante gegenüber der S-Variante mit anderen Projekten wie etwa Kita-Neubauten aufwiegen würde. "Wir sind bereits dabei, neue Kitas zu bauen", erklärte er. Dabei sei man auch bei der Prioritätenliste.
Kritik an Umgangston
"Wenn wir über Prioritäten reden, muss man auch mal Dinge gegeneinander aufwiegen", entgegnete derweil Finn Kortkamp (CDU). Das sah auch sein Fraktionskollege Ralph Ahrens ähnlich: "Wir reden hier locker über fünf Millionen Euro Unterschied", so Ahrens. Da sei es lediglich ein gesundes Abwägen, zu gucken, wo man das Geld auch alternativ investieren könne. Den Umgangston unter den Ratsmitgliedern aber auch gegenüber den Einwohnern in der Sitzung kritisierte unter anderem Lutz Hollmann (CDU) noch einmal. "Das gefällt mir überhaupt nicht", merkte er an. "Über Inhalte kann man diskutieren." Er selbst halte es für einen großen Fehler, das Hallenbad auf dem Schützenplatz zu bauen. Dadurch würde ein Platz für innerörtliche Aktivitäten und Veranstaltungen wegfallen. "Das Schützenfest und auch die Gewerbeschau werden am Ortsrand nicht mehr so einen großen Zulauf haben", erklärte er seine Bedenken.
Auch das Thema Lärmbelästigung führte Hollmann noch einmal als Argument gegen den Standort Bassumer Straße an. Dass die Lärmbelästigung aus der Präsentation der Verwaltung wieder rausgeflogen war, verwunderte auch Dragan Miletkovic (CDU). "Wir haben die Lärmbelästigung für den Schützenplatz rausgenommen, weil wir ohnehin nicht mehr über ein Außenbecken sprechen", erklärte Kerstin Frohburg, Fachbereichsleiterin Bildung, Soziales und Freizeit bei der Stuhrer Gemeindeverwaltung, auf seine Nachfrage. Und Stephan Korte ergänzte: "Das Lärmgutachten beruhte im Wesentlichen auf der Planung eines Außenbeckens." Da dies nicht mehr geplant sei, habe man den Punkt in der Präsentation rausgenommen.
Die Argumente für den Standort Schützenplatz bezeichnete Gerd-Wilhelm Bode (Besser) als "dürftig". Er äußerte die Vermutung, dass die Anbindung an die Linie 8 in dem Zusammenhang deutlich überschätzt werde, was die Gäste des Schwimmbades betreffe, und führte eine Umfrage aus Wiesbaden als Vergleich heran, nach der gut 77 Prozent der Schwimmbadbesucher mit Auto anreisten, obwohl es eine gute Anbindung gebe. Die Standort-Entscheidung von der ÖPNV-Anbindung abhängig zu machen, halte er daher für gewagt. "Ich sehe den Schützenplatz als multifunktionalen Veranstaltungsort, den man erhalten sollte", erklärte er zudem.
Letztlich scheiterte die CDU mit ihrem Antrag für den alternativen Standort am Brunnenweg und den Hallenbad-Bau in der S-Variante mit 21 (Standort) sowie 24 (Variante) Gegenstimmen gegenüber 14 (Standort) und zwölf (Variante) Pro-Stimmen. Der Rat folgte mehrheitlich dem Vorschlag der Verwaltung, die die weitere Planung des Hallenbades nun an der Bassumer Straße in der größeren M2-Variante vorantreiben wird.