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Gemeinde Stuhr Klimaschutzausschuss sieht wenig Potenzial bei Freiflächen-PV-Anlagen

Der Stuhrer Klimaschutzausschuss hat sich bei seiner Sitzung mit möglichen Freiflächen-Photovoltaikanlagen in der Gemeinde auseinandergesetzt. Welches Potenzial gesehen wird.
23.02.2024, 12:45 Uhr
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Klimaschutzausschuss sieht wenig Potenzial bei Freiflächen-PV-Anlagen
Von Eike Wienbarg

Stuhr. Wie, wo und unter welchen Voraussetzungen könnten in der Gemeinde Stuhr in der Zukunft Freiflächen-Photovoltaikanlagen (FFPV-Anlagen) entstehen? Mit dieser Frage beschäftigte sich am Donnerstagabend der Stuhrer Ausschuss für Klima- und Naturschutz, Naherholung und Tourismus bei seiner Sitzung im Rathaus. Peter Schütte aus dem Baubereich der Gemeindeverwaltung stellte die Grundlagen für solche Anlagen vor.

Welche Ziele verfolgt das Land Niedersachsen?

Die Ausbauziele sind im Niedersächsischen Klimagesetz festgeschrieben. Bis zum Jahr 2035 sollen 15 Gigawatt elektrische FFPV-Anlagenleistung in
Niedersachsen installiert werden. Dafür sollen 0,5 Prozent der Landesfläche vorgesehen und bereitgestellt werden. Für den Landkreis Diepholz gibt es die Zahl von 935 Hektar, so Schütte. Grundsätzlich sei es daher erforderlich, dass die Städte und Gemeinden auf ihren Gebieten geeignete Flächen definieren müssen – zum Beispiel durch Standortkonzepte im Außenbereich oder die Bauleitplanung über Flächennutzungs- und Bebauungspläne. 

In der Regel ist für die Errichtung von FFPV-Anlagen eine Bauleitplanung notwendig. Zusätzlich gebe es aber die "gesetzliche Privilegierung im Außenbereich entlang von Autobahnen und Schienen", so Schütte weiter. Anlagen dort seien auch ohne Bebauungsplan genehmigungsfähig. Diese Anlagen müssten innerhalb eines Korridors von 200 Metern entlang von Autobahnen (links und rechts) und zweigleisiger Schienenwege errichtet werden. Öffentliche Belange dürfen dem aber nicht entgegenstehen. 

Welche Möglichkeiten bestehen in der Gemeinde Stuhr?

Eben diese öffentlichen Belange haben Auswirkungen auf die Möglichkeiten für FFPV-Anlagen in der Gemeinde Stuhr. So hat der Landkreis Diepholz in seinem Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) Vorbehaltsflächen für Landwirtschaft im Kreis ausgewiesen. Durch eine Zielformulierung wurden auf diesen Flächen Solaranlagen ausgeschlossen, erklärte Schütte und sagte weiter: "Der Landkreis bewertet die Belange der Landwirtschaft sehr hoch." Entlang der Autobahn 1 im Bereich der Gemeinde Stuhr bleiben aufgrund der Einschränkungen durch den Landkreis nur wenige Potenzialflächen übrig. "Überwiegende Teile des Gemeindegebiets liegen in Vorbehaltsflächen für die Landwirtschaft. Auf den ersten Blick bleiben in Stuhr nicht viele Flächen über", resümierte Schütte. Die Gemeinde müsse sich dieser Einschränkung durch das RROP anpassen, das gelte eben auch für die eigentlich privilegierten Flächen entlang der Autobahn. Eine kleine Einschränkung gelte aber trotzdem: So unterliegen FFPV-Anlagen mit einer Fläche unter einem Hektar nicht den Vorgaben des RROP. Sollte eine Anlage also höchstens ein Hektar groß sein, dürfte diese wohl auch auf den Vorbehaltsflächen errichtet werden. 

Außerdem gebe es noch eine Sonderform von FFPV-Anlagen: die sogenannten Agri-PV-Anlagen. Die ermöglichen neben der Stromgewinnung eine land- und forstwirtschaftliche oder eine gartenbauliche Nutzung der Fläche. Diese Anlagen sind im Außenbereich privilegiert, dafür wäre also kein Bebauungsplan notwendig. Die Anlagen müssen aber in einem "räumlichen Zusammenhang" mit Hofstellen stehen, dürfen eine Fläche von 25.000 Quadratmetern nicht überschreiten und pro Hofstelle darf nur eine Anlage errichtet werden, erläuterte Schütte. Laut Kreisangaben seien diese Anlagen mit den Zielen des RROP vereinbar. 

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Welche Konzepte gibt es derzeit für die Standortsuche?

Für den Landkreis Diepholz wurde bereits ein Suchraumkonzept erarbeitet. Dieses treffe Aussagen für mögliche Standorte im gesamten Kreisgebiet. Aus dem Konzept entwickle sich aber "keine rechtliche Bindung", erklärte Schütte. Die Gemeinden könnten sich das Konzept aber zunutze machen. 

Auch der Kommunalverbund Niedersachsen/Bremen erarbeite derzeit ein Konzept. Die Vorgehensweise sei dort ähnlich. Aktuell werde ein Kriterienkatalog entwickelt, wo im Außenbereich sinnvollerweise FFPV-Anlagen errichtet werden können. Zusätzlich werden aber auch der Innenbereich sowie PV-Anlagen auf Dächern betrachtet. Auch dieses Konzept sei rechtlich nicht bindend. 

Wie kann die Errichtung der Anlagen gesteuert werden?

Auf Gemeindeebene könne die Errichtung von FFPV-Anlagen durch die Bauleitplanung gesteuert werden. Dort können zum Beispiel die Größe und die Lage geregelt werden. Die Gemeinde könne aber auch selbst Konzepte aufstellen, so Schütte. Dort könnten sinnvolle Flächen definiert werden. Bei jeder Anlage müssten aber mit Blick auf das gesamte Gemeindegebiet Vor- und Nachteile abgewogen werden. Ein gemeindliches Konzept könnte die geeignetsten Standorte sichern, bevor Investoren ins Rennen um die Flächen gehen.

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Wie geht es mit dem Thema in Stuhr weiter?

Die Verwaltung schlägt vor, die Ausarbeitung des Konzepts durch den Kommunalverbund abzuwarten und dieses zu prüfen. Dann könnten die politischen Gremien über ein Fortschreiten der Planungen entscheiden. 

Was sagt die Politik?

Anne-Lene Alyanak (Grüne) erkundigte sich nach der Möglichkeit einer genossenschaftlichen Nutzung von FFPV-Anlagen. "Aus planungsrechtlicher Sicht ist es nicht wichtig, wer den Antrag stellt", antwortete Schütte. Alle Anlagen müssten den gleichen Voraussetzungen entsprechen. 

Alyanaks Fraktionskollege Jürgen Schierholz resümierte, dass das Thema FFPV-Anlagen die Gemeinde Stuhr nur wenig betreffe und eher für "den Südkreis" interessant sei. An der Autobahn gebe es 26 Hektar, die eventuell geeignet wären, aber auch von den Vorbehaltsflächen betroffen sind. "Wir sollten uns darauf konzentrieren, was wir sonst für Ressourcen für Photovoltaik-Anlagen haben", sagte er mit Blick auf Gewerbeimmobilien und private Altbauten. Dort gebe es viel Spielraum. Außerdem sprach er sich für mehr Förderung solcher Anlagen aus.

Sebastian Koch (SPD) erkundigte sich nach einer Fläche im Bereich der Anschlussstelle Brinkum, die als Potenzialfläche ausgewiesen ist. "Theoretisch würde dort aber die B6neu langführen", so Koch. Der Landkreis habe sich in seinem Konzept nicht mit den Details vor Ort auseinandergesetzt, entgegnete Schütte. Alle Potenzialflächen müssten im Einzelnen angeschaut werden.

Finn Erik Kortkamp (CDU), der auch im Kreistag sitzt, unterstützte das Vorgehen des Landkreises, die Landwirtschaft als sehr hoch zu bewerten. "Neben der Erzeugung von Strom ist die Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln mindestens genauso wichtig", so Kortkamp. Ein gemeinsames Vorgehen im Landkreis nehme auch den Flächendruck aus der Landwirtschaft. 

Der Ausschussvorsitzende Bernhard Helmerichs (Grüne) sah eher "kein großes Potenzial" für Stuhr. Die Gemeinde müsse daher andere Wege suchen.

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