Weyhe. Bei Werner Wiechmann hat ein Plakat besondere Erinnerungen geweckt. Zu sehen sind die alten Rathäuser der früheren Gemeinden Leeste, Kirch- und Sudweyhe, die 1974 mit der Gemeindereform zu Weyhe zusammengelegt worden. „Das Gebäude war damals noch nicht“, sagte er über das Rathaus, in dem er am Sonntagmittag stand und sich über die 50-jährige Geschichte Weyhes in seiner heutigen Form informierte.
Mit einem umfangreichen Programm hatte die Verwaltung in ihre Räume geladen und ihre Türen geöffnet. Draußen präsentierten sich Feuerwehr und der Bauhof mit ihren Geräten. Wiechmann bewarb sich 1975, nur ein Jahr nach der Gemeindereform beim gerade neu gegründeten Bauhof. „Es gab 72 Bewerber – ich dachte nie, dass ich eine Chance habe“, erinnerte sich der 79-Jährige. Die neue Struktur ermöglichte ihm also seine berufliche Laufbahn, die elf Jahre später in einer Hausmeistertätigkeit bei der Grundschule Sudweyhe mündete. Dort blieb Wiechmann bis zu seiner Rente 2007. „Das war eine schöne Zeit“, blickte er zurück.
Große Projekte
Im Rathaus selbst hatten die Besucher die Möglichkeit, mit den Mitarbeitern in Kontakt zu kommen und mehr über die Aufgabenfelder zu erfahren. 25 Tafeln wie die, vor der Wiechmann stand, informierten zu großen Projekten der Gemeinde. An den Türen klärten Infozettel über Fakten rund um die Gemeinde auf: So stieg der Frauenanteil im Gemeinderat in den 50 Jahren von 8,6 auf heute 48,7 Prozent.
Für die Kinder gab es eine Schminkstation, einen Kreativbereich und eine Rathaus-Rallye. Dazu kamen ein Unterhaltungsprogramm oder ein Nostalgiebüro eingerichtet wie in den 1970er-Jahren. Die Entwicklungen hat Wiechmann aus nächster Nähe verfolgt. In den Anfangsjahren habe es noch ein starkes Konkurrenzdenken gegeben: „Jede Gemeinde wollte ein bisschen glänzen.“ Ortsteile wie Dreye und Ahausen seien zunächst als Sorgenkinder stiefmütterlich behandelt worden, bis Ratsmitglieder die Initiative ergriffen hätten. „Weyhe ist zusammengewachsen“, stellte Wiechmann zufrieden fest und bilanzierte: „Das ist gut gelaufen.“
Bürgermeister Frank Seidel erlebte die Gemeindereform selbst als Kind. „Das war zu dem Zeitpunkt keine Liebesheirat“, erinnerte er sich. Doch über die Jahre habe sich ein guter Zusammenhalt entwickelt. Spätestens mit dem Abbau der Bahnschranke sei auch eine mentale Grenze gefallen und nur als Witzelei etwa im Sport erhalten geblieben. Ob dann die kommende Linie 8 nicht wieder eine Grenze ziehen könnte? „Ich sehe sie eher als verbindendes Element“, legte Seidel den Fokus auf die verbesserte Infrastruktur.
Viele Herausforderungen
Beim Empfang hatte er noch eine Liebeserklärung an Weyhe geschickt und bekräftigte das auch am Mittag: „Das ist ein Träumchen“, sagte er über seine Funktion: „Es macht richtig Spaß.“ Durch die Coronapandemie, die kurz nach seinem Amtsantritt ausbrach, habe er zwar – wie andere Gemeinden auch - mehrere Jahre verloren.
Genauso stellten Klimawandel, Ukrainekrieg und die Preissteigerungen die Kommunen vor ungeahnte Herausforderungen. „Die Rahmenbedingungen haben sich kolossal verschoben“, sagte Seidel. Doch wolle er mit der Verwaltung das Beste aus der Situation machen. „Wir sind gut dabei“, sah er das Rathaus und die nachgelagerten Instanzen gut aufgestellt.
Gleichwohl schlage der Fach- und Arbeitskräftemangel in Verwaltung, Kitas und anderen Einrichtungen immer spürbarer durch. „Die Leute machen und wollen viel“, sah er eine hohe Motivation und Kompetenz in seinen Reihen: „Aber es gibt natürliche Grenzen.“ Das betreffe auch externe Partner wie Planungsbüros. Das mache viele Aufgaben herausfordernder.
Mit Projekten und Zielen wie der Klimaneutralität bis 2035, der Linie 8 oder der Umgestaltung des Henry-Wetjen-Platzes geht der Verwaltung die Arbeit auf jeden Fall nicht aus. „Es gibt noch genug Ideen und Beschlüsse, die wir umsetzen wollen“, sagte Seidel. Daran zeigten auch die jüngeren Generationen Interesse: Zwischendurch fragten zwei Mitglieder des Jugendrotkreuzes, ob er die Nachwuchsgruppe besuchen würde.