Syke. "Genau so habe ich mir das vorgestellt", sagt Marion Gußmann mit leuchtenden Augen. Seit drei Jahren lenkt die 68-Jährige den Bürgerbus durch Syke und ist damit eine von drei Fahrerinnen im Team der Ehrenamtlichen. Den Bürgerbus habe sie schon immer interessant gefunden, berichtet die pensionierte Berufsschullehrerin. Sie wohnt mitten in der Stadt und sieht die kleinen roten Busse täglich mehrmals durch die Straßen kurven. Und das Konzept hinter dem von einem Verein getragenen Beitrag zum Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), "dass Ehrenamtliche für Transport sorgen, das fand ich richtig gut." Solange sie noch berufstätig war, habe sie nicht tätig werden können, doch dann: "Beim Ehrenamtstag auf dem Rathausvorplatz habe ich die Vertreter des Bürgerbusvereins angesprochen und sofort einen Zettel in die Hand gedrückt bekommen."
Der Rest ging schnell. Marion Gußmann absolvierte den Personenbeförderungsschein, die Kosten dafür trug der Verein, und dann konnte sie loslegen. Diese Entscheidung habe sie nie bereut. "Ich mag es, den Leuten zu helfen", sagt sie. Und den Bürgerbus zu fahren habe "fast ein soziales Element". Denn gerade in einer ländlichen Region sei er für viele Menschen ohne eigenes Auto die einzige Möglichkeit, aus weiter entlegenen Ortsteilen Sykes zum Arzt, zum Einkaufen oder auch zu Besuchen zu kommen. Und diese Möglichkeiten wissen die Menschen zu schätzen, hat Marion Gußmann in ihrer Zeit bereits vielfach erlebt. "Man merkt im Bus, wie die aktuelle Lage ist", findet sie. Sei es durch eine Gruppe ukrainischer Flüchtlinge, die sich im Bus treffen – "Das war ein großes Hallo!" – oder die alte Dame, die täglich mit dem Bürgerbus zu ihrem Mann ins Seniorenheim fährt. "Da freue ich mich immer, wenn sie mitfährt."
Alles ein bisschen persönlicher
Im Bürgerbus sei es eben alles ein "bisschen persönlicher als in einem großen Bus", findet auch Carsten Müller. Der zweite Vorsitzende des Bürgerbusvereins setzt sich ebenfalls mindestens einmal im Monat ans Steuer. "Wenn man Studenten ÖPNV beibringt, ist es ganz praktisch, das auch zu tun", sagt er. Als Vereinsmitglied der ersten Stunde hat der Professor für Verkehrswesen und Städtebau bei den Bauingenieuren an der Universität Bremen viel zur Planung, zum Aufbau und zur Organisation des Bürgerbusangebots in Syke beigetragen. Doch es sei immer das gesamte Team involviert gewesen, betont er. Der Verein sei mit wenigen Leuten und mit wenigen Passagieren gestartet. "Das ist normal bei neuen ÖPNV-Angeboten", sagt er. Doch das sei schnell gewachsen, weil alle "anfingen, etwas Gutes beizusteuern".
Wie etwa Hans-Albert Cordes. Der 76-Jährige ist seit 15 Jahren Fahrer, weil "ich ja nicht nur zu Hause Fernsehen gucken kann", wie er sagt. Und als ehemaliger Fahrdienstleiter bei der Post kennt er sich bestens mit allem aus, was die Räder am Rollen hält. Den Menschen ehrenamtlich etwas zu geben, mache einfach Spaß und der "Spaßfaktor ist wichtig", findet er. Zumal es ein Engagement sei, das auch die Nutzer zu schätzen wissen. "Viele legen ihre Arzttermine so, dass sie den Bürgerbus nehmen können", weiß Cordes. Viele seien zudem schon älter, doch mit der Einführung des Deutschland-Tickets hat er festgestellt, dass auch vermehrt Jüngere wieder regelmäßig auf den Bus zurückgreifen. Dementsprechend kennen die Fahrer viele ihrer Passagiere mit der Zeit. Da gebe es dann auch schon mal den ein oder anderen Plausch, ein Stück Schokolade oder ein Danke, wenn sie aussteigen, können auch Marion Gußmann und Carsten Müller berichten. "Das ist dann das, was man zurückbekommt", sagt Müller. "Viele sagen, wie nett es im Bürgerbus ist", ergänzt Marion Gußmann. "Und das ist es auch."
19 Fahrer und drei Fahrerinnen sind aktuell mit dem Bürgerbus unterwegs. Das können gerne noch mehr werden, finden Gußmann, Cordes und Müller. Insbesondere Frauen dürfen sich ruhig angesprochen fühlen, unterstreicht Marion Gußmann: "Wir könnten noch weibliche Verstärkung gebrauchen" und den Bürgerbus zu lenken, sei auch nicht anders, als ein Wohnmobil zu fahren.