Landkreis Osterholz. Werner Schauer, Werksleiter der Kreisabfallwirtschaft, ist zufrieden: Der Boom der Biotonne hält an, die Rechnung für den Landkreis geht damit auf. Noch immer bestellen überdurchschnittlich viele Bürger den braunen Behälter – und das oft gleich eine Nummer größer, als es die Personenzahl eines Haushalts erwarten lässt.
Der Grund für die Nachfrage liegt für Schauer auf der Hand: Auch nach der Gebührenerhöhung vom Januar ist dieser Entsorgungsweg "exorbitant billig". Bis zu sechs Kubikmeter Küchen-, Grün- und Gartenabfall bekommt man mit der 240-Liter-Biotonne entsorgt, wenn man sie ein Jahr lang alle 14 Tage voll macht und leeren lässt. Die Jahresgebühr ist dabei unabhängig von der Nutzungsintensität. Sie beträgt 63,12 Euro.
Die graue Restmülltonne ist mehr als doppelt so teuer und lässt sich damit prima erleichtern; und der Umwelt hilft es außerdem. Immer mehr Haushalte erkennen das und steigen parallel auf kleinere Restmüllgefäße um. Gleichzeitig legte die Zahl der 240-Liter-Biotonnen allein in der ersten Jahreshälfte 2022 erneut um rund 300 Stück zu. Inzwischen sind davon kreisweit 8000 Exemplare aufgestellt, weitere 10.000 in mittlerer Größe (120 Liter) und 12.500 kleine (60 Liter).
Noch wird in Bremen kompostiert
Den organischen Abfall der Privathaushalte lässt der Landkreis Osterholz seit 2019 in Bremen kompostieren - ein Umstand, der nach der damaligen Neuausschreibung maßgeblich zur jüngsten Gebührenanhebung von zehn bis zwölf Prozent mit beitrug. Mittelfristig soll mit dem Inhalt der braunen Tonnen in einer noch zu bauenden Vergärungsanlage Biogas erzeugt und ins Netz eingespeist werden.
Der Bündnisgrüne André Hilbers setzt große Hoffnungen in das Projekt, das die Abfuhr möglichst nicht verteuern soll. "Da wird uns jeder Liter Biomüll helfen", sagt der Abgeordnete. Seine Fraktion habe in der Vergangenheit maßgeblich darauf gedrängt, die braune Tonne über die Gebührenstruktur attraktiv zu machen; nun sehe man sich bestätigt, dass der finanzielle Anreiz zur Mülltrennung funktioniert, so Hilbers. Weil der Aufwand bei der braunen Tonne für die KAW ein Stück über dem Ertrag liegt, wird der Bioabfall-Sektor durch das Restmüllgeschäft mitfinanziert.
"Da geht noch mehr"
Schauer sieht das ähnlich und setzt hinzu, was den unerwünschten organischen Inhalt in der grauen Tonne angehe, gebe es "noch immer Luft nach oben". Um sogenannte Fehlwürfe zu vermeiden und die Sortierqualität in der Biotonne weiter hoch zu halten, will die Abfall-Service Osterholz GmbH (Aso) nach den Worten ihres Geschäftsführers Christof von Schroetter auch künftig Müllsheriffs und Detektoren einsetzen.
Werner Schauer sagt, wenn nichts Unvorhergesehenes passiert, müssten die Gebühren frühestens Anfang 2025 erhöht werden. Das erste Halbjahr 2022 sei insgesamt besser gelaufen als erwartet, sodass die Hochrechnungen einen Überschuss von gut 273.000 Euro erwarten lassen - zu Jahresbeginn hatte die KAW ein Plus von gerade mal 14.000 Euro einkalkuliert. Nun schnurrt das Minus aus dem operativen Geschäft auf voraussichtlich 38.000 Euro zusammen.
Einsparungen und Mehreinnahmen
Die erwartete Steigerung beim Materialaufwand sei bisher ausgeblieben und die Aso-Gewinnausschüttung falle höher aus als erwartet, erklärt der Werksleiter. Dabei wird unterschieden zwischen der gewerblichen Tätigkeit der Aso, deren Gewinne in die KAW-Rücklage fließen, und den Gebühreneinnahmen der Privathaushalte, für die es eigene Rückstellungen gibt. Diese werden alle drei Jahre aufgelöst, sodass die Bürger von stabilen oder - wie zuletzt 2016 geschehen - sinkenden Abfallgebühren profitieren können.
Bis Jahresende schwillt das Gebühren-Polster voraussichtlich auf mehr als 582.000 Euro an, weitere 369.000 Euro sollen laut Vermögensplan nächstes Jahr folgen. Schon mit den Gebührenbescheiden Anfang 2023 könnten die Rückstellungen weiter wachsen. Zuletzt summierte sich der Saldo aus Erstattungen für nicht benötigte Leerungen einerseits und für Nachzahlungen oberhalb des Regelwerts andererseits auf rund 400.000 Euro.
Wirtschaftsplan 2023 verabschiedet
Der Betrieb ist nach den Worten Schauers damit einstweilen für die Teuerung gewappnet, die in absehbarer Zukunft spürbar durchschlagen werde. "Beim Materialaufwand haben wir für 2023 einen Kostenanstieg von 7,5 Prozent einkalkuliert." Unterm Strich könnte es damit nächstes Jahr im operativen Geschäft zu einem Minus von 101.000 Euro kommen, ohne dass die Bürger es dank der Rücklagen des Eigenbetriebs zu spüren bekämen.
Aus Krediten wird obendrein der Einbau einer neuen Schwachlastfackel zur weiteren Entgasung der ehemaligen Deponie Sandhausen finanziert. Kostenpunkt 131.000 Euro. Der Werksausschuss hat den Wirtschaftsplan der KAW für das Jahr 2023 inzwischen einstimmig gebilligt.