Thorsten Westphal wollte sich nicht aufregen. Warum auch? Immerhin hatte er gerade zum ersten Mal überhaupt gegen den FC Hambergen gewonnen. Das war dem Trainer des Fußball-Bezirksligisten VSK Osterholz-Scharmbeck in den vergangenen Jahren noch kein einziges Mal gelungen. Doch diesmal behielten die Kreisstädter mit 2:0 (1:0) die Oberhand und verteidigten damit auch die Tabellenführung. Allerdings: Das Ergebnis war eigentlich viel zu niedrig ausgefallen.
"Vollkommen egal, wir haben in Hambergen in Unterzahl völlig verdient gewonnen", brachte es Westphal auf den Punkt. Die Tatsache, dass die Gäste über eine Stunde mit einem Mann weniger auf dem Platz standen und dennoch deutlich höher hätten gewinnen müssen, zeigt zudem eindrucksvoll, wie ungleich die Kräfteverhältnisse waren. Wo sich die beiden Teams in den vergangenen Jahren stets einen Kampf auf Augenhöhe geliefert hatten, war es diesmal ein wenig der Klassiker vom Kaninchen, das vor der Schlange wegrennt.
"Wir waren heute viel zu mutlos", fasste Hambergens Co-Trainer John Muskee das Spielgeschehen treffend zusammen und fügte vielsagend hinzu: "Das Selbstvertrauen fehlt zur Zeit komplett." Dabei hatte diese Partie eigentlich ein für den Außenseiter ziemlich gutes Drehbuch parat gehabt. Zwar brachte Jan Brinkmann den VSK bereits nach vier Minuten in Führung, doch danach überboten sich die Gäste ziemlich schnell im Auslassen klarster Möglichkeiten. Egal, ob Tim Bormann, Jan Brinkmann, Christoph Oberschelp oder Dilges Bayrak – der Favorit ging sträflich verschwenderisch mit seinen zum Teil hochkarätigen Chancen um. Und das sollte sich wie ein roter Faden durch das gesamte Spiel ziehen.
Doch die "Zebras" konnten daraus ebenso wenig Profit schlagen, wie aus der frühen Roten Karte gegen Dennis Piatek, dessen Einsteigen gegen Arne Meyerhoff Schiedsrichter Thorben Böckmann zur Überraschung vieler mit einem Platzverweis ahndete (27.). Doch selbst in numerischer Überzahl wichen die Hausherren nicht von ihrer Linie ab. Mit einer 5er-Kette, die zwischenzeitlich sogar zu einer 6er-Kette wurde, machten die "Zebras" die Räume dicht – was dennoch oft genug misslang.
So war es auch in Hälfte zwei dasselbe Bild. Die Kreisstädter spielten ein hohes Pressing, betrieben einen enormen Laufaufwand und diktierten die Szenerie beinahe nach Belieben. Doch erneut brachten die VSK-Spieler das Kunststück fertig, selbst klarste Gelegenheiten zu vergeben. Brinkmann, Oberschelp und Bormann hätten längst auf 2:0 erhöhen müssen. Bis zur 68. Minute dauerte es, ehe Kapitän Jan Brinkmann das Leder aus 24 Metern mit einem herrlichen Distanzschuss direkt neben den Pfosten setzte. Es war die Vorentscheidung, denn auch nach diesem zweiten Gegentreffer wollten die Hamberger nicht wirklich nach vorne spielen. Vielleicht fehlten den "Zebras" aber auch schlichtweg die Mittel.
Der eingewechselte Niklas Schumacher hätte noch zwei Treffer nachlegen müssen, doch auch er brachte den Ball nicht im Hamberger Gehäuse unter. Erst in den letzten zehn Minuten, als das Westphal-Team den Fuß vom Gaspedal nahm, verlagerte sich das Spiel mal ein wenig in die VSK-Hälfte. Eine richtige Torchance hatten die Rot-Weißen aber auch da nicht mehr. So wusste John Muskee angesichts des Spielverlaufs die Situation kurz nach Abpfiff genau einzuschätzen: "Wir hätten hier heute eigentlich punkten müssen, weil vieles für uns gelaufen ist."
Während der VSK Osterholz-Scharmbeck den mehr als verdienten Derbysieg feierte, bleiben die "Zebras" aus Hambergen auch nach vier Bezirksliga-Spielen komplett ohne Punkt – und müssen sich wohl auf ungemütliche Wochen einstellen.
