Die Biologische Station Osterholz (Bios) und Umweltverbände haben ihre Forderung erneuert, das St. Jürgensland für die Nutzung von Windenergie unangetastet zu lassen. Sie reagieren damit auf das Positionspapier, das vergangene Woche von der Lilienthaler Gemeindeverwaltung veröffentlicht worden ist. Darin wird dem Gemeinderat empfohlen, sich für die Ausweisung des St. Jürgenslandes als Windenergie-Vorranggebiet im geplanten Regionalen Raumordnungsprogramm des Landkreises einzusetzen. Die Bios-Leute warnen vor diesem Schritt: Ein Verlust des Lebensraums und seiner Funktion sei faktisch kaum zu kompensieren und habe komplexe ökologische Folgen. Das weite, teils feuchte Grünland sei in seiner ökologischen Funktion, aber auch in seiner Ästhetik im Zusammenhang mit dem denkmalgeschützten und kulturhistorisch bedeutsamen Ensemble der Kirchwarft St. Jürgen nicht zu ersetzen. "Solche offenen, kaum vorbelasteten Flächen gibt es nur noch selten, obwohl sie gerade für die Region hier typisch waren. Dadurch haben wir eine besonders hohe und überregionale Verantwortung, diese Flächen zu schützen", schreibt die Bios in einer Mitteilung.
Lebensraum für seltene Vogelarten
Die Biologische Station verweist darauf, dass im St. Jürgensland diverse außergewöhnliche und selten gewordene Vogelarten leben. Die Voraussetzung für den Status Vogelschutzgebiet seien erfüllt. Seeadler und Rotmilan würden dort brüten, sie seien gefährdet, mit rotierenden Windrädern zu kollidieren. Auch verweisen die Bios-Leute auf die Wiesenschutzprogramme für den Kiebitz, den Großen Brachvogel, die Sumpfohreule und den Wachtelkönig, ein weiteres Schutzprogramm sei beim Bundesamt für Naturschutz beantragt. Frank Bachmann, Naturschutzbeauftragter des Landkreises Osterholz, verweist auf die Bedeutung des Gebiets für die Greifvögel. Ein solches Gebiet gebe es im Landkreis kein zweites Mal. Er verweist auf Rotfußfallen, Wespen- und Raufußbussarde, auf Schwarz- und Rotmilane sowie Korn- und Steppenweihen, die sich auf ihrem Zug im St. Jürgensland aufhalten würden. Hinzu kommt, dass das St. Jürgensland eine nationale und internationale Bedeutung für die Blässgänse-Population habe. "Zu den Beeinträchtigungen von Blässgänsen durch Windenergieanlagen gibt es uneinheitliche Erkenntnisse", sagt Sabrina Hüpperling von der Bios. Das Verhalten der Tiere sei abhängig von einer Vielzahl von ökologischen Faktoren, unter anderem spielten die Witterung, die Nahrungs- und die Flächenverfügbarkeit eine Rolle. Die Bios-Leute verweisen auch darauf, dass es gesetzlich geschützte Arten gebe, durch die sich ein Verbot zum Bau von Windrädern ergebe. Diese Tatbestände ließen sich nicht pauschal ausschließen.
Die Bios glaubt, dass der Landkreis Osterholz auf Grundlage fachlicher Richtlinien entschieden habe, das St. Jürgensland als Vorranggebiet auszuschließen. Eine Abweichung von dieser Linie komme nur in Betracht, wenn sich herausstellen sollte, dass die Flächenziele des Landkreises nicht erreicht werden können. Laut Bios werden die Teilflächenziele nach aktueller Planung deutlich übererfüllt. Es gebe insofern keine Notwendigkeit, das St. Jürgensland in die Windenergieplanung einzubeziehen.
Die Mitarbeiter der Bios sagen, dass sie die Ambitionen des Lilienthaler Gemeinderates für den Klimaschutz begrüßen und auch die kritische Auseinandersetzung des Gemeinderates mit dem Thema anerkennen. Doch Klimaschutz sei mehr als der Ausbau der regenerativen Energieerzeugung, und regenerative Energieerzeugung sei mehr als nur Windenergie.