Verden/Osterholz-Scharmbeck. Der 23-Jährige, der in der Nacht zum 14. Juni 2020 in Osterholz-Scharmbeck einen Verkehrsunfall mit zwei Todesopfern verursacht hat, ist am Montag zu einer Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Das Landgericht Verden erkannte auf fahrlässige Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung und ging von erheblich verminderter Schuldfähigkeit wegen einer massiven Alkoholisierung von rund 2,6 Promille aus. Damit entsprach die 10. große Strafkammer dem Antrag der Verteidigung. Die Staatsanwältin hatte drei Jahre Freiheitsentzug gefordert.
Aus Sicht der Anklagevertreterin hat der junge Mann zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt, als er sich nach einer häuslichen Feier noch ans Steuer seines PS-starken BMW setzte. Seine Fahruntüchtigkeit sei ihm bewusst gewesen. Er habe „stockbesoffen“ und mit deutlich überhöhtem Tempo eine „besonders verantwortungslose“ Fahrt unternommen. Es müsse vorsätzliche Gefährdung des Straßenverkehrs zugrunde gelegt werden. Eine noch bewährungsfähige Strafe käme trotz aller Umstände schon aus generalpräventiven Gründen nicht in Betracht. „Die Bevölkerung hätte keinerlei Verständnis, wenn der Angeklagte nicht in Haft ginge“.
Der Anwalt der Nebenklage schloss sich den Ausführungen und dem Strafantrag an. Er vertrat in dem Verfahren die Familie des 31-jährigen Mannes, der bei dem verheerenden Auffahrunfall gegen 3.30 Uhr auf der Westerbecker sofort ums Leben gekommen war. Der 62-jährige Fahrer des Taxis war wenige Stunden später in einem Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen.
Gutachter attestiert Rauschzustand
Während die Staatsanwältin überzeugt war, dass der Angeklagte vor seinen zunächst vorausfahrenden, dann durch rücksichtloses Überholen gefährdeten Gästen mit seinem Auto prahlen wollte, blieb die Motivlage für das Gericht ungeklärt. Auch vorsätzliches Fahrzeuglenken habe man letztlich nicht feststellen können, wenngleich es Indizien dafür gebe. Die Kammer berief sich auf den psychiatrischen Gutachter, wonach der Mann sich in einen „hochgradigen Rauschzustand“ befand, aber noch nicht im Vollrausch und somit auch nicht im Zustand der Schuldunfähigkeit war. Es sei nicht auszuschließen, dass der Angeklagte „die Schwere des Unfalls gar nicht mitbekommen“ und einen „Filmriss“ von eineinhalb bis fünf Stunden gehabt habe. Unfallflucht, wie ursprünglich angeklagt, nahm die Kammer nicht an.
Ebenso wenig sah das Gericht ein etwaiges „Mitverschulden“ der ums Leben gekommen Männer dadurch, dass sie offenbar beide nicht angeschnallt waren. Nur bei einem der Opfer bestand nach dem Ergebnis von Sachverständigen „sehr geringe Wahrscheinlichkeit“, möglicherweise zu überleben. Für die Frage der Schuld des 23-Jährigen sei dies allerdings irrelevant, betonte der Vorsitzende Richter in der ausführlichen Urteilsbegründung: „Es ist Ihre Tat. Sie sind der Täter“. Der Angeklagte müsse gemäß dem angehörten Verkehrsexperten mit einer Geschwindigkeit von mindestens 160 Stundenkilometer gefahren sein, auf jeden Fall rund 100 Stundenkilometer mehr als das Taxi. Bremsspuren waren am Unfallort nicht entdeckt worden.
Der Richter sprach auch von „grober Fahrlässigkeit“ und einem „katastrophalen, nicht entschuldbaren Fehler“, der dem Angeklagten passiert sei. „Sie werden mit dem Verschulden des Versterbens zweier Menschen leben müssen“. Er habe die Verantwortung für seine Tat übernommen und ernsthafte Reue gezeigt. Zu den Bewährungsauflagen gehört, dass der 23-Jährige insgesamt 15.000 Euro an den Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr zahlt.