- Wie läuft der Glasfaserausbau in Ritterhude ab?
- Was sagt die Gemeinde Ritterhude zum zweiten Glasfasernetz?
- Was sagt die Glasfaser Nordwest?
- Hätte man die Bauarbeiten auch zusammenfassen können?
- Sind zwei separate Glasfasernetze überhaupt sinnvoll?
- Was bedeuten die zwei Netze für die Kunden?
Ritterhude. Einige Ritterhuder und Ritterhuderinnen mögen sich verwundert die Augen reiben. Erst vor Kurzem hat die Deutsche Glasfaser ihre Nachfragebündelung beendet, und sie haben Verträge mit dem Unternehmen unterschrieben, die sicher stellen, dass sie künftig schnelles Internet im Haus haben. Doch nun werben auch die Telekom, EWE und die Osterholzer Stadtwerke mit Glasfaseranschlüssen. Für diese Anbieter will die Glasfaser Nordwest ein eigenes Netz in Ritterhude aufbauen – zusätzlich zu dem der Deutschen Glasfaser.
Wie läuft der Glasfaserausbau in Ritterhude ab?
Zunächst hat die Deutsche Glasfaser während einer Nachfragebündelung den Bedarf für Glasfaseranschlüsse ermittelt. Die Bündelung endete im Juli dieses Jahres. Laut Gesetz hätten auch andere Anbieter den ersten Aufschlag machen können, erklärt Dennis Slobodian, Sprecher der Deutschen Glasfaser: "Wir haben eine Kooperationsvereinbarung mit der Gemeinde Ritterhude." Was aber kein rechtlich bindender Vertrag sei. Zum Stand des Breitbandausbaus durch die Deutsche Glasfaser sagt Slobodian: "Wir ziehen das Projekt gerade durch." Will heißen: Es werden die Leitungen verlegt und die Hausanschlüsse eingerichtet. Dass nun mit der Glasfaser Nordwest, einem sogenannten Joint Venture der Telekom und EWE, ein zweiter Anbieter ebenfalls ausbauen und einen sogenannten Überbau verlegen will, nachdem die Deutsche Glasfaser bereits gebaut hat oder noch baut, beobachte das Unternehmen bundesweit, sagt Slobodian.
Was sagt die Gemeinde Ritterhude zum zweiten Glasfasernetz?
"Wir waren sehr überrascht von den Plänen der Glasfaser Nordwest", sagt Marc von Leesen. Er ist im Ritterhuder Rathaus unter anderem für den Breitbandausbau in der Gemeinde zuständig. Von Leesen sagt aber auch: "Der Zeitpunkt für den erneuten Ausbau ist ausgesprochen unglücklich. Wir waren vorher nicht darüber informiert." Das habe laut von Leesen kartellrechtliche Gründe. Grundsätzlich begrüße er, dass es nun einen weiteren Anbieter gibt. Dass die Gemeinde über die Deutsche Glasfaser informiert hatte, könnte man im Nachgang als Werbung für den Anbieter verstehen, sagt er selbstkritisch. Das sei aber nicht der Fall, denn Ende 2022 sei die Deutsche Glasfaser der einzige Anbieter für die Gemeinde Ritterhude gewesen. "Wir waren mit der Telekom und der EWE wegen des geförderten Ausbaus in Kontakt, da gab es aber keine Informationen, dass die eigenwirtschaftlich ausbauen wollen."
Die Verlegung eines zweiten Netzes verursache in der Verwaltung doppelt Arbeit, sagt von Leesen. "Wir haben versucht, beide Unternehmen zu koordinieren, damit beide zeitgleich den Tiefbau machen, aber dazu sind sie nicht bereit gewesen." Von Leesen macht auch deutlich: "Wir hätten den zweiten Ausbau auch nicht verhindern können." Die neuerlichen Netzpläne der Glasfaser Nordwest seien der Bundesnetzagentur gemeldet worden. "Darum haben sie gebeten." Von Leesen betont, dass sich das Vorhaben des Telekom-EWE-Joint-Ventures nur auf Alt-Ritterhude beziehe. Die übrigen Ortsteile blieben davon unberührt.
Was sagt die Glasfaser Nordwest?
Glasfaser-Nordwest-Sprecher Holger Zander erklärt auf Nachfrage der Redaktion: "Wir kündigen unsere Bauvorhaben nicht mit einer Nachfragebündelung, aus der bestimmte Vermarktungs- oder Mindestanschlussquoten resultieren, an." Alle Gebiete, die das Unternehmen bekannt gebe, würden im Umfang der Ankündigung bedingungslos ausgebaut. "Aufgrund von kartellrechtlichen Auflagen befinden sich unsere Ausgebiete zunächst in einer Kommunikationssperre. Innerhalb dieser Zeit prüfen wir die geografischen und infrastrukturellen Gegebenheiten genauestens und entwickeln anhand dieser Analyse unsere Ausbauplanung", erklärt Zander weiter. Insgesamt will das Unternehmen 4300 Haushalte an sein Netz anschließen. Da Glasfaser Nordwest ein reiner Infrastrukturanbieter sei, können Glasfaseranschlüsse und -tarife über die Telekom, EWE und die Osterholzer Stadtwerke als Vermarktungspartner bestellt werden. Das Netz sei als sogenanntes Open-Access-Netz konzipiert. Das bedeute, dass alle "interessierten Telekommunikationsanbieter einen diskriminierungsfreien Zugang" zum Netz der Glasfaser Nordwest bekommen könnten.
Hätte man die Bauarbeiten auch zusammenfassen können?
Danach gefragt, ob man den Ausbau nicht auch hätte zusammenlegen können, sagt Zander, dass Glasfaser Nordwest auf Bitten der Gemeinde Ritterhude Kontakt mit der Deutschen Glasfaser aufgenommen habe. "Trotz intensiver Bemühungen von Glasfaser Nordwest, eine Einigung zu erzielen, kam es zu einer einseitigen Kündigung der Gespräche vonseiten des Marktteilnehmers", so Zanders Fazit. Bei der Deutschen Glasfaser klingt das indes anders. "Es hat in Ritterhude keine Gespräche gegeben. Darauf würden wir uns final aber auch nicht einlassen", macht Dennis Slobodian klar. Unter anderem, weil sein Unternehmen schneller ausbaue und einen eigenen Ausbauplan habe. Seiner Ansicht nach hätte das Joint Venture von einem gemeinsamen Ausbau profitiert. "Gerade der Tiefbau ist der höchste Posten beim Breitbandausbau. Da hätte sich der andere Marktteilnehmer bequem dazulegen können", so Slobodian. Davon sei man bei der Deutschen Glasfaser wenig begeistert gewesen. "Glasfaser Nordwest ist immer noch ein Mitbewerber."
Sind zwei separate Glasfasernetze überhaupt sinnvoll?
Fragt man Marc von Leesen und Dennis Slobodian, dann lautet die Antwort: Nein. Von Leesen begründet das zum einen mit dem doppelten Aufwand für die Verwaltung und zum anderen mit den Folgen der Bauarbeiten. "Die Gehwege werden auch nicht besser, wenn man sie ständig aufreißt", lautet seine Einschätzung. Für Dennis Slobodian ist ein zweites Breitbandnetz Material- und Ressourcenverschwendung. "Man hat ja auch keinen zweiten Stromanschluss im Keller. Deswegen stellen wir uns auch gegen einen Doppelausbau", so sein Urteil. Wie das Netz der Glasfaser Nordwest sei auch das Netz der Deutschen Glasfaser nach dem Open-Access-Prinzip geplant – andere Anbieter könnten gegen eine Gebühr die Infrastruktur mitnutzen. Slobodian meint, dass die Mitbewerber um ihre Bestandskunden vor Ort bangen und deshalb mit einem eigenen Ausbau beginnen, um diese zu halten.
Was bedeuten die zwei Netze für die Kunden?
Wer einen Vertrag mit der Deutschen Glasfaser abgeschlossen hat, ist zunächst für zwei Jahre an den Anbieter gebunden. "Danach können Kunden zu einem anderen Anbieter wechseln", erklärt Slobodian. Ab Herbst könne Vodafon das Netz der Deutschen Glasfaser nutzen, es gebe auch Gespräche mit anderen Anbietern.