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Der Berg ruft: Die Bremer Schweiz Eine Berg- und Tallandschaft wie aus dem Bilderbuch

Sanfte Hügel und Bachtäler mit naturnahen Laubwäldern, Wallhecken und Wiesen prägen das Gesicht der Bremer Schweiz. Bei einer Wanderung in Leuchtenburg lässt sich die Berg- und Tallandschaft erleben.
17.10.2021, 05:00 Uhr
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Eine Berg- und Tallandschaft wie aus dem Bilderbuch
Von Gabriela Keller

"Liebliche Hügel, saftige, mit Buschwerk umstandene Wiesen wechseln ab mit hohen Eichen-und Buchenwäldern. Und im Tal fließt ein Wässerchen, die Aue, Quell all dieser Schönheit". So schwärmerisch beschreibt Wilhelm Vietor in seinem 1969 erschienenen Büchlein "Unter der Speckflagge" die Landschaft bei Leuchtenburg. Die Ortschaft im Süden der Gemeinde Schwanewede gilt als Zentrum der Bremer Schweiz. Einem hügeligen Landstrich, der genau genommen zum größten Teil auf niedersächsischem Gebiet, im Landkreis Osterholz, liegt – zwischen dem Waldgebiet Düngel bei Meyenburg (Gemeinde Schwanewede) im Norden, der Weser im Westen sowie der ehemaligen Bundesstraße 6 bei Heilshorn und Garlstedt (Stadt Osterholz-Scharmbeck) im Osten. Ein Teil befindet sich im Bremer Norden, die Lesum bildet hier die südliche Grenze.

"Der Begriff Schweiz wurde Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts als Bezeichnung für landschaftlich reizvolle Gegenden geprägt", erzählt Christian Schiff von der Aktionsgemeinschaft Bremer Schweiz (AGBS). Der Verein hat es sich seit 1975 zur Aufgabe gemacht, die Schönheit der Landschaft und den Lebensraum für Pflanzen und Tiere in der Bremer Schweiz zu erhalten. Die lässt sich am besten bei einer Wanderung durch Leuchtenburg erleben. An diesem Nachmittag sind wir unterwegs auf dem Thüringer Weg.

Die Bremer Schweiz liegt im Westen des Naturraumes Osterholz-Scharmbecker Lehmgeest. Ihren Namen hat sie "dem Nebeneinander von waldbedeckten Hügeln und landwirtschaftlichen – oft als Grünland – genutzten Hängen und Tälern zu verdanken", heißt es im Landschaftsrahmenplan des Landkreises Osterholz. Auf niedersächsischem Gebiet ist ein Großteil seit 1. Oktober 1968 Landschaftsschutzgebiet, die Fläche umfasst heute rund 2412 Hektar.

Die Saale-Eiszeit formt die Landschaft vor 130.000 Jahren

Die Berg- und Tallandschaft der Bremer Schweiz wurde durch die vorletzte Eiszeit, die Saale-Eiszeit, geformt. Christian Schiff, bis zu seiner Pensionierung Geografie- und Biologielehrer am Gymnasium in Bremen-Vegesack und jetzt stellvertretender Vorsitzender der AGBS, erklärt: "Die Bremer Schweiz ist eine hügelige Grundmoränenlandschaft." Vor rund 130.000 Jahren schoben Gletscher auf ihrem Weg durch die Region Geröll- und Sandmengen mit sich, die sich unter den Eismassen ansammelten. Als das Eis schmolz, blieben die Ablagerungen liegen. Durch das Schmelzwasser kam es zu Erosionen. Das heutige Gesicht der Bremer Schweiz mit ihren von Bachniederungen gegliederten Geesthügeln formte sich.

Imposante Sommerlandsitze und ein Herrenhaus im Tudor-Stil

Die Schönheit des Landstrichs wussten schon im 19. Jahrhundert begüterte Bremer zu schätzen, die sich unter anderem in Leuchtenburg Sommer-Landsitze bauen ließen. Noch heute steht in Albrechts Park am Mühlenweg ein imposantes Herrenhaus im Tudor-Stil. Am Mühlenweg hat die Leuchtenburger Hügellandschaft auch einen ihrer höchsten Gipfel. Von hier zweigt der Thüringer Weg ab. Er gilt als einer der schönsten Wanderwege der Bremer Schweiz. "Der Weg ist eine meiner Lieblingsstellen", sagt Christian Schiff. Der 67-Jährige hat topografische Karten gewälzt: "Der Einstieg in den Thüringer Weg am Mühlenweg liegt 30,3 Meter hoch."

Ein Höhengefühl will zum Start der Wanderung allerdings nicht aufkommen, denn die Fernsicht von hier oben ist gleich null. "Man braucht schon ein bisschen Fantasie, damit sich ein Berggefühl einstellt", gibt Schiff zu. Auf der 1,5 Kilometer langen Strecke bergab durch das Tal der Schönebecker Aue und wieder bergauf zum Holthorster Weg lässt sich im Kleinen erleben, was die Bremer Schweiz im Großen ausmacht. Ein schmaler Weg entlang einer Hecke führt in einen Laubmischwald mit Eichen, Buchen und Linden. Vorbei an einem Tümpel an einer Wegbiegung. "Den hat die Aktionsgemeinschaft vor einigen Jahren mal ausbaggern lassen, weil er verschlammt war. Heute tummeln sich darin viele Amphibien", erzählt Schiff. Weiter geht's, leicht bergab. In einer Senke links des Weges befanden sich früher Fischteiche, heute wachsen dort Esche, Erle und Pappel.

Renaturierung der Schönebecker Aue

Aus dem Schatten des Waldes geht es ins Licht. Im ebenen Auetal weitet sich der Blick. Schweift links und rechts über Wiesen, die von Baumreihen und anderen Gehölzstrukturen durchzogen sind. Vor der Auebrücke wiegen sich Weiden im Wind. Die Renaturierung der Schönebecker Aue, die als landschaftsprägender Bach der Bremer Schweiz 18 Kilometer von der Langen Heide im Landkreis Osterholz bis zur Mündung im Vegesacker Hafen fließt, ist eine der Kernaufgabe der Aktionsgemeinschaft. Sie setzt sich dafür ein, dass der in weiten Teilen begradigte Geestbach sein naturnahes Aussehen zurückerhält und durch den Umbau von fünf Sohlabstürzen zu Sohlgleiten für Fische wieder passierbar wird. "Drei Sohlabstürze sind inzwischen zurückgebaut", erzählt Christian Schiff. Eine davon im Bereich der Auebrücke am Thüringer Weg. Den starken Uferbewuchs an dieser Stelle der Aue sieht Schiff mit Freude. "Dadurch wird das Gewässer beschattet und erwärmt sich nicht zu sehr. Unser Traum sind Gewässerrandstreifen von fünf bis zehn Metern, damit sich die Aue wieder mehr ausdehnen und Flussschleifen bilden kann."

In 9,5 Meter Höhe fließt die Aue unter der Brücke durch die Landschaft und liegt damit gut 20 Meter tiefer als der Mühlenweg. Der Wanderer merkt den Höhenunterschied kaum. Auch der anschließende Wiederaufstieg zum rund 20 Meter hoch gelegenen Holthorster Weg ist keine schweißtreibende Kraxelpartie. "Aber fahren Sie mal mit dem Fahrrad zum Mühlenweg oder zum Holthorster Weg hoch, da kommt man schon aus der Puste", sagt Schiff. Oben am Holthorster Weg keimt schließlich sogar ein bisschen Berggefühl auf: beim weiten Blick über das Auetal, das zum Horizont hin zum bewaldeten Höhenzug am Mühlenweg ansteigt.

Info

Die Höhen in der Bremer Schweiz

Die höchsten Berge auf den Geestrücken der Bremer Schweiz erreichen nach Angaben des Landkreises Osterholz Höhen zwischen 30 und 40 Metern, etwa bei Hohehorst in Schwanewede-Löhnhorst mit rund 32 Metern über Normalhöhennull (ü.NHN) oder bei Klemperhagen in Ritterhude (rund 37 Meter ü.NHN). Am flachsten ist die Bremer Schweiz demnach in den Tälern der Blumenthaler und Schönebecker Aue. Im Landschaftsschutzgebiet liegt der niedrigste Punkt bei rund zwei Meter über Normalhöhennull an der Blumenthaler Aue, an der Landesgrenze bei Schwanewede-Beckedorf. Der höchst Punkt befindet sich in Höhe des Weges "Im Bördel" in Ritterhude mit rund 38 Meter ü.NHN.

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