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Gewässerprojekt in Schwanewede Wo die Köcherfliege aus der Röhre guckt

In einem Projekt erforschen Schüler vier Jahre lang die renaturierte Schwaneweder Beeke – was sie dabei lernen.
28.04.2023, 20:00 Uhr
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Von Jörn Hildebrandt/jöh

Langsam füllen sich die weißen Wasserwannen mit allerlei Getier: Bachflohkrebse hüpfen umher, ein Wasserskorpion schreitet gemächlich voran, Wasserläufer flitzen über die Oberfläche und sogar ein paar Stichlinge huschen durch die Behälter.

24 Siebtklässler der Waldschule Schwanewede haben mit Käschern in der Hand die Schwaneweder Beeke nach Gewässertieren abgesucht, die bereits im Frühling aktiv sind: Krebstiere, Insekten und Fische. „Später im Jahr werden zum Beispiel auch Libellenlarven hinzukommen und die Schüler werden erstaunt sein, wie anders sie aussehen als die ausgewachsenen Libellen“, sagt Meike Helmke.

Sie ist Umweltpädagogin bei der Biologischen Station Osterholz (Bios) und begleitet ein Projekt, bei dem Waldschüler vier Jahre lang die Ökologie des renaturierten Bachlaufs erforschen werden. Die Kreisgruppe Osterholz im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und die Waldschule Schwanewede führen gemeinsam das Projekt „Mehr Natur an der Schwaneweder Beeke – renatuieren und davon lernen“ durch, das bis zum Jahr 2026 laufen soll.

Fächerübergreifendes Lernen

„Corona hat das Projekt über mehrere Jahre ausgebremst“, sagt Bernd Quellmalz, BUND-Regionalgeschäftsführer Weser-Elbe, „doch nun kann es  endlich beginnen.“ Schulleiter Eugen Kolodziej schätzt das Vorhaben vor allem auch deshalb, weil es fächerübergreifend ist: „Aspekte von Erdkunde, Biologie, Chemie und Physik kommen zusammen.“ Die Schüler untersuchen beispielsweise, wie sich die Fließgeschwindigkeit eines Baches und damit auch seine Lebensgemeinschaft verändert, wenn er sich wieder durch die Landschaft schlängeln darf.

Vor Beginn der Renaturierungsmaßnahmen im Jahre 2018 verlief die ausgebaute Schwaneweder Beeke wie ein Kanal mit tiefem Profil schnurgerade. Inzwischen hat der Geestbach abschnittsweise ein neues Gewässerbett bekommen, darf dort wieder viele Kurven machen, verfügt über flache Böschungen, kleine und große Steine liegen auf dem Gewässergrund – Strukturen, die einem Fließgewässer Artenreichtum verschaffen.

Die Schüler staunen über ein Tier, das seinen Kopf aus einem hohlen Halm herausstreckt: Eine Köcherfliegenlarve hat eine Wohnröhre bezogen, einen sogenannten Köcher, der ihr Schutz vor Feinden bietet. Viele der Siebtklässler sehen zum ersten Mal in ihrem Leben die vielgestaltige Kleintierwelt, die sich in einem renaturierten Bach verbirgt. „Die Kinder sollen möglichst gleich ins Tun kommen“, sagt Lehrerin Claudia Schneider, die das Projekt über die vier Jahre begleiten wird. "Sie erfahren schnell, dass nicht nur Fische in einem Gewässer leben, sondern auch eine enorme Fülle anderer Lebewesen. Der längere Projektzeitraum ermöglicht es, die Ökologie eines Gewässers im Wechsel der Jahreszeiten kennenzulernen und auch die verschiedenen Abschnitte des Bachs, zum Beispiel die zugewachsenen Bereiche weiter westlich.“

Laichräume und Ruhezonen

Dort sind inzwischen Erlen und andere Gehölze aufgewachsen, die den Bach beschatten und die Lebensbedingungen für die Tier- und Pflanzenwelt verändern. Weil der inzwischen naturnahe Gewässerabschnitt nun auch mit einer natürlichen Sohle aus Sand und Kies ausgestattet ist und weil schnell fließende und beruhigte Bereiche miteinander abwechseln, sind die Bedingungen für eine vielfältige Fischfauna vorhanden: Der neue Untergrund schafft Laichmöglichkeiten, Ruhezonen im Bach bilden Aufzuchträume für Jungfische.

In Zeiten des Klimawandels geht die Bedeutung eines renaturierten Gewässerabschnitts noch weit über den Artenschutz hinaus: „Weil die Schwaneweder Beeke das Wasser nicht mehr schnell abfließen lässt, kann es sich nun in trockenen Sommern in der Region länger halten – die Renaturierung trägt damit auch zu einem zeitgemäßen Gewässerschutz bei“, erklärt Bernd Quellmalz vom BUND. Er betont die Nachhaltigkeit des Vorhabens auch in den Köpfen der teilnehmenden Schüler: „Anders als bei einmaligen Aktionen, die nur einen Tag oder gar nur eine Stunde stattfinden, verspricht der Ansatz dieses Projekts, dass sich die Schüler über einen längeren Zeitraum viel intensiver mit dem Gewässerschutz auseinandersetzen und so das Erlernte und Erlebte bei ihnen nachhaltiger verankert bleibt“, sagt Bernd Quellmalz.

„Die Kinder sind jedenfalls ungeheuer froh, länger draußen zu sein und viele neue Erfahrungen an einem Bach machen zu können“, sagt Lehrerin Claudia Schneider.

Zur Sache

Weitere Informationen über das Gewässerprojekt finden sich unter www.BUND-Weser-Elbe.de/schwanewederbeeke.de. Die BUND-Ortsgruppe Schwanewede lädt für Montag, 8. Mai, 16.30 bis 18.30 Uhr, zu einem Aktionstag an der Schwaneweder Beeke ein. Neben der Erfassung chemisch-physikalischer Gewässerwerte steht auch das Kennenlernen der Lebewesen auf dem Programm, die im Bach zu finden sind. Anmeldung bis Donnerstag, 4. Mai, per E-Mail an schwanewede@BUND-Weser-Elbe.de. Der Treffpunkt wird bei Anmeldung bekannt gegeben.

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