Die Serie von Nutztierrissen in Schwanewede hält an. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch hat es zwei weitere Vorfälle gegeben. Rund 15 Schafe und ein Rind sind verletzt worden. Und wieder steht der Wolf in Verdacht.
Karsten Bode ist am Mittwochvormittag noch geschockt von dem, was er am frühen Morgen auf seiner Weide am Hamfährer Weg vorfand. In einer Herde von 25 Moorschnucken waren rund 15 Schafe gerissen und dabei stark verletzt worden. "Einige wiesen Kehlbisse auf, andere hatten Verletzungen an der Flanke." Bei einem Tier sei das Euter aufgerissen worden. Die meisten seien Zuchttiere gewesen, sagt Bode. Als Landwirt im Nebenerwerb züchtet er seit 2014 die vom Aussterben bedrohten Schafrassen Moorschnucken und Skudden.
Der Schwaneweder spricht angesichts der Verletzungen seiner Tiere von einem "Totalschaden". Förster der Landwirtschaftskammer Niedersachsen sollten noch am Mittwoch DNA-Proben von den verletzten Schafen nehmen. Vorher dürfe er die Tiere nicht vom Tierarzt erlösen lassen, sagt Karsten Bode mit brüchiger Stimme.
Weide mit 1,70 Meter hohem Zaun
Die Schafe wurden auf einer Weide angegriffen, die nach seinen Worten mit einem 1,70 Meter hohen Zaun gesichert ist. Im oberen Bereich verstärkt durch Stacheldraht, der mit 10.000 Volt elektrifiziert sei. "Das ist mehr als ein wolfsabwehrender Zaun", sagt Karsten Bode. 3500 Euro habe der Zaun gekostet, den er extra "zum Schutz gegen den Wolf" errichten ließ. Und den der Wolf nun übersprungen habe, wie Bode vermutet.
Der Schwaneweder leidet mit seinen Schafen, aber er ist auch verärgert. "Jeder schreit nach Tierwohl und hier wird es so genommen", sagt er. Er habe alle seine Schafe mit der Flasche groß gezogen, sich rund um die Uhr um die Tiere gekümmert. "Und dann wird man so bestraft. Ich muss zugucken, wie meine Tiere auf der Weide um ihr Leben bangen." Zur Frage, wie umgehen mit dem Wolf, lautet seine Antwort: "Das sollten wir so regulieren wie in Schweden." In dem skandinavischen Land dürfen Wölfe im Rahmen einer Schutzjagd getötet werden, wenn von ihnen ein Risiko für Menschen oder Nutztiere ausgeht. Der Schwaneweder meint, dass Maßnahmen zur Weidehaltung an Grenzen stoßen. "Wir können doch nicht ganze Landstriche meterhoch einzäunen und ein Zoogehege schaffen, damit der Wolf draußen bleibt." Er holt seine unverletzten Schafe jetzt in den Stall. "Weidehaltung ist damit für uns beendet."
Rind in Brunnen gejagt
In derselben Nacht, in der Karsten Bodes Schafe angegriffen wurden, gab es in der Nähe einen weiteren Riss auf einer Weide am Schukamp. In einer Rinderherde wurde ein 600 Kilogramm schweres Tier verletzt, das tragend war. Bei der morgendlichen Zählung der Herde durch die Besitzerin war das Rind zunächst vermisst worden. Schließlich entdeckte sie es nach eigenen Angaben in einem Brunnen stehend, "mit einer Verletzung am Bein". Das Tier sei "eindeutig gejagt worden", sagt sie. Ob vom Wolf, wird die DNA-Probe zeigen, die am Mittwoch genommen werden sollte. Die Politik müsse handeln, meint die Landwirtin: "Problemwölfe sollten entnommen werden."
In den vergangenen Monaten sind in der Gemeinde Schwanewede vermehrt Nutztiere nachweislich vom Wolf gerissen worden. Am 4. Dezember 2021 wurden zwischen Neuenkirchen und Rade 32 Schafe getötet, zwei weitere sind verschollen. Erst Ende Mai wurden an einem Wochenende bei drei Übergriffen in Neuenkirchen und Schwanewede zehn Tiere – fünf Schafe, vier Ziegen und ein Rind – gerissen. Neun überlebten den Angriff nicht. In zwei der drei Fälle konnte der Wolf als Verursacher nachgewiesen werden, für das Rind steht das Ergebnis noch aus.
Entnahmeantrag für Tier aus Garlstedter Rudel
"Die aktuellen neuen Wolfsrisse in Schwanewede zeigen deutlich, dass jetzt gehandelt werden muss", meint dazu Denis Ugurcu. Er habe deshalb beim niedersächsischen Umweltministerium einen Antrag für eine Ausnahmegenehmigung zur Entnahme eines Wolfes gestellt und darum gebeten, die Ausnahmegenehmigung "sofort zu erteilen oder mindestens ersatzweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt", teilt der CDU-Landtagskandidat für den Wahlkreis Unterweser mit. "Die Situation ist nicht mehr anders in den Griff zu bekommen", so Ugurcu. Die Wolfsrisse hätten überhandgenommen. In seinem Schreiben an Umweltminister Olaf Lies, das der CDU-Politiker seiner Pressemitteilung beigefügt hat, beantragt Ugurcu konkret die Entnahme eines Wolfes aus dem Garlstedter Rudel. "Es geht vom Wolfsrudel eine erhebliche akute Gefährdung mit erheblichen wirtschaftlichen Schäden für die Allgemeinheit und insbesondere für die Bevölkerung und die betroffenen Landwirte aus", führt er darin zur Begründung aus.