Worpswede. Die Überraschung war gelungen. Am Morgen hatte Gerd Buttgereit seinem Sohn Neo noch ein schönen Sonntag und viel Spaß bei der Abschlussfahrt auf Mallorca gewünscht – nur um sich kurz darauf selbst auf den Weg Richtung Hamburger Flughafen zu machen. Von dort flog der Trainer von Fußball-Bezirksligameister FC Worpswede nämlich mit seinem Kollegen Oliver Schilling ebenfalls nach Mallorca. Wovon der Rest der Mannschaft – inklusive Trainersohn – allerdings keinen Schimmer hatte. Entsprechend euphorisch war die Reaktion, als Buttgereit und Schilling dann vom Strand in El Arenal ihre Spieler per Videoanruf kontaktierten, die zu dieser Zeit noch im Bremer Schnoor saßen und auf ihren Flieger am Abend warteten.
"Die dachten zuerst, wir hätten das mit Photoshop irgendwie bearbeitet", berichtet Gerd Buttgereit lachend, der sich anschließend mit seinem Trainerkollegen erst einmal ein Kaltgetränk genehmigte und auf eine ziemlich außergewöhnliche und erfolgreiche Saison anstieß. "Da haben wir dann erst so richtig realisiert, was wir in den vergangenen zwölf Monaten erreicht haben", sagt Buttgereit. Bezirksliga-Meister, Landesliga-Aufsteiger, Schmolke-Cup-Sieger – so lauten die Fakten. Doch besonders wurde diese Saison für die Künstlerdorf-Kicker vor allem deshalb, weil sie von extremen Ausschlägen geprägt war. Das ging schon in der Sommer-Vorbereitung los.
"Die war wirklich nicht besonders gut", erinnert sich Oliver Schilling. Weil er und Buttgereit nach Platz fünf in der Vorsaison nun nicht Platz vier als Ziel ausgeben wollten, wurde die Latte ganz bewusst höher gelegt: Man wollte ganz oben mitmischen. "Natürlich war uns klar, dass es andere Topteams gibt", merkt Gerd Buttgereit an und zählt auf: "Der VSK, Heeslingen oder Ottersberg. Trotzdem wollten wir bewusst mutig an die Sache rangehen." Zu dieser Zielsetzung passte dann aber die Vorbereitung überhaupt nicht. "Es war nicht die Intensität da, die es braucht, wenn man Meister werden will." Umso erstaunlicher war dann aber der Saisonstart.
Acht Punkte Vorsprung im Winter
Dem 4:0-Auftakterfolg in Visselhövede schlossen sich sechs weitere Siege an. "Diese sieben Erfolge zum Saisonstart haben natürlich etwas gemacht mit der Mannschaft", erinnert sich Oliver Schilling. Das Selbstvertrauen war groß, die Konkurrenz patzte früh. Nach dem 2:1 gegen den VSK Osterholz-Scharmbeck dachte Buttgereit erstmals ernsthaft darüber nach, dass es tatsächlich auch für den ganz großen Wurf reichen könnte. Mit 14 Siegen aus 17 Spielen beendeten die Kicker vom Weyerberg die Hinrunde mit acht Zählern Vorsprung auf die Konkurrenz. Und dennoch entschlossen sich Buttgereit/Schilling ganz bewusst dazu, den Kader im Winter zu vergrößern.
Gleich mehrere Spieler wurden verpflichtet, darunter Yassin Bekjar, Leandro Almeida und Alexander Huhn. "Wir haben uns darüber hinaus mit jedem einzelnen unserer Spieler ausgetauscht", erinnert sich Gerd Buttgereit. "Jeder hat gesagt: Wir wollen jetzt Meister werden!" Entsprechend sah sich das Trainerduo in der Verantwortung, mehr Qualität wie Quantität in den Kader zu bringen. "Wenn wir das nicht gemacht hätten, dann wären wir zu einigen Spielen Anfang des Jahres nur mit zwölf Mann im Kader angetreten", verrät Schilling. Denn ausgerechnet als die Konkurrenz angesichts der starken Neuzugänge und des Gewinns beim prestigeträchtigen Schmolke-Cups schon vom Worpsweder Durchmarsch redete, kam die Krise.
Mit einer überaus bescheidenen Leistung wurde zwar der Punktspielstart ins neue Jahr noch mit 1:0 gegen Oyten gewonnen, doch danach folgten zwei verdiente Niederlagen gegen Hülsen (2:4) und den VSK (1:2), sowie ein bescheidenes 3:3 beim späteren Absteiger Pennigbüttel. Da kam die zweiwöchige Spielpause Ende März, Anfang April gerade recht, wobei auch der dann folgende Auftritt beim 2:1-Erfolg bei Schlusslicht Riede alles andere als meisterlich war. "Diese Phase hat sich wirklich nicht gut angefühlt, das muss man ehrlich sagen", erinnert sich Oliver Schilling, "wir hatten ein paar Verletzte, die Neuzugänge zu integrieren, hinzu kam ein gewisser Druck von außen."

Zwei weitere Worpsweder Schlüsselspieler: Torhüter Jakob Reiter (links) und Alpha Fadiga.
Doch die Mannschaft hielt diesem Druck stand – und fand sich allmählich. Das 6:2 bei Rot-Weiß Achim war der Auftakt zu einem furiosen Schlussspurt. Kurioserweise waren es dann erneut exakt sieben Siege am Stück, ehe Aufstieg und Meisterschaft endgültig eingetütet waren. Das 2:0 in Heeslingen war ein Meilenstein, ein absoluter "Flash", wie es Oliver Schilling rückblickend nennt: "Große Kulisse, Flutlicht, Freitagabend, ein überragendes Spiel, die Party hinterher. Das hat den letzten Push gegeben." Nach dem 1:0 in Ritterhude wenige Tage danach, war sich auch Gerd Buttgereit sicher: "Wir werden die Tabellenspitze nicht mehr aus der Hand geben."
Mit dem 4:0 daheim gegen Lilienthal-Falkenberg war der Aufstieg bereits sicher, am vorletzten Spieltag folgte mit dem 3:1 gegen Sottrum auch der Titelgewinn. "Und der war wichtig, damit der Aufstieg keinen faden Beigeschmack hatte", verrät Oliver Schilling mit Blick auf den Fall SV Ippensen, der bekanntermaßen ja nur wegen eines fehlenden Jugendteams nicht aufsteigen durfte. So endete eine außergewöhnliche Spielzeit am Ende doch mit vielen Erfolgen und den entsprechenden Feierlichkeiten – die auf Mallorca einen krönenden Abschluss fanden. Mit Gerd Buttgereit und Oliver Schilling mittendrin.