Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Debatte im Kreis Osterholz Standortsuche für Windparks beginnt

Der Landkreis Osterholz muss neue Vorranggebiete für weitere Windparks ausweisen. Drei Stunden berieten die Abgeordneten jetzt über 14 sogenannte Suchräume. Bürger und Behörden werden im nächsten Jahr angehört.
21.09.2023, 15:42 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Standortsuche für Windparks beginnt
Von Bernhard Komesker

Landkreis Osterholz. Der Landkreis Osterholz hat die Suche nach neuen Windkraft-Standorten begonnen. Die Ausweisung von Vorranggebieten auf mindestens 1,23 Prozent der Landkreisfläche muss nach den Vorgaben des Landes Ende 2026 abgeschlossen sein, so die Kreisverwaltung; eine Lenkung der Anlagen wäre danach sonst nicht mehr ohne Weiteres möglich. Etliche Bürger sind beunruhigt, in den größeren Suchräumen im Sankt Jürgensland regt sich Protest. Auch aus der Kreispolitik kommen bereits erste Änderungswünsche.

Lesen Sie auch

Drei Stunden lang befasste sich der Umwelt- und Planungsausschuss des Kreistags mit dem Konzept der Kreisbehörde, über das die Redaktion am 14. September berichtet hatte. Etwa 60 Einwohner drängten sich auf den Zuhörerplätzen, um vor Sitzungsbeginn Fragen und Befürchtungen loszuwerden. Ein förmliches Beteiligungsverfahren für Bürger und Behörden soll im nächsten Sommer oder Herbst stattfinden, wenn der genaue Zuschnitt der kreisweit 14 Windenergieflächen feststeht. Davor und danach hat der Fachausschuss das Wort, damit der Kreistag das Konzept möglichst 2025, spätestens aber im Juni 2026, beschließen kann.

Baracke und Biotope im Blick

Bereits am kommenden Dienstag, 26. September, hat der Verwaltungsausschuss erste Vorentscheidungen zu treffen. Die Grünen drängen darauf, den "Suchraum Farge" um das Gebiet der denkmalgeschützten Baracke Wilhelmine zu verkleinern, sodass in diesem Suchraum – er soll künftig "Suchraum Neuenkirchener Heide" heißen – nur noch Flächen beim Tanklager unweit der Landesgrenze in Betracht kommen. Es sei geschichtsvergessen, einen Windpark in unmittelbarer Nähe des ehemaligen NS-Arbeitslagers und Massengrabs in Erwägung zu ziehen, schimpfte Fraktionschefin Dörte Gedat und konnte die SPD damit überzeugen.

Die Verwaltung indes erklärte, eine politische Bewertung müsse für alle Suchräume erst noch erfolgen, und einen Datensatz für Denkmäler habe man nicht. Bisher seien in einem automatisierten Verfahren lediglich die maximalen Potenzialflächen herausgefiltert worden. Auch der für Kraniche, Schwäne und Gänse bedeutsame Biotop-Korridor vom Huvenhoopsmoor zur Hammeniederung müsse im "Suchraum Heudorf" nun noch genauer betrachtet werden, erklärte Planungsdezernent Dominik Vinbruck.

Sorgen im Sankt Jürgensland

Die Gebiete für Hochwasser- und Artenschutz in den beiden Suchräumen des Sankt Jürgenslands haben ebenfalls solche Abwägungen noch vor sich. Eine Anwohnerin aus Höftdeich hatte in der Fragestunde besonders auf den Schutz der Störche hingewiesen, auch Landschaftsbild und Emissionen wurden ins Feld geführt. Amtsleiterin Friedrike Piechotta, die das bisherige Vorgehen der Behörde erläutert hatte, versuchte, die Gemüter zu beruhigen: "Suchflächen sind noch keine Vorranggebiete." Dafür gebe es ja noch die Bürger- und Trägerbeteiligung.

Die Grünen hätten den "Suchraum Sankt Jürgensland-West" zwischen Ritterhude und Niederende am liebsten gleich ganz herausgenommen, konnten sich damit aber zumindest jetzt noch nicht durchsetzen. Vinbruck erklärte, es handele sich zwar um einen ökologisch sehr wertvollen Bereich, der aber keine hohen Schutzauflagen habe. Bei späteren Einzelzulassungen blieben zwar weiterhin Vorgaben hinsichtlich Nabenhöhe, Fundament oder Betriebszeit möglich. Als Teilplan im regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) werden alte und neue Vorranggebiete jedoch keine Höhenbegrenzungen mehr enthalten. 

Windkraft im Wald

Auch Baumfällungen zugunsten von Windparks, wie es sie zur Anlieferung von Rotorblättern zuletzt in der Samtgemeinde Thedinghausen (Kreis Verden) gegeben hatte, seien grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Falls es keine Alternative gebe, komme es dann auf Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen an. Die Verwaltung gehe zunächst mit Suchräumen ins Verfahren, die sich auf 2,69 Prozent der Kreisfläche summieren – das Vierfache der heutigen Vorranggebiete. Erstens seien dann auch noch Abstriche möglich; zweitens habe der Kreistag per Klimaschutzkonzept beschlossen, beim Windkraftausbau nicht nur das absolute Minimum zu ermöglichen, sondern umgerechnet 1,54 Prozent der Landkreis-Fläche.

Lesen Sie auch

Für die SPD forderte Fraktionschef Udo Mester, die Verwaltung solle einmal durchrechnen, ob das Flächenziel zu erreichen wäre, wenn neue Windkraftanlagen auf die vier bis sechs Suchräume mit Waldgebieten konzentriert würden. Dabei sollen Varianten kleinerer Mindestabstände ebenso durchgespielt werden wie eine mögliche Beschränkung auf vorbelastete Waldflächen und /oder solche im Besitz der öffentlichen Hand. Die CDU sei ebenfalls dafür, sagte Mester.

CDU drängt auf RROP-Novelle

Das Muna-Gelände im Suchraum Lübberstedt/Hambergen, wurde der SPD-Sprecher von der Naturschutz-Expertin Jutta Kemmer belehrt, komme nach Angaben der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und ihrer Naturerbe-GmbH ohnehin nicht in Betracht. Dominik Vinbruck erwiderte, das schließe eine Betrachtung als Suchraum erst mal nicht aus. Einen Abgleich mit dem Landesraumordnungsprogramm und den Daten des NLWKN-Umweltservers, den Kemmer eingefordert hatte, werde es erst noch geben.

Lesen Sie auch

Unterdessen drängt die CDU, die Arbeit am Windkraft-Kapitel dürfe nicht dazu führen, dass der RROP-Gesamtplan auf die lange Bank geschoben werde. In den Rathäusern warte man sehnlichst auf neue Möglichkeiten zur Entwicklung von Wohn- und Gewerbeflächen, sagten Pascal Radon und Silke Paar (beide CDU). "Die Kommunen brauchen Planungssicherheit", forderte Paar. Radon sagte, es müsse doch möglich sein, beide Verfahren parallel voranzubringen und die Fristvorgabe bei den Vorrangflächen für Windkraft dennoch einzuhalten.

Die Kreisverwaltung hält das für ausgeschlossen und räumt dem Teilplan Windenergie wegen der Lenkungswirkung Priorität ein. Beide Verfahren seien personal- und zeitintensiv, externe Büros für so komplexe Planungen erfahrungsgemäß kaum zu finden. "Wir müssen die Weichen jetzt stellen", so Dezernatsleiter Vinbruck. Der Kreisausschuss soll nun auch in dieser Frage das letzte Wort haben.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Einwilligung und Werberichtlinie

Das kompakte Nachrichten-Update für den Landkreis Osterholz und umzu. Lesen Sie Montag bis Freitag jeden Abend die wichtigsten Nachrichten aus Ihrer Region.

Schließen

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)