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Schuleingangsuntersuchungen Kreis Osterholz lässt Nachfragen zu Elternfragebögen offen

Erika Simon von der Grünen-Kreistagsfraktion hat der Osterholzer Gesundheitsdezernentin Heike Schumacher Detailfragen zu den Schuleingangsuntersuchungen gestellt. Diese reagierte mit Unverständnis.
12.05.2023, 05:00 Uhr
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Kreis Osterholz lässt Nachfragen zu Elternfragebögen offen
Von Bernhard Komesker

Landkreis Osterholz. Die Grünen-Kreistagsabgeordnete Erika Simon wirkte verblüfft. Ihr detaillierter Antrag, die Verwaltung möge der Politik einmal Auskunft geben über Umfang und Verbleib der Daten, die das Gesundheitsamt bei den jährlichen Schuleingangsuntersuchungen der kommenden Erstklässler sammelt, hatte die zuständige Dezernatsleiterin Heike Schumacher ziemlich empört. Sie verbitte sich jedweden Zweifel, ob bei den Untersuchungen alles mit rechten Dingen zugehe, schimpfte Schumacher im Kreistagsausschuss für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz: "Das ist für uns vollkommen selbstverständlich, diese Frage stellt sich überhaupt nicht."

"Absolut datenschutzkonform"

Die Behörde gehe natürlich vorschriftsgemäß und zudem sehr sensibel mit den sensiblen Daten um, die bei den Tests und freiwillig ausgefüllten Elternfragebögen zusammenkommen, wurde Simon belehrt. Schumacher ermahnte sie, sich nicht vor den Karren eines einzelnen skeptischen Elternteils spannen zu lassen, welcher die Verwaltung seit Monaten mit Unterstellungen und Kritik in dieser Sache konfrontiert. "Es läuft alles absolut datenschutzkonform", wetterte die Dezernentin. "Wir halten uns an die vorgeschriebenen Löschkonzepte – und fertig!"

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Die Abgeordnete versuchte eine Rechtfertigung: Der Sinn der Schuleingangsuntersuchungen werde von ihr nicht bezweifelt. Sie habe auch niemanden beim Landkreis verdächtigt, sondern es sei Aufgabe und Funktion der gewählten Volksvertreter, die Exekutive zu befragen und zu kontrollieren. Dass die Verwaltung den dreiseitigen Fragenkatalog der Grünen in der Drucksache zur öffentlichen Ausschusssitzung weitestgehend unbeantwortet gelassen habe, sei ebenso irritierend wie Schumachers dünnhäutige Reaktion, legte die Politikerin nach.

Etabliertes Verfahren

So viel immerhin hatte Simon erfahren: Erhebungen und Untersuchungen, Inhalt und Abläufe, folgen laut Kreisverwaltung einem anerkannten, standardisierten Erhebungsverfahren. Es heißt "Sozialpädiatrisches Entwicklungsscreening für Schuleingangsuntersuchungen" (Sopess) und werde in vielen Landkreisen seit Jahren angewendet, so Schumacher. Daran sei also überhaupt nichts auszusetzen; wissenschaftliche Hintergründe zu Sopess könnten Politiker oder auch Eltern beim Landesgesundheitsamt erfragen.

"Wieso kann denn kein Amtsarzt Auskunft dazu geben?", wollte die Abgeordnete nun wissen. Wenn alles so laufe, wie es soll, müsse der Landkreis damit doch auch nicht hinterm Berg halten. Seit 2019 hatte es keine Ergebnispräsentation im Sozialausschuss mehr gegeben, wohl aber wurde zuletzt der Stellenplan für die Untersuchungen ausgedehnt (wir berichteten). Neben den nackten Zahlen – es sind kreisweit rund 1300 angehende Erstklässler pro Jahr betroffen – gehe es den Grünen auch um die Frage nach einer möglichen Weitergabe von Befunden etwa an die Schulleitungen.

Weitreichende Auskünfte

Vor allem die vom Gesundheitsamt erstellten Fragebögen, die den Eltern zu den Untersuchungen vorgelegt werden, haben die Grünen-Fraktion nach Transparenz und Datenschutz fragen lassen. Tatsächlich handelt es sich dabei um weitreichende Selbstauskünfte der Väter und Mütter. Neben Nationalität und Geburtsumständen sind auch elterlicher Schulabschluss und Erwerbstätigkeit anzugeben sowie die Einschätzung der Stärken und Schwächen des Kindes. Fragestellung und Beantwortung könnten mit impliziter Voreingenommenheit einhergehen, mahnte Simon, was Schumacher als geradezu übergriffig bewertete und zurückwies.

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Dabei scheint unstrittig: Eltern, Schulen und Kitas haben zuletzt immer wieder beobachtet, dass die kindliche Entwicklung unter den Pandemie-Beschränkungen gelitten hat. Die Frage, inwiefern sich das auch bei den Untersuchungen im Gesundheitsamt zeige, wie Eltern, Pädagogen und Ärzte damit umgehen und welche Schlüsse der Landkreis ziehe, sei legitim und von öffentlichem Interesse, argumentierte Simon. "Wir wollen den Kindern doch bestmögliche Förderung angedeihen lassen." 

Heike Schumacher blieb dabei: Während viele andere Landkreise in Niedersachsen die Untersuchungen wegen Corona vorübergehend zurückgefahren oder gar ganz eingestellt hätten, sei es Osterholz gelungen, sie in weiten Teilen aufrechtzuerhalten. Darüber könne die Verwaltung in einer der nächsten Sitzungen noch genauer informieren, bot sie an. Nachdem Martin Grasekamp (SPD) zu Protokoll gegeben hatte, er könne keinen Skandal erkennen, war die Grüne mit Schumachers Angebot zumindest halbwegs am Ziel – auch wenn der eigentliche Antrag vom Ausschuss mehrheitlich abgelehnt wurde. Die nächsten turnusmäßigen Sitzungen sind nun für 23. August und 28. November vorgesehen.

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