Osterholz-Scharmbeck. Der Krieg in der Ukraine wird erbitterter denn je geführt. Kein Ende in Sicht. Soziologen befürchten Gewöhnungseffekte und Aufmerksamkeitsdefizite. Im vierten Monat nach dem russischen Überfall auf den kleineren Nachbarstaat stellt Peter Göbel von "OHZ hilft Ukraine" fest, dass die Hilfsaktion sehr gut angelaufen sei, "aber zuletzt doch weniger los gewesen ist" am Sammellager in Hambergen. Dagegen will der umtriebige Versicherungsfachmann, der auch schon die Corona-Einkaufshilfe ins Leben gerufen hat, etwas unternehmen, "denn täglich sterben Menschen, und Hunderttausende leben in Angst und großer Not". Er will weg von der Logistik-Zentrale und hin zu Sammelstellen, die den Spendenwilligen kurze Wege ermöglichen.
Garage angemietet
Anfang der Woche konnte er bereits ein Dutzend Anlaufstellen melden, vorwiegend Einzelhändler, aber auch Schulen, die seine Spendenboxen aufstellen. Der Osterholz-Scharmbecker hat auch eine Garage angemietet, an einem zentralen Ort in der Kreisstadt, an der zu festen Öffnungszeiten Spenden abgegeben werden können. Sie soll als Umschlagplatz dienen, von dem aus die Waren nach Hambergen transportiert werden. Dort wird nicht nur der Lkw für den Hilfstransport beladen. Auch viele Ukrainer, die in den ersten Kriegstagen oft völlig mittellos im Landkreis Osterholz angekommen waren, konnten sich dort mit dem Nötigsten versorgen.
Der Projekt-Mitinitiator hofft besonders, dass er auch Supermärkte, Discounter und Tankstellenbetreiber für seine Initiative gewinnen kann. "Neben der Bereitschaft, eine Spendenbox aufzustellen, fällt ja keine zusätzliche Arbeit an." Die Idee dahinter: Die Konsumenten könnten auch noch haltbare Lebensmittel oder Babynahrung auf den Einkaufszettel setzen. Der Mangel an solchen Produkten ist in der Ukraine besonders groß. Dringend benötigt werden ferner Medikamente, Verbandsmaterialien, Milchpulver für Babys und Tiernahrungsmittel.
Göbel ist froh über die große Bereitschaft in Osterholz-Scharmbeck und Umgebung, sich um die Opfer der russischen Invasion zu kümmern. Es sind bereits drei vollbepackte 40-Tonner in die Ukraine geschickt worden und auch unversehrt am Bestimmungsort angekommen. "Inzwischen haben wir aber die Situation, dass sich manch einer überlegt, ob er für fünf Konservendosen, für ein Paket Windeln oder ein paar Gläschen Babynahrung nach Hambergen fahren soll. Lohnt sich dieser Aufwand überhaupt? Von Umweltaspekten wollen wir gar nicht erst sprechen." Es solle leichter werden, "Leben zu retten".
Zweieinhalb Wochen bis Kiew
Der erste Lkw war zweieinhalb Wochen unterwegs, weil Putins Militär damals noch Kiew einzunehmen versuchte und Beschuss oder Kaperung zu befürchten waren. Nach dem russischen Rückzug wurde es leichter für die Fahrer der Spedition aus dem westukrainischen Lemberg (heute Lwiw), in die Hauptstadt zu kommen. Beim nächsten Mal sollen von Kiew aus der Weitertransport nach Osten erfolgen, in die Millionenstadt Charkiw und in die Donbass-Region, wo der Krieg am heftigsten tobt und die Not der dort verbliebenen Menschen am größten ist. Ein brandgefährliches Unternehmen, bei dem nach der Überzeugung Göbels die Beteiligten aber wissen, was sie tun. Der vierte Lkw soll in etwa zweieinhalb Wochen losfahren, wie der Projektleiter hofft. "Wir wollen ja keinen halbvollen Lkw wegschicken." Fahrer und Fahrzeug werden von der Lwiwer Spedition gestellt, die Kosten für den Sprit – der Tank fasst 750 Liter Diesel – muss "OHZ hilft Ukraine" über Spenden decken.
Göbel will in den nächsten Tagen weitere Sammelstationen melden. "Ziel ist es, die Wege kurz zu halten und möglichst flächendeckend ein Netz von Abgabestellen aufzubauen." Deshalb bittet er Einzelhändler, die bereit sind, einen Karton in ihren Geschäften vorzuhalten um eine kurze Nachricht. "Sie erhalten nicht nur den entsprechend vorbereiteten Karton geliefert. Wir werden ihn darüber hinaus regelmäßig austauschen, sobald er voll ist."
Außerdem soll eine Liste mit Abgabestellen veröffentlicht werden, die ständig aktualisiert wird. Wer noch Fragen zum Projekt hat: Peter Göbel ist am besten unter der Mobiltelefonnummer 0173/7264434 zu erreichen. Oder per E-Mail an ohzhilftukraine@web.de. Ein Spendenkonto ist eingerichtet worden.