Zu einem Aprilscherz waren die beiden Männer, die sich in den frühen Morgenstunden des 1. Aprils 2024 in einem Auto an der Stoteler Waldstraße verabredet hatten, nicht aufgelegt. Es ging von vornherein um Schmerz und Schläge – erst einvernehmlich, dann aber so eskalierend, dass ein inzwischen 24-jähriger Bassumer sich nun wegen Körperverletzung vor dem Osterholzer Amtsgericht verantworten musste.
Dabei räumte das als Zeuge gehörte Opfer, ein heute 29 Jahre alter Mann aus dem Landkreis Cuxhaven ein, zunächst einen Post des Angeklagten in einem sozialen Netzwerk kommentiert zu haben. Daraus sei eine Unterhaltung entstanden, in der es dann darum gegangen sei, dass sich das spätere Opfer gerne schlagen lasse. Dazu verlas Strafrichterin Johanna Kopischke einen entsprechenden Chatverlauf, den es ein und zwei Tage zuvor gegeben hatte. Er habe den Bassumer auch nicht angezeigt, so der Zeuge, weil er ja selber Schuld habe. „Das war reine Dummheit", meinte er. Alkoholisiert sei er jedenfalls nicht gewesen.
Schläger unter Bewährung
Generell sei ihm das Ganze „extrem unangenehm“, so der 29-Jährige. „Ich bin freiwillig ausgestiegen. Es ist nicht zu dem gekommen, was ich mir erhofft hatte.“ Da aber war er bereits krankenhausreif malträtiert worden: ein blaues Auge, blutige Lippen, blaue Flecken an den Beinen und seiner linken Seite. Ein Foto der Polizei dokumentierte einige der Verletzungen, die seiner Aussage nach aber alle wieder verheilt seien.
Im Rahmen der Beweisaufnahme ging es dann außerdem um die Fragen, ob sogenannte Quarzsandhandschuhe zum Einsatz gekommen seien, ein Handy verschwunden, ein weiteres zerbrochen und ob Bargeld abhandengekommen sei. Zu den Handschuhen sagte der 29-Jährige einerseits: „Es war stockfinster. Ich kriege das nicht mehr zusammen.“ Andererseits war er aber der Meinung, doch Handschuhe gesehen zu haben.
Gemeldet worden sei ihnen ein Raubüberfall, sagte der als Zeuge gehörte Polizist. Man fuhr also in die Stoteler Waldstraße. Dort sei es so dunkel gewesen, dass sie das Auto nicht sofort gefunden hätten. "Nach einigen 100 Metern konnten wir ein Fahrzeug feststellen und eine Person, die augenscheinlich verletzt war", so der Beamte. Blutspuren seien zu sehen gewesen, und die angetroffene Person stand unter Schock“. Der Mann habe auf ihn „einen merkwürdigen Eindruck“ gemacht, „als wenn er nicht genau das sagte, was geschehen sei, sondern etwas weggelassen hat.“ Zugegeben habe er aber, dass er sich schlagen lassen wollte.
Bei dem Angeklagten gibt es Eintragungen im Bundeszentralregister unter anderem wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz und unerlaubten Entfernens vom Unfallort. Darüber hinaus stand er während der Tat unter laufender Bewährung.
Der Staatsanwalt sah den angeklagten Sachverhalt im Wesentlichen bestätigt. Der Cuxhavener habe sich demnach mit dem Bassumer über Instagram verabredet, er wolle geschlagen werden, und zwar in der Bauchregion. Doch dem Geschädigten sei ohne Absprache ins Gesicht geschlagen worden. „Er hat einen unmittelbaren Schlag gegen die Schläfe bekommen.“ Das sei eine lebensgefährdende Handlung“. Darüber hinaus ging der Staatsanwalt davon aus, dass dem 29-Jährigen unter Androhungen ein Handy abgenommen und ein zweites beschädigt worden sei. Der Angeklagte ist zwar dem Staatsanwalt zufolge geständig gewesen, aber in seiner Bewährungszeit gab es eine „hohe Rückfallgeschwindigkeit“. Er beantragte eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten, die noch für drei Jahre zur Bewährung auszusetzen sei. Hinzu solle noch eine Geldauflage von drei Monatsgehältern kommen.
Das sah Verteidiger Philip Martel anders. Nach seinen Worten gab es nur einen Schlag gegen die linke Gesichtshälfte. „Darum hat es keine lebensgefährdende Handlung gegeben.“ Ob Handschuhe dabei gewesen seien, könne man aufgrund der Dunkelheit nicht aufklären. Eine Nötigungshandlung sehe er auch nicht. „Da glaube ich meinem Mandanten, dass ein Handy nicht existent war.“ Außerdem sei der Zeuge „widersprüchlich“ gewesen und habe Erinnerungslücken. Den Aussagen des Zeugen ist dem Anwalt zufolge nicht „zweifelsfrei“ zu glauben. Martel beantragte einen Freispruch.
Strafrichterin Kopischke verurteilte den Bassumer dennoch zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 80 Euro (7200 Euro) wegen einfacher Körperverletzung. Die ursprünglich angeklagte gefährliche Körperverletzung hat sich nach ihren Worten nicht bestätigt. Über die Schläge sei sich zuvor „detailliert“ ausgetauscht worden. Da sei von „milden Schlägen gegen den Oberkörper“ die Rede gewesen. Einen Schlag gegen die linke Gesichtshälfte habe es aber gegeben. Der sei nicht mehr durch eine Einwilligung zuvor gedeckt gewesen.