Osterholz-Scharmbeck. Rund um das neue Feuerwehrhaus in Scharmbeckstotel stehen alle Räder still. Die Stadtverwaltung hat überraschend eine Baupause verhängt. Wie die Akropolis von Athen zieht der weiße Betonbau an der Hauptstraße derzeit die Blicke auf sich. Statt ratternder Bohrhammer hören die Nachbarn nun das Zwitschern der Vögel. Diese Stille bringt die Brandschützer geradezu aus der Fassung. Und zwar nicht nur, weil es eine Zwangspause wegen überhöhter Baustoffpreise gibt, sondern auch, weil die Feuerwehr-Spitze über die Entscheidung nicht informiert war.
Prominente Baustelle
Das Werkstattgespräch mit Ortsvorsteher Peter Schnaars bleibt vielen Scharmbeckstotelern in Erinnerung. Nicht allein wegen der neuen Zahlen zum Wulfsküche-Quartier, sondern auch wegen des Stillstands auf der prominenten Baustelle an der Hauptstraße. Denn nach dem verzögerten Baubeginn im November 2022 und Differenzen mit der Verwaltung steht nun fest, dass der Bau des neuen Feuerwehrkomplexes für mindestens vier Wochen ruht. Grund: Die Stadt holt neue Angebote für den Fassadenbau und die Dacheindeckung ein. Die vorliegenden Angebote seien überteuert, heißt es zur Erläuterung aus dem Rathaus.
Ortsvorsteher spricht von "Baustopp"
Scharmbeckstotels Ortsvorsteher Peter Schnaars machte den „Baustopp" beim Feuerwehrneubau anlässlich der Bürgerversammlung öffentlich. Zuvor war der Ortschef wegen seines ungeteilten Zuspruchs für das geplante Koenen-Quartier bei erbosten Bürgern heftig in die Kritik geraten (wir berichteten). Nach Schnaars' Baupause-Ankündigung geriet dann Bürgermeister Torsten Rohde in Erklärungsnot, der kurz zuvor noch für seine ablehnende Haltung zur Dimension der Koenen-Pläne ein Bad im Applaus der Teilnehmer hatte nehmen dürfen.
Scharmbeckstotels Ortsbrandmeister Ralph Meyerdiercks verlangte noch während des Werkstattgesprächs Aufklärung über die Zusammenhänge. Rohde indes entschuldigte sich postwendend: Die Entscheidung über die Baupause sei kurzfristig gefallen, so Rohde. Er habe keine Gelegenheit gefunden, die Neuigkeit der Feuerwehr vorab mitzuteilen, erläuterte er.
Hickhack und Kommunikationspanne
Wie man es auch sieht – Die Situation zeigt, dass sich die Kommunikation zwischen Verwaltung und Feuerwehr, zumindest nach außen hin, holprig gestaltet. Beobachter der Sitzung erkennen eine weitere Kommunikationspanne im Verhältnis zwischen Stadt und Feuerwehr. Und das, obwohl man sich nach dem Hickhack um Planung und Spatenstich gegenseitig Besserung gelobt hatte.
Rückblende: Nach Meinungsverschiedenheiten zu Bau und Ausführung, nach dem verschobenen Baustart und nach einem Machtwort des Bürgermeisters hatten der stellvertretende Stadtbrandmeister, Michael Dirschauer, und Ortsbrandmeister Andreas Lilienthal ihre Posten zur Verfügung gestellt. Nach dem neuerlichen Vorfall ist nun auch der neue Ortsbrandmeister in Scharmbeckstotel über die mangelnde Abstimmung verstimmt.
Rohde erläutert Entscheidung
Anlässlich des Werkstattgesprächs war Rohde um rasche Schadensbegrenzung bemüht. Er sprach von einem Versehen und vertraulichen Inhalten, die nun unverhofft an die Öffentlichkeit gelangt seien. Bei der von der Stadt ausgerufenen Baupause gehe es lediglich darum, die Baukosten einzufangen, betonte Rohde.
Im anschließenden Gespräch mit der Redaktion hebt er hervor, dass die Wogen wieder geglättet seien. Alle Beteiligten hätten sich gegenseitig zugesichert, „an einem Strang“ und diesen in die gleiche Richtung zu ziehen. „Es gibt überhaupt keinen Dissens“, so Rohde.
Zudem sei die Baupause „ein normales Verfahren“, das öfter vorkomme. Die Entscheidung sei am Tag des Werkstattgesprächs gefallen. Er habe also keine Zeit gehabt, den Sachverhalt der Feuerwehr in einem geeigneten Rahmen mitzuteilen. Dass man nun einige Wochen auf den Fortgang der Bauarbeiten warten müsse, sei kein Beinbruch: „Wir haben ein funktionierendes Feuerwehrgerätehaus.“
"Nicht um jeden Preis"
Denn klar sei auch, dass der Bau des neuen Gebäudes „nicht um jeden Preis“ erfolge. Die Kosten müssten im Auge behalten werden. In konkreten Fall seien die eingeholten Angebote für die Fassadenverkleidung und das Dach unverhältnismäßig hoch ausgefallen. Die Verwaltung hole deshalb neue Angebote ein.
Hintergrund ist, dass sich viele Handwerksunternehmen zuletzt zu überteuerten Preisen mit Material eingedeckt hatten. Da die Marktpreise mittlerweile gesunken sind, wollen die Firmen nun die überhöhten Einkaufspreise auf die Kunden abwälzen. Die Verwaltung möchte "dieses Spiel" nicht mitspielen, wie Baudezernent Manuel Reichel von der Stadt erläutert. Er spricht von Zehntausenden Euro, die aus Sicht der Verwaltung zu viel bezahlt würden. "Wir lehnen diese Mitnahmeeffekte ab", so Reichel.
Er rechnet damit, dass es in vier bis sechs Wochen mit dem Bau weitergehen kann. Ohnehin versuche man, die Arbeiten im Rohbau unterdessen fortzuführen. So könnten vorbereitende Arbeiten für die Elektrik- oder Sanitärgewerke in der Zwischenzeit erledigt werden. So gesehen, gebe es eigentlich keine Baupause und schon gar keinen Baustopp, betont der Dezernent.