Einen Solarpark wird es in Wilstedt nur geben, wenn die dafür vorgesehenen Flächen ökologisch erheblich aufgewertet und dauerhaft aus der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung herausgenommen werden. Ein Schreiben der Gemeinde mit dieser Kernaussage ist am Dienstag an den Projektierer, die acht Grundstückseigentümer und die Mitglieder des Gemeinderats gegangen.
Was bedeutet das?
Damit reagieren Bürgermeister Traugott Riedesel und seine Kolleginnen und Kollegen aus dem Gemeinderat auf den anhaltenden Unmut im Dorf. Wie berichtet, stoßen die Pläne der Firma WiNRG, die westlich der Straße An der Reitbahn bis zu 25 Hektar mit Solarmodulen bebauen will, bei einigen Wilstedtern auf Skepsis und Ablehnung. "Die Stimmung ist miserabel", sagte die Ratsfrau Astrid Schmidt am Montag im Dorfentwicklungsausschuss. Um das Dorf zu befrieden, regte sie die Einberufung einer Bürgerversammlung an, "um offen und frei darüber zu diskutieren, was gerade im Dorf passiert. Viele glauben, dass die Sache bereits beschlossen ist".
Ist die Sache längst beschlossen?
"Nein, selbstverständlich nicht", sagt der Bürgermeister. Eine Entscheidung für oder gegen den Solarpark soll in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats am Montag, 26. Mai, fallen. Eine Zustimmung zu dem Projekt werde es nur geben, wenn alle Forderungen der Gemeinde erfüllt und vertraglich fixiert werden. Der Forderungskatalog der Gemeinde basiere auf Gesprächen mit Fachleuten von Nabu, Fraunhofer-Institut und mit Jägern. Außerdem seien etliche konstruktive Anregungen aus der Bevölkerung aufgenommen worden, ergänzte der Ratsherr Stephan Kück-Lüers.
Was genau will die Gemeinde?
Am nördlichen Rand der Straße An der Reitbahn soll ein 100 Meter breiter Streifen nicht mit Solarmodulen belegt, sondern mit Büschen und Bäumen und extensiv zu pflegenden Freiflächen angelegt werden, damit eine offene, teils begehbare 3,5 Hektar große Fläche entsteht – als Blickschutz und naturnaher Raum. Die Kosten für Anlage und Pflege trägt die ersten acht Jahre der Betreiber, danach wird für die Dauer der Verpachtung die Gemeinde zuständig. Die Abstände zwischen den Modulreihen sollen mindestens vier Meter betragen. Die Hinweise für den Bau von naturverträglichen Solarparks des niedersächsischen Landkreistags und des Umweltministeriums, die sich weitgehend mit den Empfehlungen von Nabu und Jägerschaft deckten, sollen in der Planung umgesetzt werden. Das Pflegekonzept und die Aussaat unter und zwischen den Modulen müsse einer erheblich verbesserten Biodiversität von Flora und Fauna dienen und wissenschaftlich begleitet werden. Die fachlich korrekte Pflege der Flächen sei durch eine Fachfirma langfristig sicherzustellen.
Wie geht es nun weiter?
Der Projektierer und die Landwirte, die die Flächen verpachten sollen, haben nun bis zum 26. Mai Zeit zu überlegen, ob sie auf die Bedingungen eingehen wollen und können. Bürgermeister Riedesel geht davon aus, dass die Vorgaben der Gemeinde das Projekt so teuer machen würden, dass es unwirtschaftlich wird: "Ich rechne damit, dass der Solarpark unter diesen Voraussetzungen nicht kommt." Der Projektierer müsse nun offen und konstruktiv mit den Landwirten kommunizieren und auch klarstellen, dass die in dieser Weise erheblich aufgewerteten Flächen auch bei einem Rückbau des Solarparks nicht mehr einer intensiv betriebenen Landwirtschaft zur Verfügung stehen würden.
Gibt es nun eine weitere Bürgerversammlung?
Nein, zumindest nicht bis zum 26. Mai, da die meisten Ratsmitglieder offenbar ohnehin davon ausgehen, dass sich der Wilstedter Solarpark wegen der strengen Vorgaben erledigt hat. "Wir reden hier von einer faktischen Enteignung der Grundstücksbesitzer", sagte Kück-Lüers. Ebenso wie Riedesel sprach er sich gegen eine weitere Bürgerversammlung aus. In den beiden vorausgegangenen Infoveranstaltungen seien bereits alle Argumente ausgetauscht worden. Er erwarte keine neuen, dafür höre er im Dorf "viel Unsachliches". Für die schlechte Stimmung im Dorf machte Riedesel "Politikversagen" verantwortlich: Einerseits verführe die Finanznot manche Gemeinden, großen Projekten zuzustimmen, weil sie sich Einnahmen erhofften. Zudem habe es beispielsweise der Landkreis versäumt, hohe ökologische Standards für Solarparks zu entwickeln.