Rotenburg/Verden. Ihre Verteidigerin hatte maximal zwei Jahre Haft beantragt, ausgesetzt zur Bewährung. Dass die 23-jährige Angeklagte darauf nicht hoffen durfte, war ziemlich klar. War doch die Forderung des Vertreters der Staatsanwaltschaft völlig anders ausgefallen: achteinhalb Jahre Gefängnis. So viel sollte und musste es aus Sicht der Landgerichts Verden denn doch nicht sein. Die 10. große Strafkammer hat die junge Frau, die zuletzt berufsbedingt in Rotenburg wohnte, am Dienstag zu einer Freiheitsstrafe von fünfeinhalb Jahren verurteilt.
Damit ahndete das Gericht nach vier Verhandlungstagen die drei eingestandenen Taten, die sie am 4. und 5. November vergangenen Jahres gemeinsam mit ihrem gleichaltrigen Ex-Freund in der Nähe des Friedhofs in Bothel (Kreis Rotenburg) begangen hat. Die Angeklagte wurde für schuldig befunden, besonders schwere räuberische Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verübt zu haben, außerdem besonders schweren Raub sowie versuchten schweren Raub und gefährliche Körperverletzung. Opfer der brutalen Überfälle „in dunkler, einsamer“ Gegend waren, wie berichtet, drei Männer, mit denen das Duo zuvor Verabredungen zum Sex mit einer 16-Jährigen, also einer noch Minderjährigen getroffen hatten.
So schonend wie möglich und so deutlich wie nötig erläuterte der Vorsitzende Richter der Angeklagten, wieso sie nun „für so lange Zeit“ in Haft müsse und warum man letztlich nicht auf minderschwere Fälle erkannt habe. Sie sei an der längeren Vorbereitung und Durchführung der zur Geldbeschaffung gedachten Taten beteiligt gewesen und habe es billigend in Kauf genommen, dass der Freund gewalttätig werden könnte. Gleichwohl glaube man ihr, dass sie über das Ausmaß der Gewalttätigkeiten, vor allem die massiven Schläge mit einem Teleskopstock, wohl überrascht gewesen sei. Von einigen Phasen der Tathandlungen hatte die aus Hattingen stammende Frau per Handy Videoaufnahmen gefertigt.
Der Bruch in ihrem bis dahin „geordneten“ Leben sei dadurch einstanden, dass sie „einmal kapital falsch abgebogen“ sei, so der Vorsitzende. „Sie haben sich auf einen Menschen eingelassen, der Ihnen nicht gut getan hat“. Der Mann, der sich ab dem kommenden Montag vor dem Landgericht verantworten muss, dürfte sie durch Gewalt und psychischen Druck zur Mittäterschaft gebracht haben. Es seien „wesensfremde Taten“ für die Angeklagte: „Das sind Sie nicht, das waren Sie nicht und werden Sie nicht mehr sein“- Davon gehe man aus, sagte der Richter in der ausführlichen Urteilsbegründung.