Alles hat seine Zeit. Genauso wie der rote Mohnblumenstrauß im Verdener SPD-Bürgerbüro vergänglich ist, ist auch die Amtszeit eines SPD-Vorsitzenden begrenzt. Stolze 15 Jahre hat Gerard-Otto Dyck, genannt Gerd, die Geschicke des Verdener Ortsvereines geprägt. Verglichen mit der Bundespartei, die in diesem Zeitraum sage und schreibe ein halbes Dutzend Chefs verschlissen hat, ist die Verdener Sozialdemokratie geradezu ein Hort der Stabilität. Während der Jahreshauptversammlung am Donnerstag, 19. März, im Restaurant Liekedeeler (19.30 Uhr) übergibt der Scharnhorster seinen aktuell 185 Mitglieder zählenden Ortsverein nun in jüngere Hände. Benedikt, genannt Bene, Pape (24) steht bereits als Nachfolger bereit.
„Die soziale Frage war immer mein Ding, schon damals als Zivi im Annastift in Hannover“, erinnert sich der aus Masuren stammende dreifache Familienvater. Dyck kommt aus einer klassischen Arbeiterfamilie, kam als kleiner Steppke nach einem kurzen Aufenthalt in Friedland nach Bremen. Schon als Gymnasiast habe er bei Klöckner „Schichten gekloppt“. Allerdings hat er erst zur Jahrtausendwende bei den Sozialdemokraten eine politische Heimat gefunden. „Ich habe aber schon 1996 auf dem Ticket der SPD für den Ortsrat in Scharnhorst kandidiert“, erzählt Dyck, der 1980 am Studienseminar Verden seine spätere Frau Heilwig kennengelernt hat. Nach Stationen an den Schulstandorten in Oyten und Kirchlinteln zog es den Pädagogen später ins rotenburgische Visselhövede. Die Verschmelzung von Haupt- und Realschule, später auch zur Oberschule mit gymnasialem Zweig, hat er als Rektor maßgeblich mitgestaltet. Dyck hat an der Vissel auch die Ganztagsschule mit auf den Weg gebracht. 2018 ist er in den Ruhestand gegangen, zeitgleich hat auch seine Frau als langjährige Leiterin der Kirchlintler Büchereien das Zepter aus der Hand gegeben. Seitdem geht es das Paar etwas ruhiger an. Frei nach Udo Jürgens fängt ja bekanntlich auch mit 66 Jahren erst das Leben an.
Die Verdener Genossen hat Gerard-Otto Dyck übrigens 2005 von einem prominenten Vorgänger übernommen, nämlich von Verdens heutigem sozialdemokratischen Landrat Peter Bohlmann. Nach einer Legislaturperiode im Verdener Stadtrat und einer fast erfolgreichen Kandidatur für den Niedersächsischen Landtag (erster Nachrücker) hat der Scharnhorster seinen persönlichen Fokus allerdings auf die Schule in Visselhövede gelegt, dafür erfolgreich Geld in Millionenhöhe eingeworben. Die dortige Oberschule bezeichnet er heute als „Erfolgsgeschichte“.
Dyck wäre nicht Pädagoge, wenn er nun bei den turnusgemäß anstehenden Vorstandswahlen im SPD-Ortsverein Verden nicht den Weg für die jüngere Generation freimachen würde. Seinem Wunschnachfolger Benedikt Pape attestiert er ein großes „politisches Gespür“. Obendrein sei dieser noch jung und dynamisch. Obwohl er zu Spitzenzeiten schon einmal weit über 200 Mitglieder gezählt hat, gilt der SPD-Ortsverein Verden immer noch als der größte im Kreisgebiet. Gerade konnte Dyck wieder mehrere Neueintritte vermelden. Jüngster Coup der Verdener Genossen war natürlich, dass es ihnen trotz Stichwahl erneut gelungen ist, Lutz Brockmann als Verdener Bürgermeister zu installieren. Dycks Augen beginnen zu leuchten, wenn er an den Wahlkampf – Seit an Seit mit den Verdener Jungsozialisten (Jusos) – zurückdenkt. Weil er schon früh erkannt hat, dass er dem Nachwuchs eine Chance geben muss, hat Dyck den Juso Benedikt Pape bereits vor einiger Zeit zu seinem Vize im Ortsverein gemacht. Mitte März erklimmt sein Kronprinz nun also – vorbehaltlich dem Votum der Mitglieder – endgültig den Thron. Außerdem wird er für Jutta Sodys in den Verdener Stadtrat nachrücken und somit weiter sein politisches Profil schärfen.
Bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg haben die Genossen gerade wieder einmal gezeigt, wie Volkspartei geht. „Zwischen der Arbeit auf Kommunal- und Landesebene sowie der Wahrnehmung der SPD auf Bundesebene herrscht eine Diskrepanz“, ist der Scharnhorster überzeugt. Zum einen könne die fehlende Regierungsanbindung des neuen Führungsduos Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans ein Nachteil sein, zum anderen aber auch eine Chance auf freie Meinungsäußerung abseits jegliche Koalitionsdisplizin eröffnen.
In Dycks Dorf Scharnhorst ist die Sozialdemokratie mit ihm als langjährigem Ortsbürgermeister noch immer obenauf. Neben dem Schutz des Trinkwassers (Stichwort Gasförderung) hat er sich auch die Einheit des Ortes auf die rote Fahne geschrieben. Genauso wie die SPD aus den drei Strömungen Parlamentarische Linke, Netzwerker und Seeheimer besteht, existiert auch in seiner Heimat eine Dreigliedrigkeit aus Scharnhorst, Neumühlen und dem Osterkrug. Auch wenn er den Ortsverein offiziell in jüngere Hände gibt, will er aber auf sein Kreistagsmandat und den geliebten Ortsbürgermeister-Posten dennoch nicht verzichten.