Als „Haus der Barmherzigkeit“ gründete die aus Berlin stammende Krankenschwester Helene Grulke im Jahr 1932 in Cluvenhagen eine Einrichtung, in der pflegebedürftigte und beeinträchtigte Menschen ein Zuhause finden. Es war ihr Lebenswerk, das 1969 im Jahr ihres Todes, in eine Stiftung umgewandelt wurde – die Stiftung Waldheim. 50 Jahre ist dieses Ereignis nun her. Mit einem Festakt im Schloss Etelsen am Freitag zelebrierte die Stiftung ihr 50-jähriges Bestehen und blickte zurück auf die Anfänge, aber auch auf das, was noch kommen wird.
„Ich denke, dass in den letzten 50 Jahren viele Dinge richtig gemacht wurden“, sagte Dieter Haase aus dem Vorstand der Waldheim-Stiftung. Sollte rückblickend sogar von einer wahren Erfolgsgeschichte gesprochen werden? Diese Frage richtete er an die Gäste. Immerhin sorgen fast 750 Mitarbeiter der Stiftung und den Tochtereinrichtungen für die Betreuung und Begleitung von über 800 Menschen mit Beeinträchtigungen. Eine „bemerkenswerte“ Infrastruktur sichere die Handlungsmöglichkeiten der Einrichtung. „Wäre es nicht eher eine Erfolgsgeschichte, wenn es Einrichtungen wie die Stiftung Waldheim nicht mehr geben müsste, weil alle Menschen in der Gesellschaft gut zusammen leben?“, gab Haase zu Bedenken.
Aus politischer Perspektive ist die Stiftung-Waldheim eine wichtige Institution, erklärte Landrat Peter Bohlmann als einer der geladenen Laudatoren: „Barmherzigkeit und Moral bleiben hier nicht auf der Strecke. Generationen von Menschen haben hier eine Heimat gefunden und ich hoffe, dass dies weiterhin der Fall sein wird.“
Gelebte Integration
Auch der Langwedeler Bürgermeister Andreas Brandt betonte die Bedeutung der Stiftung Waldheim für den Flecken, aber auch für den gesamten Landkreis Verden. Sie sei ein prägender Teil der Geschichte Cluvenhagens und ein Aushängeschild für den Flecken Langwedel. „Nicht nur, dass die Waldheim-Stiftung ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, die zahlreichen Bauprojekte zeugen auch von gelebter Integration“, sagte Brandt und verwies etwa auf die neu geplante Wohnstätte für die Stiftungsbewohner mitten im Herzen Langwedels.
Die musikalische Untermalung des vormittäglichen Festaktes übernahmen dabei der Achimer Songschreiber Till Simon, der mit seinen gefühlvollen und tiefgründigen Songs beeindruckte, sowie die Crazy Chor Company, die mit Enthusiasmus und voller gesanglicher Begeisterung das Jubiläum der Stiftung Waldheim feierte.
Welche Förderungsmöglichkeiten die Einrichtung mittlerweile anbietet, zeigt sich an Jacqueline Seibert. 2015 ist die 22-Jährige in die Waldheim-Sitftung eingetreten, lebte zunächst in einer der zahlreichen Wohngruppen in Cluvenhagen. Mittlerweile lebt sie mit drei anderen Mitbewohnern in einer Außen-WG und arbeitet in der Großküche der Stiftung. Jeden Tag versorgen sie und ihre 17 Kollegen die Schüler der Helene-Grulke-Schule und anderen öffentlichen Einrichtungen mit einer Mittagsmahlzeit. „Das macht mir viel Spaß. Ich bin hier gut aufgenommen worden“, sagte Seibert.
Über eigenen Schatten gesprungen
Ihr Handicap, weshalb sie bei manchen Tätigkeiten auf Unterstützung angewiesen ist, war für die junge Frau in frühen Jahren eine Last, besonders in der Schule, wo sie oft geärgert wurde. „Aber ich bin über meinen Schatten gesprungen“, zeigt sich Seibert nun selbstbewusst und lässt sich nicht von ihrer Beeinträchtigung unterkriegen. Ganz im Gegenteil: Sie ist ehrenamtlich im Verein „Tiere Schenken Glück“ tätig und begleitet regelmäßig das tierische Besuchsteam in Seniorenzentren und ähnliche Einrichtungen.
Vor zwei Jahren ist Seibert auch zur Bewohnervertretung der Stiftung Waldheim gewählt worden, berichtete sie stolz: „Die Bewohner können mit Problemen zu mir kommen und ich vermittel dann mit den Betreuuern.“ Eine Aufgabe, die die junge Frau sehr ernst nimmt. „Jacqueline ist ein beeindruckendes Vorbild dafür, wozu die Bewohner in der Lage sind“, erläuterte Katharina Englisch, die die Öffentlichkeitsarbeit der Stiftung leitet und einen guten Draht zu den Bewohnern pflegt.
Jacqueline Seibert ist froh, dass es die Angebote der Stiftung Waldheim gibt und freut sich, an der Jubiläumsfeier teilnehmen zu dürfen. Doch aus ihrer Sicht gibt es auch in den kommenden Jahren viel zu tun: „Es sollte mehr junge Azubis geben, dann können auch mehr Menschen mit Beeinträchtigungen einziehen.“