"Die bevorstehende Reitpferde-Auktion verspricht interessante Einkaufsmöglichkeiten bei gestiegener Pferdequalität. Die Reise nach Verden lohnt sich immer." Es ist 36 Jahre her, dass Rainer Kiel, der damalige Auktionsleiter des Hannoveraner Verbandes, mit diesen Worten auf die erste Versteigerung im Winter einstimmte. Die Januar-Auktionen sind seither zu einem festen Bestandteil im Jahresprogramm geworden. Und was Kiel vor der Premiere 1986 im Vorwort des Katalogs schrieb, darf auch für die bevorstehende Verkaufsveranstaltung gelten. Dafür eigens in die Reiterstadt zu reisen ist allerdings nicht nötig.
In das Jahr seines 100. Bestehens startet der Pferdezuchtverband mit einer Auktion in der Form, wie sie aufgrund der Corona-Pandemie seit dem Frühjahr 2020 in der gesamten Branche zwangsläufig gang und gäbe geworden ist: Die ausgewählten Kandidaten kommen unter den virtuellen Hammer. Die Kollektion hält diesmal 71 Nachwuchspferde für Dressur- und Springsport bereit. Gebote können bereits seit zwei Tagen abgegeben werden, das Versteigerungsfinale findet jedoch erst diesen Sonnabend, 22. Januar, ab 14 Uhr statt. Kaufinteressenten, die mehr oder weniger lange Reisen nach Verden nicht scheuen, können die Auktionspferde noch bis zum 22. Januar begutachten und nach Absprache probereiten.
Als im Januar 1986 in der Niedersachsenhalle die erste Winterauktion über die Bühne ging, hatte der Verband hannoverscher Warmblutzüchter, wie er noch hieß, gerade erst ein bedeutendes Ereignis hinter sich. Zwei Wochen zuvor wurde das an die Halle angrenzende neue Geschäftshaus an der Lindhooper Straße eingeweiht. Der knapp eine Million Mark teure Bau war nach sechsmonatiger Bauzeit fertiggestellt worden. Noch bis 1985 befand sich der offizielle Sitz des Züchterverbandes in Hannover. Die Verkaufsabteilung war aber schon drei Jahre zuvor nach Verden umgesiedelt, wo immerhin seit 1949 mit stetig wachsendem Erfolg Pferde versteigert wurden.
Bei den etablierten halbjährlichen Elite-Auktionen im April und Oktober sollte es nicht mehr bleiben. Nach Einführung der Sommer-Auktionen kam als weitere Vermarktungsmöglichkeit die Winter-Auktion hinzu. Ein willkommenes Angebot, wie sich zeigen sollte, wenngleich der Auftakt nicht bombastisch ausfiel. „Wir wussten, dass es auf dieser Versteigerung nicht überschäumen würde“, wurde Rainer Kiel seinerzeit in den Verdener Nachrichten zitiert. „Auktion mal zäh, mal zügig“, lautete die Überschrift des Beitrags über die Bilanz. Chef Kiel, der im Herbst 1984 die Nachfolge von Hans-Joachim Köhler angetreten hatte, wertete das Ergebnis als insgesamt zufriedenstellend.
Internationales Interesse seit Jahrzehnten
In Zahlen ausgedrückt: Von 60 offerierten Pferden fanden 58 neue Besitzer, die unterm Strich 557.200 Mark zahlten. Der Durchschnittspreis betrug exakt 9606,89 Mark und die Spitzensumme von 21.000 Mark wurde gleich für zwei hoffnungsvolle Hannoveraner berappt: den Schimmelwallach Wickler v. Wendekreis und den Fuchswallach Friedericus Trapp v. Friedericus Rex. Das internationale Interesse an Pferden aus Verden spiegelte sich in der Exportstatistik wider. Allein acht Tiere standen für die Vereinigten Staaten zu Buche, vier für die Schweiz. Verstärkte Begehrlichkeit hatten Pferde aus dem deutschen Norden offenbar im Süden geweckt: Ein Viertel der Kollektion wurde von bayerischen Kunden erworben.
Vor 20 Jahren, bei der 17. Winter-Auktion, sah das abschließende Zahlenwerk anders aus. 99 Reitpferde kosteten im Schnitt 10.016 Euro – ein neuer Rekord für den Januar. Da der Euro gerade erst als EU-Währung eingeführt worden war, wurde auch servicemäßig noch der alte Preis notiert: 19.531 Mark. Die Tageshöchstsumme von 25.500 Euro erlöste der fünfjährige Fuchs Fantastic v. Fabriano, ausgestellt von Familie Dittmer (Kirchlinteln-Lehringen). 40 Pferde gingen ins Ausland, davon 15 in die USA, sieben nach Großbritannien und sechs nach Kanada.
Die Online-Auktion vor zwölf Monaten endete dagegen bei 54 abgesetzten Pferden mit einem Durchschnittspreis von 19.500 Euro, einem Top-Preis von 81.500 Euro und einem Nettoumsatz von 1,03 Millionen Euro. Was sich diesmal ergibt, bleibt abzuwarten. Das Angebot umfasst 48 Dressur- sowie 23 Springpferde und laut Verband „für jeden Anspruch den passenden Partner“.