Es wirkte ein wenig wie in einer verkehrten Welt: Lasse Metzing schnappte sich den Ball und warf ihn nach einem schnellen Gegenstoß in den Kasten des THW Kiel. In der Aller-Weser-Halle brandete riesiger Jubel auf. Wer es nicht besser wusste, hätte denken können, die HSG Verden-Aller steht kurz davor, den großen Favoriten aus Schleswig-Holstein zu bezwingen. Doch dem war nicht so – bei Weitem nicht. Als die Zuschauer frenetisch jubelten, hatte Metzing den 15. Treffer des Jugendhandball-Bundesligisten aus der Reiterstadt erzielt. Die Kieler hatten zu diesem Zeitpunkt bereits 37-mal getroffen. Später endete das Spiel mit 48:23 für die "Zebras". Diese Szenerie nach Metzings Treffer zeigte jedoch: Die Anhänger der jungen Verdener Truppe wussten die Niederlage gegen den Favoriten aus Kiel richtig einzuordnen.
Dass die Zuschauer die HSG trotz des hohen Rückstandes nicht im Stich gelassen haben, freute besonders den Trainer des Bundesliga-Neulings. "Dass bei solch einem Spielstand die Halle aufsteht, kommt sicherlich nicht so häufig vor", sagte Sascha Kunze nach dem Abpfiff mit einem Grinsen im Gesicht. Selbstredend hätte sich der Coach ein besseres Resultat erhofft – zumal die HSG Verden-Aller noch in der Vorrunde gegen den Nachwuchs aus Kiel eine Halbzeit lang gut mitgehalten hat. Diesmal waren die Verdener in beiden Hälften absolut chancenlos.
Kiel will mit Macht in die K.o.-Runde
Dass die Kieler jetzt – am zweiten Spieltag der Hauptrunde B – einen bärenstarken Auftritt in der Aller-Weser-Halle hingelegt hatten, verwunderte Kunze kaum. Schließlich hatten die Kieler die Hauptrunde A und somit die direkte Qualifikation für die spätere K.o.-Runde verpasst. Kunze hatte daher damit gerechnet, dass der THW mit Wut im Bauch in jedes Hauptrundenspiel geht. Diese Einschätzung bestätigte Kiels Coach Andre Lohrbach: "Wir wollen in die K.o.-Runde und nehmen jetzt Anlauf dafür", sagte der Trainer.
Die Stärke des Teams aus Schleswig-Holstein war jedoch nur ein Grund für den großen Unterschied. "Es gab bei uns positive Phasen. Die haben aber nun einmal nicht überwogen. Wir müssen unsere Leistung bringen. Und das ist uns gegen Kiel nicht immer gelungen. Dass die Jungs es jedoch besser können, wissen sie genau", machte Kunze deutlich, dass er nicht rundum zufrieden mit seiner Sieben war.
Team lebt seinen Traum
Für Sascha Kunze geht es nun darum, "dass wir diese Niederlage schnell aus den Köpfen bekommen." Allerdings müsse das Spiel eben auch richtig einsortiert werden. Auf der einen Seite stand mit dem THW Kiel eine Mannschaft, für die die Bundesliga-Teilnahme Pflicht ist. Diesem Team gegenüber standen junge Handballer, die gerade ihren großen Traum leben. "Es wird jetzt sicher Leute geben, die sich fragen, was wir in der Jugend-Bundesliga zu suchen haben. Aber: Wir haben uns für diese Liga nun einmal qualifiziert. Wir wurden nicht gelost oder sonst etwas. Die Jungs haben sich die Bundesliga verdient."
Kunze sei es daher sehr wichtig, dass seine Mannschaft das Publikum in der Schlussphase des Kiel-Spiels noch einmal von den Sitzen geholt hat. "Wir müssen mitnehmen, dass wir uns in den letzten zehn Minuten nicht komplett hängen lassen haben", lobte Kunze seine Mannschaft. Dadurch habe seine Sieben die Zuschauer doch noch zum Jubeln gebracht. "Wir hoffen natürlich, dass sie wiederkommen", sagte Kunze.
Die Unterstützung des Publikums könne sein Team gleich im nächsten Spiel gebrauchen. Denn am Sonntag kommt mit der JSG HLZ Ahlen ein Kontrahent in die Aller-Weser-Halle, der für die HSG Verden-Aller durchaus zu besiegen ist. Das ist auch das erklärte Ziel von Trainer Kunze: Im achten Saisonspiel sollen die ersten Punkte her. Über allem stehe aber weiterhin ein anderes Motto: "Wir wollen immer weitermachen und das große Abenteuer Bundesliga genießen." Dazu zählt eben auch, hohe Niederlagen gegen Bundesliga-Urgesteine richtig einzuordnen.