Man könnte es fast mit der Angst kriegen – so schwerelos zwischen den Bäumen. Doch Pascal und Kimberly hangeln sich tapfer von einem Element zum nächsten. Es ist das erste Mal, dass sie im Kletterpark Verden sind. Sogenannte Kletterwälder oder Hochseilgärten gibt es im ganzen Land. Sie bestehen aus mehreren Masten oder Bäumen, die durch Seilbrücken, Taue oder Netze miteinander verbunden sind. Ziel ist es, den Parcours mit eigener Kraft zu bewältigen.
Die Gesamtlänge der Kletterstrecke in Verden beträgt rund 800 Meter und umfasst etwa 50 verschiedene Stationen. Es gibt sechs Parcours in verschiedenen Höhen bis maximal zehn Meter sowie unterschiedliche Schwierigkeitsstufen. Das neue Highlight ist für die Kletterer eine im Frühjahr gebaute Rampe. Zudem können Kinder auf einem Probeparcours ihre Fähigkeiten für hohe Herausforderungen trainieren.
Einweisung erfolgt am Boden
Doch bevor es zum ersten Mal in die Baumkronen gehen kann, gibt Teamerin Iris Meisloh den Teilnehmern erst einmal eine Einweisung in das Sicherheitssystem des Erlebnisparks. Dazu werden die Kletterer mit einem Gurt sowie einem Helm ausgestattet. Der Gurt sorgt für Halt und Sicherheit beim Klettern. Im Falle eines Absturzes muss er den Fall auffangen und den Sportler dabei in eine schützende, stabile Position bringen. Dafür verbindet er den Körper mit dem Sicherungssystem.

Im Einführungsparcours lernen Ida und die anderen Kletterer, wie das umlaufende Sicherungssystem funktioniert.
„Wir haben uns für ein durchlaufendes System aus Belgien mit einem sogenannten Expogleiter entschieden, das es so nur drei Mal in Deutschland gibt“, erzählt Jan Feldmann, Leiter der Jugendherberge und des dazugehörigen Hochseilgartens. Der Vorteil der Technik sei, dass die Sicherung während des Klettervorgangs nie aufgehen könne. „Die ist in der Anschaffung zwar etwas teurer gewesen, aber es lohnt sich.“
Im einen Meter hohen Probeparcours begutachtet Iris Meisloh noch einmal, ob alle Teilnehmer die Grundlagen anwenden können. „Wichtig ist, dass ihr am Anfang der Strecke immer eure Sicherung reinmacht. Die läuft dann permanent mit euch mit“, erklärt die Parkmitarbeiterin den Kletterern. Dann geht es hoch hinaus. Dafür gilt es unter anderem, über wackelige Balken zu balancieren, sich über Seile zu hangeln und Hängebrücken oder übergroße Netze zu überwinden. Herunter geht es zum rasanten Abschluss per Seilbahn.

In den sechs Kletterparcours gibt es verschiedene Elemente zum Springen, Hangeln und Gleiten.
Von ganz jungen Besuchern bis zu Senioren reiche die Altersspanne, erzählt Feldmann. Und die Hobby-Kletterer präsentieren sich auf den Parcours ganz unterschiedlich: Es gebe Kinder, die ganz unbedarft drauflos kletterten. Und dann gebe es die Sportskanonen, die mit ihrer Angst kämpften. „Männer, Frauen, Kinder, Alt und Jung – da passen die Klischees oftmals nicht“, erzählt Feldmann. Immer mal wieder kommt es auch vor, dass jemand mitten auf der Strecke stehen bleibt und sich keinen Millimeter weiter bewegt. „Wir seilen ungefähr einmal am Tag einen Kletterer ab, der an seine Grenzen gekommen ist.“
Die Sicherheit im Park wird groß geschrieben. Jeden Morgen vor der Öffnung des Hochseilgartens prüfen die Mitarbeiter alle sicherheitsrelevanten Elemente. „Das sind unter anderem die Verschraubungen zwischen den Drahtseilen, die Punkte, an denen die Drahtseile mit den Elementen verschraubt sind, und natürlich auch die Elemente selber“, erklärt der stellvertretende Parkleiter, Thorsten Hellberg, der selbst regelmäßig den Kletterwald für die Kontrollgänge bezwingt. Zudem müssen die Bäume immer nach Totholz abgesucht werden.

Jeden Morgen kontrolliert Thorsten Hellberg den Kletterpark auf Sicherheitslücken und Totholz.
Corona-konformer Ablauf garantiert
Als Feldmann den Kletterpark baute, kamen Hochseilgärten in Deutschland gerade erst in Mode. In Verden fand sich gleich neben der Jugendherberge und dem Freibad der geeignete Platz. Elf Jahre ist das mittlerweile her. "Durch Corona ist unser zehnjähriges Bestehen im vergangenen Jahr leider etwas untergegangen", bedauert Feldmann. Umso schöner sei, dass in diesem Sommer dem Kletterspaß zwischen den Baumkronen nichts mehr im Wege stehe. „In dem Parcours gibt es keine Maskenpflicht, da auf einem Element eh immer nur eine Person sein darf und dadurch genügend Abstand eingehalten wird“, sagt Hellberg.
Der Kletterpark zieht mit seinem Angebot Besucher von nah und fern an. „Vor den Sommerferien waren rund 50 Schulklassen zum Klettern oder zum Teamtraining da“, berichtet Feldmann. Um die hohe Nachfrage immer abdecken zu können, bildet Feldmann mit seinem Kletterpark-Team einmal im Jahr neue Mitarbeiter aus. Aufgrund der Pandemie war das allerdings im vergangenen Jahr nicht möglich. „Deswegen suchen wir momentan hängeringend nach neuen Mitarbeitern.“ Die Ausbildung dauert mehrere Tage und endet mit einem Test. Neben der Aufsicht im Park gehören auch Notfallassistenz und Wartung der Anlage zu den Unterrichtseinheiten. Zudem gestaltet das Team auch erlebnispädagogische Programme für Schulklassen sowie Teamtrainings für Erwachsene.