Etwa zwanzig Messevertonungen sind von Wolfgang Amadeus Mozart bekannt. Als bedeutendste gilt dabei die Große Messe in c-Moll, obwohl sie letztlich unvollendet geblieben ist. Für die Aufführung des epochalen Werkes bot der Dom zu Verden das bestens geeignete Ambiente, trotz – oder vielleicht sogar gerade wegen der nicht ganz einfachen, weil lang nachhallenden Akustik. Unter der impulsiven Stabführung von John Butt präsentierte das schottische Dunedin-Consort die ungewöhnlich groß orchestrierte Komposition in einer 2018 von Clemens Kemme behutsam vorgenommenen, eng an mozartischen Vorgaben orientierten Rekonstruktion samt vorsichtiger Vervollständigung.
Das gelungene Ergebnis: ein geradezu barock-opulentes Klangerlebnis von überwältigender Ausdruckstiefe, eingeleitet vom anschwellenden Kyrie mit seinen markant aufsteigenden Dreiklängen. Der minimal besetzte Chor imponierte von Beginn an mit beeindruckendem Stimmvolumen. Schier ungebremster, von vollem Bläser- und Streichereinsatz untermauerter chorischer Jubel prägte das Gloria-Fortissimo, zu dem zarte „Et in terra pax“-Einwürfe eindringlich kontrastierten. Ganz anders dagegen das nur kurze Adagio des Gratias mit breit fließenden Akkorden. Das hochgradig emotionale „Qui tollis“ ging dagegen mit wuchtig pulsierenden, komplex changierenden Akkordreibungen unter die Haut.
Durchweg außergewöhnlich gerieten die virtuos angegangenen solistischen Partien. Sopranistin Mhairi Lawson gefiel bei ihren Einsätzen mit äußerst geschmeidiger Stimmführung und warmem Timbre. Gleiches galt auch für Nardus Williams, die sich im Sopran-Duett des „Domine Deus“ ebenso mühelos zu hell strahlenden Höhen aufschwang. Sie sorgte zudem mit einem empfindsam intonierten „Et incarnatus est“, dem zweiten Teil des Credo, für einen Höhepunkt. Das Orchester unterstrich diesen wunderschönen Gesang mit feinfühlig angepasster Begleitung. Tenor Benjamin Hulett und Bassist Robert Davies nutzten ihre nur wenigen Möglichkeiten, sich etwa im Solistenquartett beim freudig erregten Benedictus mit makelloser Intonation und viel stimmlichem Fundament neben den beiden brillanten Sopranistinnen zu positionieren.
Doch immer wieder waren es die fulminanten Tutti – so das imposante, emphatisch gesungene Sanctus als effektvolle Adoration – die die Zuhörer begeisterten, und die Atmosphäre im Dom mit ungeahnter Energie aufzuladen schienen. Schließlich ein fast schon abrupt endendes, aber außerordentlich glanzvolles „Hosanna in excelsis“, dessen Nachhall das Auditorium in einem Moment ergriffenen Schweigens auf sich wirken ließ. Bevor es die grandiose Aufführung mit lang anhaltendem Beifall bedachte.