Am vergangenen Sonntag ist das Gelände des Rennvereins Verden am Lüneburger Weg zum Schauplatz für den traditionellen Herbst-Renntag geworden. Pferde und Jockeys beziehungsweise Fahrer traten zu insgesamt zehn Rennen an, davon waren sechs Galopp- und vier Trabrennen. Durch die Corona-Pandemie musste auch die traditionsreiche Veranstaltung auf der Rennbahn im vergangenen Jahr abgesagt werden. Das Wetter und die Stimmung am Sonntag entschädigten die Besucher allerdings für die lange Pause. Bei Sonnenschein wurde gewettet, angefeuert und mitgefiebert.
Für Wettneulinge bot die Veranstaltung in Verden beste Bedingungen. Die Rennen waren jeweils nur mit wenigen Startern besetzt und so gab es die eine oder andere Überraschung nach der ersten Wette. Niclas Kutzer hat schon ein wenig Erfahrung im Wetten und erklärte seinen Begleiterinnen Anja und Alina, wie sie ihren Wettschein am besten ausfüllen. „Weil das hier so wenig Teilnehmer sind, ist es am interessantesten, wenn du eine Sieg- oder Platzwette machst.“ Das Wetten mache einfach Spaß, sagte Kutzer. „Und wenn man dann schon einmal hier ist, dann muss man auch mitmachen. Damit der Nachmittag spannend bleibt.“
Die Siegwette ist die wohl am häufigsten unter Laien genutzte Wette bei Pferderennen. Läuft das Pferd, das man auf Sieg gesetzt hat, als erstes durchs Ziel, gibt es Geld. Bei der Platzwette muss das Pferd, auf das der Teilnehmer setzt, als eines der ersten drei Pferde durchs Ziel laufen – im Fall Verden sogar an erster oder zweiter Stelle, da es nur sieben Starter gab. Weitere Wettarten sind die Zwei-aus-Vier-Wette, die Zweier-, Dreier, und Viererwette.
Von Spannung bis Freudentränen
Wer noch nie ein Pferderennen gesehen hat, kann nur schwer nachvollziehen, welche Spannung in der Luft liegt, wenn die Vierbeiner mit donnernden Hufen auf der Rennbahn an den Zuschauern vorbei ziehen. Es wurden auch am Sonntag sowohl Jockeys und Fahrer als auch Pferde mit lauten Jubelrufen angefeuert. Noch emotionaler wird es, wenn ein Pferd, das eigentlich als Außenseiter gilt, über sich hinauswächst und die Besitzer mit Tränen in den Augen ihr Glück nach dem Rennen kaum fassen können.
So erging es auch Kamila Harms. Sie schickte ihre dreijährige Fuchsstute Ratona im Preis der Reiterstadt Verden ins Rennen. Die Stute trainiert sie seit September vergangenen Jahres, nachdem sie Ratona vom Gestüt Fährhof erworben hatte. „Ich habe sie als Zweijährige gekriegt, weil sie sehr groß ist. Mir hat sie aber gefallen, sie braucht einfach Zeit.“ Die großgewachsene Fuchsstute sei sehr speziell im Training, sehr aufgeweckt und spritzig. „Sie traut auch keinem Menschen, den sie nicht kennt.“
Umso schöner war es für die Besitzerin, dass sich ihr liebevolles Training in Verbindung mit Ruhepausen auf der Koppel zu Hause in Bremen ausgezahlt haben – im zweiten Galopprennen ab 12.15 Uhr über 1650 Meter wuchs die Stute, die absolut nicht als Favoritin galt, über sich hinaus und legte nahezu einen Start-Ziel-Sieg mit ihrem Jockey Sarah Biessey hin. „Wir haben so viel Arbeit in sie gesteckt. Sie ist zwar schon ein paar Mal gelaufen, aber nie so, wie man sich das erhofft hat und dann ist man immer so niedergeschlagen. Wenn dann auf einmal doch der Erfolg da ist, freut man sich unheimlich“, sagte Kamila Harms.
Sarah Bissey hatte vor dem Start ein wenig mit der Stute zu kämpfen. Sie war für das Rennen aus München angereist und saß in Verden erstmals auf der Stute drauf. Trotz einer kurzen Rodeo-Einlage vor der Startbox, kam sie unerwartet gut auf die Bahn und dann ließ sie sie einfach gehen. „Das war eigentlich gar nicht unser Ziel, aber das Pferd weiß am Ende selbst am besten, wie es laufen will.“ Die Bahn in Verden halte eine kleine Tücke bereit, erklärte die Reiterin. „Die Kurven hier sind enger als auf anderen Bahnen. Da kommt es ein bisschen drauf an, wo die Pferde trainiert werden und ob sie die engen Kurven kennen.“
Überraschende Ergebnisse
Im ersten Rennen, einem Trabrennen auf 1850 Metern, sicherte sich ebenfalls ein Außenseiter den ersten Platz. Dreamline Promise wurde von seinem Besitzer Frederic Perner gefahren und zeigte sich in Top-Form. Das erste Galopprennen des Tages auf 1650 Metern ging an Eat the Dust im Besitz des Stalls Burg Nanstein. Im zweiten Trabrennen hießen die Sieger French Turgot und Fahrer Thomas Reber. Der sechsjährige Wallach steht im Besitz von August Arkenau. Das fünfte Rennen, ein Galopprennen über 3150 Meter, sicherte sich Eisenherz aus dem Stall Biancolino. Jockey war Alexander Weis.
Kurz danach ging es für die Traber wieder auf die Bahn – auf 1850 Metern überzeugten der achtjährige Franzose Declic Julry und seine Fahrerin Julia Holzschuh. Das drittletzte Galopprennen des Tages entschieden auf 2400 Metern Soldat aus dem Stall ST und Jockey Alexander Weis für sich. Im letzten Trabrennen wurde es noch einmal spannend für Fahrer und Pferde. Favorit Goethe und Fahrer Jochen Holzschuh wurden disqualifiziert und so war die Bahn für die fünfjährige Anabel WG und ihre Fahrerin, Besitzerin und Trainerin Jytte Meincke frei. Sporting Hunter, ein Vierjähriger im Besitz von Hans-Georg Fabian, erreichte mit seinem Jockey Patrick Gibson den Sieg im vorletzten Galopprennen des Tages auf 1850 Metern.
Das letzte Rennen, der Preis der Mitglieder des Rennvereins, war mit fünf Startern auf 1850 Metern ein gelungener Abschluss des spannenden Tages. Sarah Biessey brachte mit Esprit de Corps aus Großbritannien das zweite Pferd zum Sieg. Besitzer des siebenjährigen Wallachs ist der Stall Van der Linden.