Hundeführer Lars Prößler wird am Sonnabend auf dem Hundeübungsplatz in Lemwerder stehen. Er bietet den Mitgliedern der Rettungshundestaffel der Ortsfeuerwehr Lemwerder Rat und Tat bei ihrer Rettungshundeprüfung an. Vielleicht wird Prößler dabei ein wenig traurig sein, denn eigentlich hatte er selbst einen Kandidaten vorstellen wollen.
Der belgische Schäferhund Murdog, den Prößler seit gut sieben Monaten auf die Trümmersuche vorbereitet, sollte die Rettungshundeprüfung 1 in den Sparten Fläche und Trümmer absolvieren. Doch die Kommission verweigerte Prößlers Nachwuchsspürnase die Zulassung. Nicht, weil der Malinois nicht gut genug wäre. Sondern weil der Rüde mit 16 Monaten noch zu jung für seine erste Prüfung ist.
Vom Tierheim-Insassen zum Rettungshund
Murdog scheint ein Überflieger zu sein. Mit rund neun Monaten kam der junge Rüde nach einem mehrmonatigen Aufenthalt im Tierheim zu den Prößlers nach Bardewisch. Damals fragte sich Lars Prößler, ob der Hund nicht etwas zu alt für die Grundausbildung ist. Andere Hunde starten ihre ersten Übungen bereits im Welpenstadium. Doch Prößler stellte schnell fest: "Murdog ist wissbegierig." Den Rückstand holte er flugs auf.
Das hat auch Ausbilder Dirk Bäcker schnell erkannt. "Der Hund hat eine super Veranlagung. Das Problem ist: Er muss als Jugendlicher in die Grundschule. Der muss Sachen lernen, die findet der lächerlich." Auch an diesem Trainingsabend auf dem Hundeübungsplatz in Hemelingen sprüht Murdog vor Ehrgeiz. Möchte mehr machen, als er darf.
Gerne prescht er vor und kommt wieder zurück. Aber Lars Prößler verlangt von ihm, bei Fuß zu sitzen und zu laufen. Mit stoischer Ruhe. Gerade und abwartend. Um das Ziel zu erreichen, wird der junge Rüde bestochen. Mehrere Packungen Fleischwurst hat der Lemwerderaner vor dem Verladen des Hundes in Bardewisch in kleine Würfel geschnitten.
Training mit Bestechung
Bevor er mit Murdog das Hemelinger Trainingsgelände betritt, stopft sich Prößler die Taschen seiner Jacke mit den Leckerli voll. Auf dem Platz wandert ein Stück in die linke Achselhöhle. Kaum sitzt Murdog korrekt und aufmerksam neben ihm, lüpft Prößler den Arm. Das Leckerli fällt und Murdog schnappt begeistert zu.
Während des Laufens hüpft Murdog erwartungsvoll in die Luft. Der Hund sieht aus, als versuche er, seinem Besitzer Küsschen auf die Wange zu geben. Das soll nicht sein. Doch statt an der Leine zu zerren und den tatendurstigen Junghund zur Ordnung zu rufen, lässt Prößler den linken Arm baumeln, hält Murdog die Hand mit Fleischwurstwürfeln vor die Nase.
Der Geruch hält den belgischen Schäferhund am Boden. "Das ist in jedem Fall besser, als an der Leine zu ziehen", stellt Prößlers Ehefrau Bettina Dogs-Prößler fest, die mit ihrer Hündin Apple später auch noch an die Reihe kommen wird.
Höchstes Ziel: Aufmerksamkeit
"Der Hund soll lernen, seine Aufmerksamkeit beim Hundeführer zu haben", erläutert Ausbilder Dirk Bäcker die Übung. "Und er soll Freude an der Arbeit haben." Das Schwierigste für einen jungen Hund sei es, die Aufmerksamkeit hochzuhalten, sagt Bäcker. Denn: "Natürlich ist es nicht, dass ein Hund die ganze Zeit aufpasst und gehorcht."
So ist Murdogs Trainingseinheit auch bereits nach fünf Minuten beendet. "Die Konzentrationsarbeit ist anstrengend", weiß Sabrina Bäcker, die an diesem Abend mit dem Duo aus Lemwerder gearbeitet hat.
Hätte sich Murdog nicht auf die Übungen eingelassen, hätten die Hundeführer dem Junghund eine Pause gegönnt und das Training später am Abend noch einmal wiederholt. Eine Verlängerung der Einheit wäre kontraproduktiv gewesen, sagt die Ausbilderin.
Bis zur Begleithundprüfung, bei der es darauf ankommt, dass sich Murdog unterordnet, hat Lars Prößler noch ein wenig Zeit. Während der Malinois die erste Rettungshundeprüfung in zwei Monaten absolvieren soll, steht die Begleithundeprüfung erst im Herbst an.
Murdoch soll Lars Prößlers nächster vierbeiniger Partner für die Trümmersuche in Katastrophengebieten werden. Er bewegt sich auf den Spuren von Pollux und Apple, die beiden anderen belgischen Schäferhunde der Prößlers, mit denen Lars Prößler in den zurückliegenden Jahren im Auftrag der ehrenamtlichen Katastrophenschutzorganisation „@fire Internationaler Katastrophenschutz Deutschland“ bereits dreimal zu Einsätzen im Ausland gewesen ist.