Mehr Tempo bei neuen Stromtrassen, Gasleitungen, Windparks und grünen Industrieprojekten: Die vier Ämter für regionale Landesentwicklung (ArL) sollen die Abläufe und Kompetenzen der diversen beteiligten Behörden vor Ort künftig besser koordinieren. „Wir wollen mithilfe der ArL Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen“, sagte die neue Europa- und Regionalministerin Wiebke Osigus (SPD) am Dienstag in Hannover. Bei Konflikten zwischen den verschiedenen Interessengruppen sollten die vier Landesbeauftragten als „lokale und neutrale Vermittler“ agieren.
Zuvor hatte das rot-grüne Kabinett zwei neue Chefinnen an die Spitze der Ämter berufen – entsprechend den neuen Machtverhältnissen in der Regierung. Die Juristin Frauke Patzke (Grüne) leitet künftig das ArL Leine-Weser mit Hauptsitz in Hildesheim und Nebenstelle in Sulingen. Die Volkswirtin Karin Beckmann (SPD) steht dem ArL Lüneburg mit seinen drei Dependancen in Verden, Stade und Bremerhaven vor. Die Seestadt gehört zum Bundesland Bremen. „Das ist zwar etwas ungewöhnlich, die Geschäftsstelle dort bearbeitet die Regionen rund um Bremerhaven“, erklärte Beckmann, die zwischen 2014 und 2017 bereits das ArL Leine-Weser geleitet hatte.
Kandidatur als Regionspräsidentin scheitert
Eine Rückkehr dorthin sei aber nicht infrage gekommen, bekannte die Noch-Referatsleiterin im Europaministerium. Neben persönlichen Gründen habe das auch „mit politischen Verhandlungen“ zu tun. Das sollte so viel heißen, dass die Grünen das für einwohnerstarke Region Hannover zuständige Amt für ihre Frau beansprucht hatten. Patzke, bisher Chefjuristin im Wissenschaftsministerium, hatte vor gut einem Jahr bei den Kommunalwahlen erfolglos als Regionspräsidentin kandidiert. Jetzt wolle sie angesichts großer Herausforderungen gemeinsam mit den Kommunen und der Wirtschaft für bessere und zukunftssichere Lebensverhältnisse in den ländlichen Räumen einsetzen.
Patzke und Beckmann lösen die beiden CDU-Frauen Dinah Stollwerck-Bauer und Monika Scherf ab. Weil die Union nicht mehr in der Landesregierung vertreten ist, werden sie in den einstweiligen Ruhestand versetzt. „Sie haben die Ämter vorangebracht und die regionale Entwicklung erfolgreich mitgestaltet“, bedankte sich SPD-Ministerin Osigus bei den Christdemokratinnen. Die Nachfolgerinnen erhalten für ihren Job jeweils rund 10.300 Euro monatlich – Beckmann als Beamtin, Patzke wie schon im Ministerium weiter als Angestellte. Der Amtswechsel soll am Freitag erfolgen.
Regionalämter sind 2014 geschaffen worden
Die vier Regionalämter waren 2014 von der damaligen rot-grünen Landesregierung neu erschaffen worden – als Ersatz der vier Bezirksregierungen Braunschweig, Lüneburg, Oldenburg und Hannover. Diese hatte die damalige CDU/FDP-Regierung von Ministerpräsident Christian Wulff gegen den erheblichen Widerstand der SPD Ende 2014 als überflüssige Bürokratiemonster aufgelöst. Dass die im rot-grünen Koalitionsvertrag angestrebte Kompetenzerweiterung der ArL ein Schritt zurück zu den früheren Bezirksämtern sei, bestritt Ressortchefin Osigus mit einem klaren „Nein“. Niemand wollte die alten Strukturen wiederbeleben.
In den beiden anderen Ämtern bleibt vorerst alles beim Alten. Die Behörde Weser-Ems in Oldenburg mit ihren vier Nebenstellen leitet weiter der Jurist Franz-Josef Sickelmann (parteilos). Der 65-Jährige geht jedoch im April in den Ruhestand. Seine Nachfolge ist laut Ministerin noch offen. Das Amt in Braunschweig führt seit Juli 2020 die Soziologin Ulrike Witt (SPD). Insgesamt arbeiten in den vier ArL 745 Personen.