Neben einer sicheren Energieversorgung, Entlastungen für Bürger und dem Kampf gegen die noch nicht ausgestandene Corona-Pandemie will Niedersachsens künftige rot-grüne Koalition auch Umwelt und Natur in den Blick nehmen. Die kündigte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) nach dem knapp zweistündigen Auftaktgespräch mit der Grünen-Führung um Spitzenkandidatin Julia Hamburg am Donnerstag in Hannover an. „Der Klimawandel nimmt ja keine Auszeit“, meinte der bisherige und wohl auch nächste Regierungschef. „Wir sind sehr gewillt, diese Krise miteinander zu meistern und den Menschen in Niedersachsen Sicherheit zu geben“, sagte Hamburg mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und seine Folgen hierzulande.
In der SPD-Parteizentrale präsentierten die beiden Verhandlungsführer einen konkreten Verfahrens- und Zeitplan bis zur Neuwahl des Ministerpräsidenten. Diese soll am 8. November in der konstituierenden Sitzung des neuen Landtags stattfinden. Dort haben SPD mit 57 und Grüne mit 24 Mandaten eine komfortable Mehrheit gegenüber den Oppositionsfraktionen von CDU mit 47 und AfD mit 18 Sitzen.
Koalitionsverhandlungen ab 26. Oktober
Bereits in der nächsten Woche starten die thematischen Gespräche in elf gemeinsamen Arbeitsgruppen. Diese spiegeln zwar die Themenfelder der zehn Ministerien und der Staatskanzlei wider. Dies bedeutet aber nicht unbedingt, dass die Ressortzuschnitte auch in der nächsten Wahlperiode eins zu eins erhalten bleiben. Ab dem 26. Oktober wollen die Parteien dann in großen Runden den Koalitionsvertrag aushandeln; am 3. November wollen sie das Papier als Arbeitsgrundlage für die nächsten fünf Jahre öffentlich vorstellen. Am Wochenende drauf müssen dann die Parteitage von SPD und Grünen die Vereinbarung absegnen, bevor sie am 7. November feierlich besiegelt werden kann.
„Das war ein verheißungsvoller Auftakt; wir freuen uns auf die gemeinsame Zusammenarbeit“, erklärte ein entspannt wirkender Weil. Es stehe aber eine Menge Arbeit an, da Koalitionsverhandlungen ja nicht immer ganz einfach seien. Auch Hamburg ließ keinen Zweifel daran, dass ihre Partei diesen Plan konsequent umsetzen will: „Wir werden sehr vertrauensvoll und zügig miteinander verhandeln, damit wir ab November auch ins Machen kommen.“
So gut wie fest steht bereits, dass Rot-Grün schnell einen Rettungsschirm für Menschen und Betriebe in Niedersachsen auflegen wird. Mögliche Knackpunkte wie Autobahn-Neubau, Umbau der Landwirtschaft oder Innenpolitik seien zum Auftakt noch nicht angesprochen worden, meinte Weil. Gleiches gelte für Personalfragen. „Zuallererst geht es um Inhalte“ betonte der SPD-Chef.
Wilde Spekulationen über Ministerposten konnte Weil damit nicht verhindern. Die SPD dürfte sechs Ressorts erhalten. Innenminister Boris Pistorius, Sozialministerin Daniela Behrens und Umweltminister Olaf Lies werden als sichere Bank genannt. Letzterer müsste aber wohl seinen Bereich den Grünen überlassen; hierfür gilt deren Ex-Agrarminister Christian Meyer als heißer Anwärter. Hamburg selbst liebäugelt mehr oder wenig offen mit dem Wirtschaftsministerium.
Auch ein Aufstieg von Staatskanzleichef Jörg Mielke (SPD) zum Minister, etwa für Finanzen, oder Quereinsteiger sind denkbar. So macht in Hannover der Name von DGB-Nordchefin Laura Pooth die Runde. Die frühere Landesvorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW könnte das Kultusministerium übernehmen, hieß es. Ob sie das auch wirklich will, ist aber völlig offen.