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Landwirtschaft Kühe lieben es kühl

Temperaturen von weit mehr als 30 Grad sind ein Problem auch für die Nutztiere wie Kühe, Schweine und Hähnchen. Was tun Landwirte, um Abhilfe zu schaffen? Drei Beispiele aus Niedersachsen.
20.07.2022, 19:30 Uhr
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Kühe lieben es kühl
Von Jürgen Hinrichs
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Die Kühe von Manfred Tannen haben die Wahl: lieber draußen auf der Weide, an der frischen Nordseeluft. Oder im Stall mit dem Mistmief. Klar, wie die Tiere sich im Sommer normalerweise entscheiden. In diesen Tagen ist das freilich anders. Die Hitze. 35 Grad und mehr. So warm, dass es den Kühen zu bunt wird. Sie suchen den Schatten, Abkühlung. "Die meisten wählen in der Mittagszeit ein Plätzchen im Stall und gehen stattdessen frühmorgens raus", erklärt Tannen. Er habe das Glück, direkt angrenzend über viel Weidefläche zu verfügen. Sie reicht bis zum Deich, der Hof ist in Bensersiel, im schönen Ostfriesland. "Es wundert einen manchmal, wenn die Urlauber bei mehr als 30 Grad Kühe auf der Weide sehen wollen, selbst aber schnellstmöglich kühlen Schatten suchen", sagt der Landwirt. Das Vieh auf der Weide als Postkartenmotiv – diese Rolle mögen die Tiere gerade nicht spielen. Zu heiß.

Kühe sind hitzeempfindlich

"Kühe sind generell ziemlich hitzeempfindlich", weiß Tannen. Der starke Stoffwechsel bei der Milchproduktion produziere Wärme, eine Art Grundlast sei also schon da. Am wohlsten fühlten sich die Tiere bei unter 15 Grad. Gehen die Temperaturen nach oben, in Bereiche wie jetzt, ist es wie bei den Menschen: "Die Kühe werden träge, sie liegen mehr und fressen nicht so viel wie sonst", sagt der 56-Jährige. Im Ergebnis würden sie weniger Milch geben. Ganz wichtig sei, den Tieren, die bei starker Wärme pro Tag bis zu 200 Liter saufen würden, genügend Tränkeplätze mit kühlem Wasser anzubieten. Und sie häufiger zu füttern: "Statt zweimal am Tag, gibt es jetzt dreimal etwas, damit die Mischung einigermaßen frisch ist und angenommen wird."

Der Stall, sagt Tannen, muss gut durchlüftet sein. Er hat Jalousien an den Seitenwänden, die bei so einer Witterung geöffnet werden. "Gleichzeitig darf es nicht ziehen, darauf sollte man aufpassen, wenn richtig Wind weht." Im Wartehof des Melkstands sorge eine Vernebelungsanlage für Abkühlung. "Das ist für die Kühe wie ein Erfrischungsgetränk, wie eine Dusche", vergleicht der Bauer. Auch hier komme es aber wieder auf die Dosierung an – zu viel, zu kühl, zu viel Brise, was an der Küste schnell passieren kann, und die Lungenentzündung ist da.

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Hähnchenmäster sparen Energie

Tannen hat den Hof mit 200 Milchkühen vor 35 Jahren von seinen Eltern übernommen. Die nächste Übergabe ist programmiert, der Sohn steht in den Startlöchern und hat vieles im Betrieb bereits in seiner Hand. "Das gibt mir die Freiheit, mich ehrenamtlich zu betätigen", sagt der Senior. Er ist Vizepräsident des Landvolks in Niedersachsen. Das gleiche Amt hat Ulrich Löhr inne. Er betreibt einen Hähnchenmastbetrieb im Braunschweiger Land und muss für seine Tiere gerade ebenfalls gegen die Hitze kämpfen.

Löhr setzt Sprühnebel ein: "Damit kann man die Temperatur im Stall gegenüber der Außenwärme um bis zu vier Grad drücken." Außerdem werde stark gelüftet. Löhr muss allerdings unterscheiden, wie der Landwirt berichtet: Mehr Kühle behage nur den erwachsenen Tieren. Beim Nachwuchs sei es dagegen umgekehrt. Sie benötigten in ihrer Umgebung eine Temperatur von 35 Grad. Normalerweise müsse dafür geheizt werden. Jetzt nicht. Mit dem Effekt, so der Landvolk-Vize, dass so mancher Hähnchenmäster nun Gas sparen könne.

Schweine schwitzen nicht

Eine besondere Hitze-Problematik gibt es bei den Schweinen. Sie haben lediglich  um ihre Rüsselscheibe und zwischen den Zehen Schweißdrüsen, die aber bei weitem nicht ausreichen, um das Tier runterzukühlen. "Schwitzen wie ein Schwein" – dieser Spruch ist deshalb voll daneben. Schweine, wenn sie im Stall gehalten werden, und das ist die Regel, benötigen Klimaregulierung. "Das A und O bei großer Hitze ist bei den Schweinen das Überprüfen der Alarmanlagen für die Lüftung", sagt Jörn Ehlers, der Dritte im Bunde der Landvolk-Vizepräsidenten. Bei einem Ausfall der Lüftung im Winter bekämen die Tiere maximal einen Schnupfen, im Sommer wären die Folgen mit zu wenig Luft und starker Hitze weitaus größer. "Mit Wasservernebelungsanlagen können wir die Ställe zusätzlich kühlen. Wichtig ist auch, dass die Schweine genügend Wasser haben, damit sie gut durch die heißen Sommertage kommen", erklärt der Schweinehalter aus dem Landkreis Rotenburg.

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