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Öffnung der US-Botschaft Mindestens 58 Tote und mehr als 2700 Verletzte an der Gaza-Grenze

Es war der blutigste Tag seit Langem: 58 Palästinenser sind am Tag der Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem bei Auseinandersetzungen zu Tode gekommen. Israel flog auch Luftangriffe.
15.05.2018, 07:51 Uhr
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Die Zahl der bei schweren Konfrontationen im Gazastreifen an der Grenze zu Israel getöteten Palästinenser am Dienstag ist auf 58 gestiegen, wie das dortige Gesundheitsministerium mitteilte. Sie seien von israelischen Soldaten erschossen worden. Der Montag ist damit der Tag mit den meisten Todesopfern seit dem Gaza-Krieg 2014. Rund 2700 weitere Menschen wurden den Angaben zufolge verletzt. Unter den Verletzten soll auch ein Journalist sein.

Auslöser der Proteste ist die Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem an diesem Montag. US-Präsident Donald Trump hatte Jerusalem im Dezember im Alleingang als Hauptstadt Israels anerkannt. Weiterer Auslöser ist der 70. Jahrestag der Gründung Israels. Am 14. Mai 1948 war der jüdische Staat offiziell gegründet worden. Die Palästinenser sehen diesen Tag als Katastrophe (Nakba) an. Der Tag der Nakba ist traditionell am 15. Mai, wurde aber wegen der Botschaftseröffnung vorgezogen. Die Palästinenser erinnern an diesem Tag an die Flucht und Vertreibung Hunderttausender.

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Der palästinensische Gesundheitsminister Dschawad Awad in Ramallah warf Israel ein "Massaker an unbewaffneten Demonstranten" vor. Die israelische Armee sprach von "Gewalt in beispiellosem Ausmaß" seitens der Palästinenser im Gazastreifen. Drei Terrorzellen mit Schusswaffen hatten versucht, israelische Soldaten anzugreifen, sagte der israelische Militärsprecher Ronen Manelis Journalisten. Es seien Brandflaschen, Sprengsätze und Lenkdrachen mit Brandsätzen gegen die israelische Seite eingesetzt worden. Es habe Versuche gegeben, Soldaten zu entführen.

40.000 Demonstranten in Gaza

Bis zu eine Million Menschen waren im Gazastreifen an der Grenze zu Israel zu Protesten erwartet worden. Nach Angaben der Armee beteiligten sich rund 40.000 Menschen. Sie hätten sich an zwölf Orten am Grenzzaun versammelt und versucht, diesen zu durchbrechen. Dies sei aber nicht gelungen. Palästinenser hätten Reifen verbrannt und versucht, mit brennenden Gegenständen Feuer in Israel zu entzünden.

An der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen stieg wegen der brennenden Reifen dichter schwarzer Rauch in den Himmel. Nach Berichten von Augenzeugen versuchten mehrere Männer, den Grenzzaun zu Israel zu durchschneiden.

Die israelische Luftwaffe hat nach Angaben des Militärs Hamasposten im nördlichen Gazastreifen angegriffen. Damit habe die Armee auf Beschuss von dort auf Soldaten reagiert. Israel wirft der im Gazastreifen herrschenden Hamas vor, sie missbrauche die Proteste zu Anschlagsversuchen an der Grenze. Die Armee betont, sie schieße nur im Notfall und auch dann nur auf die Beine.

Auch in Ramallah im Westjordanland nahmen Tausende Palästinenser an einem Protestmarsch teil. Sie trugen palästinensische und schwarze Flaggen sowie Schlüssel. Damit wiesen sie auf ihre Forderung nach einer Rückkehr in die Gebiete hin, aus denen 1948 im Zuge der israelischen Staatsgründung Hunderttausende Palästinenser flohen oder vertrieben wurden. Demonstranten verbrannten auch eine US-Flagge.

Anschließend zogen Hunderte weiter zu Kontrollpunkten der israelischen Armee. Dort kam es nach palästinensischen Angaben zu Konfrontationen mit Sicherheitskräften, unter anderem in Kalandia und Bethlehem.

Schon 55 Tote seit Ende März

Schon die Ankündigung, dass die US-Botschaft nach Jerusalem verlegt werden soll, löste schwere Unruhen in den Palästinensergebieten aus. Seit Ende März sind bei gewaltsamen Konfrontationen von Palästinensern und israelischen Soldaten 55 Palästinenser getötet und Tausende verletzt worden. Israel hatte den Ost-Teil von Jerusalem 1967 im Sechstagekrieg erobert. Es sieht ganz Jerusalem als seine Hauptstadt an. Die Palästinenser wollen hingegen Ost-Jerusalem als Hauptstadt für einen künftigen Staat Palästina. Israel feiert die Verlegung der Botschaft als politischen Triumph.

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Schon seit mehreren Wochen protestieren die Palästinenser jeden Freitag für einen eigenen palästinensischen Staat und das Recht auf Rückkehr. Der Abschluss des „Marsches der Rückkehr“ ist am 15. Mai geplant. Mit der Protestaktion fordern die Menschen ein Recht auf Rückkehr in das heutige israelische Staatsgebiet. Israel lehnt das ab.

Bundesregierung ruft zu Mäßigung auf

Die Bundesregierung rief angesichts der Auseinandersetzungen zur Mäßigung auf. Die Eröffnung der US-Botschaft in Jerusalem dürfe kein Anlass für Gewalt sein, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin. Die Bundesregierung sei weiterhin der Überzeugung, dass es im Konflikt um den Status von Jerusalem nur eine einvernehmliche Verhandlungslösung geben könne.

An einem Empfang Netanjahus am Sonntagabend anlässlich der Verlegung der US-Botschaft habe kein deutscher Vertreter teilgenommen, sagte die Sprecherin. Die Bundesregierung werde auch weiter nichts tun, was Zweifel an ihrer völkerrechtlichen Haltung zum Status Jerusalems aufkommen lassen könnte.

Russland äußerte sich besorgt über die Verlegung der Botschaft. Dies könne die Spannungen im Nahen Osten weiter verstärken, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow russischen Agenturen zufolge. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte in London, Amerika sei nun nicht mehr Teil der Lösung des Nahostkonflikts, sondern Teil des Problems. Washington habe seine "Rolle als Vermittler im Friedensprozess des Mittleren Ostens verwirkt und verloren", fügte Erdogan hinzu.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres forderte eine politische Lösung des Konflikts. "Es gibt keinen Plan B zur Zwei-Staaten-Lösung", bekräftigte der UN-Chefdiplomat in Wien. Das sei der einzige Weg, damit Israelis und Palästinenser in Frieden miteinander leben könnten.

Al-Kaida-Chef Aiman al-Sawahiri rief seine Anhänger angesichts der Botschaftsverlegung zum Widerstand auf. Es sei nötig, die Feinde vereint mit einem Heiligen Krieg (Dschihad) zu bekämpfen, sagte der Führer des dschihadistischen Terrornetzwerkes in einem Video, das am Sonntagabend auf Propagandakanälen der Extremisten im Internet aufgetaucht war. Al-Sawahiri kritisierte zudem Trump, der "das wahre Gesicht der Kreuzzüge" enthüllt habe.

(dpa/cah)

++ Zuletzt aktualisiert um 07.57 Uhr. ++

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