Viel zu lange hat die Kommission akzeptiert, dass die Gelder für Ungarn in dunklen Kanälen versickern und in den Taschen von Orbán und seinen Kumpels landen. Die Wut vieler Bürger ist deshalb mehr als verständlich. Die EU ist kein Selbstbedienungsladen. Auf Druck des Parlaments zückte die EU-Kommission im April endlich ihr schärfstes Schwert und leitete zum ersten Mal in der Geschichte der Gemeinschaft gegen Ungarn den sogenannten Rechtsstaatsmechanismus ein. Nun beschloss sie nach langem Ringen, die Zahlungen deutlich zu kürzen.
Fraglich bleibt, ob die Kommission konsequent bleibt bei dem Versuch, den Antidemokraten Orban für seine Korruption zur Verantwortung zu ziehen. Die Hüterin der europäischen Verträge muss sich als solche verstehen und darf sich nicht mit kosmetischen Änderungen oder Scheinreformen zufrieden geben. Die Kommission hält das stärkste Instrument für ein mögliches Einlenken Ungarns in der Hand: Geld. Die Brüsseler Behörde hat nun die Chance zu zeigen, dass sie es mit dem Schutz der Rechtsstaatlichkeit ernst meint.