- Massenproteste
- Krim-Annexion
- Volksrepubliken
- Protokoll von Minsk
- Putins Unterstützung
- Eskalation
- Nord-Stream 2
Der Ukraine-Konflikt begann im Frühjahr 2014 und hält seitdem die Welt in Atem. Am Anfang war es ein Kampf der Argumente. Ein Streit über die Frage: Soll sich die Ukraine mehr gen Westen und damit der EU öffnen oder nicht? Aus dem politischen Streit wurden Proteste, aus den Protesten Unruhen, aus den Unruhen schließlich Krieg. Zwar gab es Phasen, in denen in der Ostukraine kaum gekämpft wurde, doch der Konflikt wurde niemals gelöst. Und er ist mit den russischen Truppenbewegungen wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.
Massenproteste
Im November 2013 kam es in Kiew auf dem zentralen Maidan-Platz zu Massenprotesten gegen den damaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Dieser hatte ein geplantes Assoziierungsabkommen mit der EU auf Eis gelegt. Die Demonstranten forderten den Rücktritt des Präsidenten, dem zudem Korruption zur Last gelegt wurde. Nachdem die Lage in Kiew am 18. Februar 2014 mit Dutzenden Toten eskaliert war, kam unter der Vermittlung der Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Polens am 21. Februar ein Vertrag zustande, der einen geregelten Machtübergang und freie Wahlen ermöglichen sollte. Allerdings weigerte sich der radikale Flügel der Demonstranten, diesen Kompromiss anzuerkennen. Sie forderten einen sofortigen Rücktritt des Präsidenten. Noch in der derselben Nacht wurde Janukowitsch aus Kiew vertrieben. In der Folge rechtfertigt die russische Regierung ihr Vorgehen mit dem Sturz Janukowitschs. Durch die Anerkennung der neuen Regierung hatte der Westen aus Moskauer Sicht einen Vertragsbruch begangen.
Krim-Annexion
Im März 2014 besetzten russische Truppen die Halbinsel Krim, die in der Ukraine über einen autonomen Status verfügte. Die Besetzung rechtfertigte Moskau damit, dass die mehrheitlich russische Bevölkerung auf der Krim bedroht gewesen sei. Zu größeren Auseinandersetzungen war es bis dahin auf der Krim nicht gekommen. Vieles spricht dafür, dass es Präsident Wladimir Putin vor allem darum ging, den Stützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol auf der Krim zu sichern. Äußerungen von ukrainischen Politikern über einen angestrebten Nato-Beitritt der Ukraine hatten in Moskau Befürchtungen ausgelöst. Dennoch: Die Annexion der Krim war eine Verletzung geltenden Völkerrechts. Russland hat sich mit der Eingliederung der Krim keinen großen Gefallen getan, auch wenn die Krim bis 1954 zu Russland gehörte. Schon jetzt ist die Halbinsel ein Hauptsubventionsempfänger unter den Gebieten der Russischen Föderation. Zudem verhängten die USA und die EU infolge der Krimbesetzung scharfe Wirtschaftssanktionen gegen Russland.
Volksrepubliken
Im April und Mai 2014 eskalierte auch die Lage in der Ostukraine. Vor allem in den beiden Regionen Donezk und Lugansk war es zu teils gewalttätigen Demonstrationen gegen die neue Regierung in Kiew gekommen. Die Demonstranten beschuldigten Kiew, die russischsprachige Bevölkerung in der Ostukraine unterdrücken zu wollen.
Die ukrainische Regierung schickte Militär in die Ostukraine und die Aufständischen leisteten massiven bewaffneten Widerstand. Während die Regierungstruppen anfangs Erfolge erzielen konnten, gerieten sie ab August 2014 in die Defensive. Die Separatisten riefen die Volksrepubliken Donezk und Lugansk aus, die Russlands Präsident Wladimir Putin mittlerweile als unabhängige Staaten anerkannt hat. Die Volksrepubliken erhalten militärische Unterstützung aus Russland. Moskau stritt dies lange Zeit ab. Doch schließlich musste die Regierung einräumen, dass russische Soldaten an der Seite der Separatisten kämpfen. Sie würden dies allerdings als Freiwillige tun, hieß es. Es gibt zwar keine geschlossenen russischen Kampfverbände in der Ukraine, zweifelhaft ist aber, ob die russischen Soldaten tatsächlich freiwillig dort kämpfen.
Protokoll von Minsk
Bereits im September 2014 kam es unter Vermittlung der deutschen und französischen Regierung zu einem ersten Versuch, den Konflikt diplomatisch zu lösen. Die Vertreter Russlands und der Ukraine einigten sich auf einen Waffenstillstand. Das Protokoll von Minsk setzten die Konfliktparteien jedoch unzureichend um. Es kam zu weiteren Versuchen einer dauerhaften Friedensregelung im Normandie-Format zwischen Vertretern von Russland, der Ukraine, Deutschland und Frankreich. Erreicht wurde der weitgehende Rückzug der Regierungstruppen und der Aufständischen auf eine vereinbarte Demarkationslinie. Waffenstillstände hielten dagegen nur wenige Wochen oder Monate.
Putins Unterstützung
Andere Absprachen zur Lösung des Konfliktes hielten Moskau und Kiew nicht ein. So sollten Donezk und Lugansk von der ukrainischen Regierung einen Sonderstatus mit weitreichender Autonomie erhalten. Separatistische Kämpfer sollten eine Amnestie bekommen. Aufgrund des Drucks nationalistischer Kräfte setzte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj diese beiden Teile des Abkommens jedoch nicht um. Putin wiederum hat seine Unterstützung für die Separatisten nie eingestellt. Und mit der Ausgabe von russischen Pässen an Bewohner der beiden Volksrepubliken goss die russische Regierung zusätzlich Öl ins Feuer.
Trotz allem sind die Gespräche im Normandie-Format nicht ganz erfolglos geblieben. Zumindest wurde eine vorübergehende Beruhigung der Lage in der Ostukraine erreicht. Seit 2019 fanden keine weiteren Treffen mehr statt. Es gibt den Vorschlag der deutschen Regierung, das Normandie-Format wiederzubeleben.
Aktuell hat sich der Konflikt in einem gefährlichen Maß zugespitzt. Russland fordert einen Rückzug der Nato aus Polen und dem Baltikum. Das gilt als unrealistisch. Beim von der Ukraine angestrebten Nato-Beitritt oder der massiven Aufrüstung des Landes durch die USA und Großbritannien sind Kompromisse denkbar – etwa durch ein mehrjähriges Moratorium, innerhalb dessen Fortschritte beim Friedensprozess in der Ostukraine erzielt werden müssten.
Der bekannte Politikwissenschaftler Thomas Jäger, grundsätzlich ein scharfer Kritiker der russischen Politik, geht in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk in diese Richtung: „Es wird immer noch eine diplomatische Lösung gesucht, aber die wird nicht so aussehen können, dass Russland sagt: Ist in Ordnung, wir sind hier in Europa demokratische Rechtsstaaten und gehen alle freundlich miteinander um. Sondern wenn es eine Lösung gibt, da beißt die Maus keinen Faden ab, dann geht sie auf Kosten der Ukraine.“
Eskalation
Allen Warnungen des Westens zum Trotz hat Wladimir Putin die Entsendung von Truppen in den umkämpften Osten der Ukraine befohlen. Die Einheiten sollen in den selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk für „Frieden“ sorgen, wie es in einem Dekret heißt, das der Kremlchef in Moskau unterzeichnete. Wann die russischen Soldaten dort einrücken, blieb zunächst unklar. Die USA und die EU protestierten und kündigten Strafmaßnahmen an.
Der vor Jahren vereinbarte Waffenstillstand in Donezk und Luhansk hält angesichts Hunderter Verstöße nicht mehr, es bekämpfen sich dort ukrainische Regierungstruppen und Aufständische. Russland hat nach westlichen Angaben etwa 150.000 Soldaten an den Grenzen zum Nachbarland zusammengezogen.
Nach der Eskalation haben eine Reihe von Ländern vor dem UN-Sicherheitsrat mit Konsequenzen gegen Russland gedroht. Keines der Mitglieder des mächtigsten UN-Gremiums verteidigte Moskaus Entsendungsbefehl bei einer hitzigen Dringlichkeitssitzung in New York. Die USA sehen die Handlungen als ersten Schritt zu einem vollständigen Einmarsch. Russland gab unterdessen der Ukraine die Schuld und drohte mit „äußerst gefährlichen Folgen“. Moskaus Partner China hielt sich auffallend zurück.
Nord-Stream 2
Im Zusammenhang mit dem Konflikt fällt immer wieder der Name der umstrittenen Gas-Pipeline Nord-Stream 2. Mittlerweile hat die Bundesregierung vorerst das Genehmigungsverfahren für die umstrittene Pipeline gestoppt. Konkret zieht die Regierung einen Bericht an die Bundesnetzagentur zurück. Er habe das Wirtschaftsministerium gebeten, den bestehenden Bericht zur Analyse der Versorgungssicherheit bei der Bundesnetzagentur zurückzuziehen, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz. „Das klingt zwar technisch, ist aber der nötige verwaltungsrechtliche Schritt, damit jetzt keine Zertifizierung der Pipeline erfolgen kann.“ Ohne diese Zertifizierung könne Nord Stream 2 nicht in Betrieb gehen, betonte Scholz. Vorher hatten Politiker, darunter Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne), sich bereits nachdrücklich für einen Stopp der russisch-deutschen Erdgasleitung Nord Stream 2 ausgesprochen.
Auch US-Präsident Joe Biden bekräftigte das Aus für die umstrittene Pipeline, sollte Russland in die Ukraine einmarschieren. Aus der Pipeline werde dann nichts, sagte er. Die fertig gebaute Leitung soll unter Umgehung der Ukraine russisches Gas nach Deutschland bringen. Die USA sind seit jeher Gegner der Pipeline.