Einen Tag, nachdem die Europäische Arzneimittelkommission EMA die Sicherheit des Corona-Impfstoffes von Astra-Zeneca bestätigt hat, kommen Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder heute bei einem Impfgipfel zusammen. Im Fokus steht dabei die Impfkampagne der Bundesregierung, die nach dem Stopp der Corona-Impfungen mit Astra-Zeneca kurzzeitig ins Stocken geraten ist. So wurden am Mittwoch, zwei Tage nach dem Astra-Zeneca-Stopp, bundesweit noch 198.000 Impfdosen verabreicht, zuvor waren es bis 294.000 Dosen täglich. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat das deutsche Vorgehen im Zusammenhang mit dem Impfstoff von Astra-Zeneca verteidigt. „Uns bestätigt die Analyse der EMA in unserem Vorgehen“, sagte Spahn am Donnerstagabend in Berlin. „Es war richtig, die Impfungen mit Astra-Zeneca vorsorglich auszusetzen, bis die auffällige Häufung der Fälle dieser sehr seltenen Thombosenart analysiert worden ist.“ Seit Freitag darf der Impfstoff wieder benutzt werden - auch in Bremen und Niedersachsen wurden die Impfungen mit Astra-Zeneca wieder aufgenommen.
Bei der Beratung von Bund und Ländern wird es am Freitag aber auch darum gehen, wie die Hausärzte an der Impfkampagne beteiligt werden können - ein Thema, das in der vergangenen Woche schon kontrovers diskutiert wurde. Denn viele Länder wollen bislang nicht von der Routine abweichen, zentral in den Impfzentren zu impfen - darunter auch Bremen. „Wenn es nach unseren Vorstellungen ginge, würden wir auch in den kommenden Wochen weiterhin zentral in den Impfzentren verimpfen“, erklärte Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) in der Vorwoche. Zuvor war auf der Konferenz der Gesundheitsminister beschlossen worden, dass Arztpraxen ab Mitte April mit den Impfungen beginnen sollen. Einzelne Länder können demnach auch ein „Opt-out“ erklären und im April noch nicht routinemäßig in den Arztpraxen impfen.
Wie die ausgefallenen Impftermine der vergangenen Tage nachgeholt und das Vertrauen in den Impfstoff von Astra-Zeneca wieder aufgebaut werden soll, ist Teil der Gespräche beim Impfgipfel am Freitag. Auch ein möglicher Export-Stopp sowie eine schnelle Zulassung des russischen Impfstoffs Sputnik V stehen auf der Agenda. Gerade der Export von Impfstoffen ist innerhalb der EU ein kontrovers diskutiertes Thema. Während in anderen produzierenden Ländern wie den USA und Großbritannien die Impfstoffe zunächst für die eigene Bevölkerung produziert werden, wurden aus der EU alleine seit Anfang Februar rund 41 Millionen Impfdosen in 33 Länder exportiert.
Söder für Impfstoff-Exportstopp
Bayerns Regierungschef Markus Söder (CSU) sprach sich am Donnerstag bei einer Video-Schalte der Länderchefs für einen Exportstopp aus. Niemand verstehe, dass in der EU nicht genug Impfstoff da sei, aber Vakzine aus Europa überall hin exportiert würden. Söder verwies auf wieder steigende Corona-Zahlen in Deutschland. „Wir müssen aufpassen, dass aus der dritten Welle keine Dauerwelle wird.“ Dagegen helfe das Impfen als zentraler Faktor. „Die Wahrheit liegt eindeutig in der Impfdose.“ Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller äußerte sich mit einem Verweis aus geltende Verträge gegen einen umgehenden Exportstopp zurückhaltender, fragte sich aber, warum Impfstoffe in Länder mit eigenen Produktionskapazitäten exportiert würden. „Das muss man nicht verstehen“, so Müller.
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Überwiegende Einigkeit herrscht dagegen bei der Frage nach einer Zulassung des russischen Impfstoffs Sputnik V. Müller und Söder, aber auch andere Ministerpräsidenten sprachen sich angesichts der Impfstoffknappheit für eine rasche Zulassung des russischen Vakzins Sputnik V aus. „Wir brauchen jeden Impfstoff, den wir kriegen können“, sagte Müller. Wie für jedes andere Vakzin müsse eine ordentliche Zulassung beantragt und diese dann auch geprüft werden. Söder verwies darauf, dass Sputnik V allen Gutachten zufolge ein guter Impfstoff sei. „Zum Teil ein besserer als bereits zugelassene“, fügte er hinzu. Daher sei es nun nicht angezeigt, bei der Prüfung des Vakzins „im klassischen bürokratischen Klein-Klein-Verfahren alles abzuarbeiten“. Die zuständigen Behörden sollten den Stoff aus seiner Sicht vielmehr „schnell, effizient und zügig“ zulassen.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat sich am Freitag ebenfalls für eine baldige Vorbestellung des russischen Corona-Impfstoffs ausgesprochen. „Es ist (...) notwendig, dass wir auch dieses Vakzin einfach in Anspruch nehmen“, sagte er am Freitagmorgen im ARD-„Morgenmagazin“. „Ich persönlich plädiere auch dafür, dass die Bundesregierung jetzt die Vorverträge für Sputnik V fertig macht“.
Nach Einschätzung des Ministerpräsidenten dürfe Deutschland mit der Bestellung nicht erst auf die Zulassung der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) warten. Mit den Verantwortlichen in Russland stehe er bereits in Kontakt, betonte Ramelow.