- Wie lauten die Klimaziele?
- Wie soll die Energiewende gelingen?
- Wie soll die Landwirtschaft der Zukunft aussehen?
- Welche Rolle spielt das Tierwohl?
- Was und wie sollen die Menschen essen?
Am 26. September wählt Deutschland den 20. Deutschen Bundestag. Eine Wahl, die Spannung verspricht und gleichzeitig eine Zäsur ist: Kanzlerin Angela Merkel steht nicht zur Wiederwahl. Wir möchten Ihnen den Überblick erleichtern: Beginnend an diesem Sonntag folgen bis zum 12. September, jeweils am Sonntag, sieben Übersichten zu den Wahlprogrammen der im Bundestag vertretenen Parteien. Dieser Teil beschäftigt sich mit der Energie- und Landwirtschaft und Fragen rund um die Klimaziele, die Energiewende, das Tierwohl und Ernährung.
Wie lauten die Klimaziele?
CDU: Die CDU will Deutschland bis 2045 klimaneutral machen. Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 reduziert werden. Die CDU setzt dabei auf den Ausbau des Emissionshandels. Die EEG-Umlage, die Teil des Strompreises ist, soll abgeschafft werden. Energiebezogene Steuern und Umlagen sollen am CO2-Ausstoß bemessen werden.
SPD: Ein „klimaneutrales Deutschland“ ist die erste der vier sogenannten Zukunftsmissionen, die die SPD in ihrem Wahlprogramm beschreibt. Wie die CDU wollen auch die Sozialdemokraten Deutschland bis 2045 klimaneu-
tral machen. Wie die CDU will auch die SPD bis 2030 die Treibhausgasemissionen um 65 Prozent gegenüber 1990 senken. Der Kohleausstieg bis 2038 ist in der Koalition mit der CDU beschlossene Sache. Die EEG-Umlage will die SPD bis 2025 abschaffen und durch Einnahmen aus der steigenden CO2-Bepreisung finanzieren. Klima- und umweltschädliche Subventionen sollen abgeschafft werden.
Grüne: Anders als CDU und SPD wollen die Grünen schon 2035 zu 100 Prozent auf erneuerbare Energien setzen. Das deutsche Klimaziel bis 2030 setzen sie ebenfalls ambitionierter als die amtierenden Regierungspartner, nämlich auf 70 Prozent. Und aus der Kohle wollen sie nicht erst 2038, sondern bereits 2030 aussteigen. Die Erhöhung des CO2-Preises auf 60 Euro pro Tonne wollen die Grünen auf 2023 vorziehen. Die EEG-Umlage soll gesenkt und ein neues Energiegeld für die Bürger eingeführt werden, in das die Einnahmen aus dem CO2-Preis fließen.
Die Linke: Das Wahlprogramm der Linken trägt das Wort „Klimagerechtigkeit“ schon im Titel. Bis 2035 sollen erneuerbare Energien fossile Energien ersetzt haben und Deutschland klimaneutral sein. Den Kohleausstieg will die Linke genau wie die Grünen von 2038 auf 2030 vorziehen. Danach soll der Ausstieg aus der Verbrennung von fossilem Erdgas erfolgen. Den Emissionshandel lehnen die Linken, anders als etwa CDU oder SPD, ab. Sie fordern stattdessen klare Vorgaben und verbindliche Grenzen für die Konzerne.
FDP: Den Klimawandel will die FDP, wie sie schreibt, mit „German Mut und nicht mit German Angst“ bewältigen. Die Klimaneutralität, zu der sich Deutschland und Europa bis 2050 verpflichtet haben, sei durch ein striktes und jährlich sinkendes CO2-Limit erreichbar, wenn der Emissionshandel auf alle Sektoren und geografisch ausgeweitet werde. Die Strompreise will die FDP unter anderem durch die schrittweise Abschaffung der EEG-Umlage und die Senkung der Stromsteuer reduzieren.
AfD: Das Ziel der Bundesregierung, die CO2-Emissionen drastisch zu senken, lehnt die AfD ab, genau wie den damit verbundenen Gesellschaftsumbau, wie die Partei es nennt. Das Pariser Klimaabkommen will die AfD kündigen. Statt einen aussichtslosen Kampf gegen den Wandel des Klimas zu führen, schreibt die AfD, solle der Mensch sich den veränderten Bedingungen anpassen, wie Pflanzen und Tiere es auch täten.
Wie soll die Energiewende gelingen?
CDU: Die Christdemokraten wollen auf einen, wie es heißt, „intelligenten Energiemix“ aus erneuerbaren Energien setzen. Mit einem sogenannten Sonnenpaket soll der Ausbau von Fotovoltaik gefördert werden. Windräder sollen on- und offshore genauso ausgebaut werden wie Stromnetze als „Lebensadern der Energiewende“. Deutschland soll überdies zum Wasserstoffland-Nummer 1 gemacht werden. KfW-Programme will die CDU für die energetische Sanierung von Wohn- und Gewerbeimmobilien attraktiver gestalten.
SPD: Die Sozialdemokraten wollen Deutschland bis 2030 zum „Leitmarkt für Wasserstofftechnologien“ machen, wie es heißt. Bis 2040 soll der Strom vollständig aus erneuerbaren Energien wie Sonne, Wind und Erdwärme bezogen werden. Beispiel Solarenergie: Ziel sei es, auf „jedem Supermarkt, jeder Schule und jedem Rathaus“ eine Solaranlage zu bauen. Stromnetze, Bahnstrecken, Wasserstoffleitungen und Ladesäulen für Elektroautos sollen schneller als bisher ausgebaut werden.
Grüne: Die Grünen sprechen von einer „Energierevolution“ und kündigen eine „massive Ausbauoffensive für die Erneuerbaren“ an. So sollen in den nächsten vier Jahren beispielsweise 1,5 Millionen neue Solardächer entstehen. Fotovoltaik soll nicht nur auf die Dächer, sondern auch in die Fläche gebracht werden, etwa neben Autobahnen, Schienen und über Parkplätzen. Die Windkraft wollen die Grünen massiv ausbauen. Zwei Prozent der Fläche Deutschlands soll bundesweit für erneuerbare Energien genutzt werden.
Die Linke: Die Strom- und Wärmenetze sollen in die öffentliche Hand überführt werden. Große Energiekonzerne, heißt es, würden vergesellschaftet. Wie die übrigen Parteien auch, setzen die Linken auf Wasserstoff, allerdings mit der Einschränkung, Autos und Gebäudeheizungen damit nicht zu betreiben, da sich der Einsatz weder sozial noch ökologisch rechne; die Herstellung von Wasserstoff verbrauche zu viel Energie. Bioenergie aus eigens dafür angebauten Pflanzen soll keine staatliche Förderung mehr erhalten.
FDP: Wasserstoff soll neben Strom die zweite Säule des künftigen Energiesystems sein, heißt es im Wahlprogramm. CO2-neutraler Wasserstoff soll fossile Brennstoffe in der Industrie ersetzen, Autos, Schiffe und Flugzeuge antreiben oder Gebäude beheizen. Für Europa stellt sich die FDP eine Wasserstoffunion vor. Beim Ausbau erneuerbarer Energien wollen die Freien Demokraten für schnellere Verfahren sorgen.
AfD: Da laut AfD bis heute nicht nachgewiesen sei, dass der Mensch, insbesondere die Industrie, für den Wandel des Klimas maßgeblich verantwortlich sei, lehnt sie eine Energiewende ab. Sie will weiterhin auf Erdgas setzen und ist auch gegen das geplante Ende der Kohleverstromung. Die Wasserstoffwirtschaft soll ebenso wenig wie Elektromobilität gefördert werden. Die AfD tritt stattdessen für eine Neueinrichtung von sicheren Kernkraftwerken ein.
Wie soll die Landwirtschaft der Zukunft aussehen?
CDU: In ihrem aktuellen Programm bekennt sich die CDU zur Landwirtschaft, sie gehöre „in die Mitte der Gesellschaft“. Landwirte zählen seit jeher zur Stammklientel der Union. Allerdings haben bei der Bundestagswahl 2017 nur noch 61 Prozent der Bauern ihre Stimme der CDU gegeben, 2013 waren es noch 74 Prozent gewesen. Die CDU will dafür sorgen, die Bauern „aus dem Hamsterrad der permanenten Effizienzsteigerung unter Industriebedingungen“ zu befreien. Den Ökolandbau will die Union „verlässlich fördern“ und die sogenannte Junglandwirte-Prämie erhöhen.
SPD: Das Thema Landwirtschaft spielt im Wahlprogramm der SPD eine vergleichsweise untergeordnete Rolle. Die Sozialdemokraten wollen die Agrarförderung so ausrichten, dass eine umweltschonende Landwirtschaft im Wettbewerb mithalten kann. Der Boden wird als wichtigstes Gut der Landwirtschaft bezeichnet, er soll, so heißt es, kein Spekulationsobjekt sein und deshalb vor Investoren ohne Agrarbezug geschützt werden.
Grüne: Wenn die Grünen von der Landwirtschaft sprechen, ist ihr „Leitbild eine sich weiter entwickelnde ökologische Landwirtschaft mit den Prinzipien Tiergerechtigkeit, Gentechnikfreiheit und Freiheit von chemisch-synthetischen Pestiziden“. Dafür soll der Ökolandbau umfangreich gefördert werden. Ziel sind 30 Prozent Ökolandbau bis 2030, aktuell ist in Deutschland 9,7 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche Ökoland, knapp 13 Prozent der Betriebe betreiben Ökolandbau. Das System der Direktzahlungen an Betriebe soll schrittweise durch eine Gemeinwohlprämie abgelöst werden.
Die Linke: Die Linke will die Direktzahlungen an Landwirte nicht abschaffen, aber konsequenter als bisher an Umwelt-, Sozial- und Tierschutzkriterien binden. Sie setzt auf mehr regionale Strukturen „als Gegengewicht“, wie es heißt, zu „Schlachthof-, Molkerei- und Handelskonzernen“, deren Marktmacht mithilfe des Kartellrechts beschränkt werden soll. Ökolandbau will die Linke bis 2030 auf mindestens 25 Prozent der Agrarfläche sehen.
FDP: Die Freien Demokraten wollen gemäß ihrer politischen DNA weg von staatlichen Subventionen, in diesem Fall den EU-Agrarsubventionen, hin zu mehr Markt, fairen europaweiten Wettbewerbsbedingungen, weniger Bürokratie und Eigenverantwortung. Um in schlechten Jahren etwa durch Dürre unabhängiger von staatlichen Notprogrammen zu werden, will die FDP den Betrieben ermöglichen, mit steuerbefreiten Rücklagen in guten Jahren vorzusorgen.
AfD: Bio oder konventionell, das ist der AfD egal, Hauptsache es wird möglichst viel auf regional erzeugte Lebensmittel zurückgegriffen. Die EU-Agrarpolitik soll „renationalisiert“ werden, wie es heißt, also weniger Entscheidungsmacht für Brüssel, sondern mehr für Berlin. Die verschärfte neue Düngeverordnung will die AfD rückgängig machen und bäuerliche Existenzgründer von der Grunderwerbssteuer befreien.
Welche Rolle spielt das Tierwohl?
CDU: Die Christdemokraten halten die deutsche Tierhaltung schon jetzt für eine der besten in der Welt. Es soll gleichwohl noch mehr fürs Tierwohl getan werden. Investitionen etwa beim Umbau von Ställen sollen staatlich gefördert werden, ein Bestandsschutz von 15 Jahren soll den Landwirten Verlässlichkeit geben. Bei der Frage nach Tiertransporten bleibt die CDU allgemein, Ziel sei es, lieber Fleisch als lebende Tiere zu transportieren.
SPD: Die SPD will Obergrenzen dafür festlegen, wie viele Tiere auf wie viel Fläche gehalten werden dürfen. Den Einsatz von Antibiotika will sie reduzieren. Lebende Tiere sollen nicht länger als acht Stunden transportiert werden dürfen. Außerdem will die SPD für ein verpflichtendes staatliches Tierwohllabel sorgen.
Grüne: Für die Grünen sind „industrielle Massentierhaltung und Billigfleischexporte“ nicht mit einer klimagerechten Zukunft vereinbar. Tiere bräuchten mehr Platz, Auslauf und Beschäftigung, dafür sollten insgesamt weniger Nutztiere gehalten werden. Es soll Obergrenzen pro Stall geben. Der Umbau von Ställen soll durch einen Tierschutz-Cent auf tierische Produkte finanziert werden.
Die Linke: Die Linken wollen die Tierbestände für Regionen und Standorte begrenzen. „Megaställe lehnen wir ab“, steht im Wahlprogramm. Die, wie es heißt, „bisher profitierenden Konzerne sollen angemessen an den Umbaukosten“ beteiligt werden. Tiertransporte, die länger als vier Stunden dauern, sollen verboten werden.
FDP: Die Freien Demokraten halten nichts von allzu präzisen Vorgaben, Tierwohl, heißt es, sei für die Partei keine Frage der Stallgröße, sondern des Zustands des einzelnen Tieres. Zentrales Instrument für Tierwohl soll ein europaweites Label sein, das einheitliche Tierschutzstandards setzt und den Kunden beim Einkauf mehr Transparenz verschafft.
AfD:Die Freien Demokraten halten nichts von allzu präzisen Vorgaben, Tierwohl, heißt es, sei für die Partei keine Frage der Stallgröße, sondern des Zustands des einzelnen Tieres. Zentrales Instrument für Tierwohl soll ein europaweites Label sein, das einheitliche Tierschutzstandards setzt und den Kunden beim Einkauf mehr Transparenz verschafft.
Was und wie sollen die Menschen essen?
CDU: Die CDU will eine Nationale Lebensmittel-Agentur auf den Weg bringen. Sie soll für regionale Produkte werben, um mehr Wertschätzung für Lebensmittel und die Landwirtschaft ganz allgemein zu erzeugen. Besonders auf das Essverhalten der Kinder legt die CDU den Fokus: Ernährungsbildung, Sport sowie Zugang zu gutem Kita- und Schulessen soll für jedes Kind möglich sein. Der in Deutschland eingeführte Nutri-Score, der den Nährwert der jeweiligen Produkte kennzeichnet, soll auch auf europäischer Ebene gelten.
SPD: Um „gegen Ernährungsarmut“ vorzugehen, wie es im Programm heißt, soll Kita- und Schulverpflegung kostenlos werden. Um Lebensmittelverschwendung einzudämmen, will die SPD den Produzenten und dem Handel verbieten, genießbare Nahrungsmittel wegzuwerfen. Und gegen den „Wildwuchs an selbst kreierten Labeln von Unternehmen“ soll ein verbindliches staatliches Label entwickelt werden. In Sachen Gentechnik bleibt die Partei bei ihrem Nein zu genetisch veränderten Pflanzen.
Grüne: Gesunde Ernährung darf keine Frage des Geldbeutels sein, lautet das Credo der Grünen. Vegetarisches und veganes Essen soll in Kantinen und Mensen von Betrieben, Schulen, Kitas oder Krankenhäusern zum täglichen Angebot gehören. Fleischersatzprodukte oder pflanzliche Alternativen sollen steuerlich bessergestellt werden, für pflanzliche Milchprodukte wie etwa Hafer- oder Sojamilch soll der Mehrwertsteuersatz gesenkt werden. Lebensmittel aus dem Müll zu suchen, das sogenannte Containern, soll erlaubt werden.
Die Linke: Kita- und Schulverpflegung soll nach dem Willen der Linken kostenlos sein und aus regionalen und ökologisch angebauten Lebensmitteln bestehen. Auch die Linke setzt auf ein verpflichtendes Label auf Verpackungen, es soll auf der Vorderseite stehen und Auskunft über Zucker-, Salz- und Fettgehalt des Produktes geben. Supermärkte sollen verpflichtet werden, aussortierte, aber noch genießbare Lebensmittel kostenfrei zur Verfügung zu stellen.
FDP: Die Freien Demokraten machen sich ganz allgemein für transparentere Nährwertinformationen auf Lebensmittelverpackungen stark. Das Thema Ernährung soll in Schulen und Kitas fester Bestandteil des Plans sein. Das starre Mindesthaltbarkeitsdatum könnte durch ein dynamisches Verderbslimit ersetzt werden.
AfD: Die AfD fühlt sich dem Leitbild des „mündigen Verbrauchers“ verpflichtet, wie sie schreibt. Der Bürger solle in seinem Konsumverhalten nicht staatlich bevormundet werden, heißt es. Deshalb lehnt die AfD jede Form der gesonderten Lebensmittelbesteuerung, etwa eine Fleisch- oder Zuckersteuer, ab. Sie wirbt für „die Bewahrung unserer traditionellen Esskultur in öffentlichen Einrichtungen“ und fordert eine Aufklärung über gesundheitliche Risiken „modischer Ernährungsformen“.
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