Das Netz trifft Angela Merkel - die Kanzlerin, die das Internet einst als "Neuland" bezeichnet und dafür viel Spott geerntet hat. Am 16. August trifft sie vier sehr unterschiedliche Youtuber zum Live-Interview. Diese können nacheinander ihre Fragen stellen, die sie zuvor von den Nutzern der sozialen Medien eingesammelt haben. Jeder der Youtuber hat zehn Minuten Gesprächszeit mit Merkel.
Unter dem Hashtag #DeineWahl kann bereits vorab jeder im Netz seine Frage an die Kanzlerin äußern. Mit etwas Glück findet sie Berücksichtigung in dem Interview. Bereits 2015 hatte Angela Merkel ein medienwirksames Gespräch mit Youtuber LeFloid geführt. Damals hagelte es anschließend Kritik, die Fragen seien zu harmlos gewesen, zu unkritisch. Doch dazu später mehr.
Der Video-Livestream zu #DeineWahl wird voraussichtlich am 16. August ab 13.30 Uhr unter diesem Link verfügbar sein. Produziert wird das Interview von dem Multichannel-Netzwerk Studio 71. Das Ziel des Unternehmens ist es nach eigenen Angaben, ein zeitgemäßes Format zu schaffen, das jungen Menschen Politik auf Augenhöhe näher bringt.
Und das sind die vier Youtuber:
MrWissen2Go
Mirko Drotschmann alias "MrWissen2Go" hat auf Youtube 513.000 Abonnenten. In seinen Videos erklärt er zweimal pro Woche politische und gesellschaftliche Themen, zum Beispiel "Die Wahrheit über McDonalds" oder "Christlicher Terrorismus - Gibt es das?" Drotschmann hat nach eigenen Angaben auch den Anspruch, verständliches Wissen für Schüler zu vermitteln, zum Beispiel in Geschichte. Er moderierte auch die Sendung "MDR Zeitreise".
Zu seiner Motivation, Angela Merkel zu interviewen, sagt er, er wolle herausfinden: "Was will diese Frau eigentlich? Wie sehen ihre Pläne für die zukünftige Politik aus und wie schaut sie auf ihre vergangenen Entscheidungen zurück?"
ItsColeslaw
Lisa Sophie alias "ItsColeslaw" hat auf Youtube 241.000 Abonnenten. In ihren Videos spricht die junge Frau zum Beispiel über peinliche Geschichten, nervige Eltern oder Liebesgedichte. Sie hat allerdings auch schon Reportagen zu ernsteren Themen für den WDR mitproduziert, zum Beispiel über Massentierhaltung, Aids oder Flüchtlinge.
Ischtar Isik
Ischtar Isik befasst sich auf Youtube mit Themen wie Beauty und Livestyle. Ihr Kanal hat rund 1,11 Millionen Abonnenten. Sie stellt Produkte vor, spricht über Schminke, Accessoires und TV-Serien. Für #DeineWahl produzierte sie anders als die anderen drei Youtuber kein eigenes Video, sondern schob die Ankündigung einfach vor eines ihrer üblichen Videos. "Ich hoffe, es schalten so viele wie möglich von euch ein, ich bin schon etwas aufgeregt", sagt sie - und stellt anschließend einen Augenbrauen-Stift vor.
AlexiBexi
Alexander Böhm alias "AlexiBexi" hat einen ganz eigenen Stil für seine Videos, die vor allem eins sind: unterhaltsam und lustig. Er ist unter den vier Youtubern derjenige mit den meisten Abonnenten: 1,14 Millionen. Er parodierte zum Beispiel das Musikvideo der Beauty-Youtuberin Bibi, gibt den "Erklärbär" oder verfasst Hasstiraden auf Apple oder Fidget Spinner.
In seiner Ankündigung für das #DeineWahl Interview sagt Böhm: "Wir als jüngere Generation sollten unser Wahlrecht definitiv nutzen" - viele Fragen seien ungestellt und unbeantwortet geblieben, daher wolle er jetzt diese Chance wahrnehmen, sie selbst zu stellen.
LeFloid ist nicht wieder dabei
Youtuber Florian Mundt alias "LeFloid" gehört dem Netzwerk Studio 71 an - er ist allerdings bei der Fragerunde dieses Mal nicht dabei. LeFloid kommentiert auf seinem Youtube-Kanal das aktuelle Weltgeschehen und beschäftigt sich daher häufig mit politischen Themen.
2015 war er der erste, der Angela Merkel unter dem Motto #NetzfragtMerkel treffen durfte - auf Vorschlag des Bundeskanzleramts. Anschließend kritisierten viele Journalisten das Gespräch; Mundt habe der Kanzlerin nur brav Stichworte gegeben, damit sie ihr Programm abspulen konnte. Er habe nicht nachgefragt und nicht widersprochen.
Mundt reagierte anschließend auf die Kritik: Er habe die häufigsten Fragen aus der Netz-Community übermitteln wollen, und er sei natürlich nervös gewesen. Bei der ZDF-Talkshow "Markus Lanz" sagte er, er sei vor dem Interview kein großer Merkel-Fan gewesen - und sei es danach immer noch nicht. Auf Nachfrage von Lanz sagte er, Merkel habe ihn wohl benutzt, um an die jüngere Zielgruppe heranzukommen. Es sei ihm lieber gewesen, 13 wichtige Fragen zu stellen, anstatt eine einzige provokante Frage, nach der man das Interview wahrscheinlich abgebrochen hätte.
Youtuber Mirko Drotschmann geht in seinem Ankündigungs-Video für #DeineWahl direkt auch den Fall LeFloid ein. Er sagt, er habe für das Interview nur zugesagt, weil zwei für ihn wichtige Bedingungen erfüllt seien: Die Fragen würden vorher nicht dem Kanzleramt bekannt gegeben, und zudem sei das Interview live, daher könne er auch unbequeme Fragen stellen, die nicht herausgeschnitten werden können.