Als die ersten Hybriden über die Straßen rollten, war das schon eine grüne Revolution auf Rädern. Ein Auto mit zwei Motoren unter der Haube, das wahlweise mit Benzin oder Strom fährt, ein Stahl gewordenes Symbol der Energiewende. Die "grüne Transformation" begann also irgendwie auch in den Autofabriken. Der Hybrid wurde vielen Pendlern zum Gefährt und Gefährten, dem die Ladesäulenknappheit in deutschen Städten nichts anhaben kann. Schließlich fährt der Hybrid auch mit Benzin. Also wieder ran an die Tankstelle: Einmal volltanken bitte! Dann verbraucht das ach so ökologische Auto doch wieder fossile Energie, dem Umwelt-Gedanken zum Trotz. Kein Wunder also, dass die staatliche Förderung dieser Übergangstechnik abgeschafft wurde. Am Ende verbraucht der Hybrid sogar mehr als ein herkömmliches Modell mit fossilem Antrieb, weil er ja die ganze Kraft der Zukunft in Form eines Elektromotors mitschleppen muss. Der Hybrid wird nach und nach wieder von den Straßen verschwinden. Je mehr die Elektromobilität an Fahrt aufnimmt, desto weniger wird man den Hybriden nachtrauern – und nicht nur zu Hause an der Wallbox, sondern auch im öffentlichen Raum und auf dem Firmenparkplatz grünen Strom tanken können.
Hybride Hühner
Hybride gibt es auch in der Pflanzen- und Tierzucht. Vor ein paar Jahren etwa diskutierte die Geflügelwirtschaft über das Hybridhuhn. Dabei handelte es sich um eine Art Rückzüchtung hin zum alten Haushuhn, das anders als die heute hochgezüchteten Rassen, die entweder viele Eier legen oder viel Brustfleisch ansetzen, beide Eigenschaften in sich vereinte – allerdings um den Preis der Wirtschaftlichkeit. Das Hybridhuhn setzte sich ebenso wenig durch wie das Hybridauto. In der Pflanzenzucht sind Hybride mindestens umstritten. Die Kreuzung von zwei verschiedenen Zuchtlinien führt zwar tatsächlich zu mehr Ertrag. Das Saatgut der Hybriden aber ist wenig ertragreich, sodass ein Landwirt, der sich für die genetisch veränderten Samen entscheidet, jedes Jahr neues Saatgut kaufen muss. Bekanntestes Beispiel dafür ist der Mais. Gerade in Entwicklungsländern macht das ohnehin schon arme Bauern abhängig von großen Konzernen. Genmais ist hierzulande verboten.
Während der Pandemie wurden Schülerinnen und Schüler zu Hybriden. Sie gingen zunächst ins Home-Schooling und dann ins Wechselmodell. Gruppenweise wechselten Kinder und Jugendliche vom Klassenzimmer ins Kinderzimmer und zurück. Die Digitalisierungswüste Deutschland offenbarte sich in Schulgebäuden, die noch nicht einmal mit WLAN ausgestattet waren. Inzwischen haben zumindest in Bremen alle Schülerinnen und Schüler ein iPad, in Niedersachsen heißt es noch "Bring your own device" – bring Dein eigenes Endgerät mit. Diese ungleichen Voraussetzungen aber will die nicht mehr ganz so neue rot-grüne Landesregierung in Hannover alsbald abschaffen. Grundsätzlich hält die Schule aber auch mit iPads am Präsenzunterricht fest, weil sich so eben doch besser lehrt und lernt. Sollte die Vogelgrippe tatsächlich zur neuen Pandemie werden, wären zumindest die technischen Voraussetzungen besser als vor Corona.
Teilzeit-Home-Officer
Die neuen Hybriden in der Arbeitswelt sind die alten Büromenschen. Ob App-Entwickler oder Journalist, sie brauchen nicht mehr als ein Notebook und einen funktionierenden Internetanschluss, um zu arbeiten. (Das Adjektiv zur Funktionalität ist zumindest solange unerlässlich, wie der Zugang zum weltweiten Netz keine Selbstverständlichkeit in den strukturschwachen Regionen der Republik oder den Zügen der Deutschen Bahn ist.) Der "Teilzeit-Home-Officer" ist ein Digitalnomade, der wahlweise von zu Hause aus oder im Büro arbeitet – oder in einem der wie Pilze aus dem Boden schießenden Co-Working-Spaces, die früher schlicht Internet-Café hießen und auch schlicht ausgestattet waren. Der moderne Stadtmensch würde ohne diese hippen Arbeitsflächen womöglich mit aller Welt verbunden sein und doch in seiner Single-Wohnung vereinsamen. Manche dieser neuen Hybriden haben nicht einmal mehr einen festen Wohnsitz, sondern tingeln dorthin, wohin sie das Hobby oder der Freundeskreis treibt. Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmen.
Menschliche Digitalinseln
Die neue Freiheit ist Fluch und Segen. Workaholics sind am Ende immer erreichbar und "vergessen" gar, sich zu erholen. Andere richten sich im Homeoffice ein, um quasi unter dem Radar möglichst wenig zu schaffen. Eltern wiederum schätzen die neue Flexibilität, müssen aber aufpassen, dass sie sich zwischen Arbeit, Kindern und Haushalt nicht aufreiben, aber das mussten sie ja schon immer. Die neuen Hybriden sind digitale Wanderer zwischen den Welten. Sie nehmen an Hybridkonferenzen mit technisch oft herausfordernder Sprachqualität teil und konferieren am Ende sogar im Großraumbüro digital. Nicht selten sehen sich Menschen dann quasi doppelt – analog am Schreibtisch gegenüber und in der Kachel auf dem Bildschirm. Das führt das Meeting ad absurdum. Gleichwohl ist es wichtig, dass Menschen sich am Arbeitsplatz begegnen, um neue Ideen zu hervorzubringen. Kein Wunder also, dass Arbeitgeber vielfach auf Präsenztage bestehen, damit die Belegschaft nicht in digitale Inseln zerfasert.
Die Macht des Algorithmus'
Die nächste Generation der Hybriden ist bereits auf den Technik- und Computermessen in Hannover und anderswo zu erleben. Mit Augmented-Reality-Brillen erweitern Nutzerinnen und Nutzer ihre analoge Umgebung durch digitale Informationen. Es wird also nicht mehr lange dauern, bis die Generation der Digital Natives ihr Smartphone aus der Hand legt und auch keine Fitness-Tracker oder Smartwatches mehr braucht. Sie lassen sich die gewünschten Informationen einfach einblenden – ganz egal ob es um die Navigation zu einem Treffpunkt geht oder um eine Textnachricht, die man sich wahlweise auch vorlesen lassen kann. Der Mensch wird deshalb noch nicht zur Maschine. Er wird auch die Künstliche Intelligenz im besten Falle für sich nutzen, vorausgesetzt er hat eine gewisse Medienkompetenz entwickelt. Wer heute ständig aufs Handy starrt, wird sich auch in Zukunft nicht von der Macht des Algorithmus' lösen. Umso wichtiger ist es, dass wir uns diese schleichende digitale Transformation bewusst machen.
"Halblinge" zwischen den Welten
Als "Halblinge" bezeichnete die Süddeutsche Zeitung den hybriden Menschen schon in einem Essay von 2015 und meinte damit nicht den Hobbit aus J. R. R. Tolkiens gleichnamigem Fantasy-Roman, sondern Menschen, die halb in der digitalen, halb in der analogen Welt zu Hause sind. Die "Brückengeneration", schrieb der Autor schon damals, baue sich "lauter kleine Ego-Altäre" im Netz und leide dennoch unter Einsamkeit, Abhängigkeit und Überforderung. Umso wichtiger ist es, dass wir zwischen all den Clicks und Chancen, die das Netz fraglos bietet, einen Umgang damit finden, der uns das Leben leichter und nicht schwerer macht. Je mehr beide Welten verschmelzen, desto bedeutsamer wird es, die Menschlichkeit nicht zu verlieren. Roboter wie Data aus Raumschiff Enterprise sind eben nicht fähig, Gefühle zu zeigen, und werden es wohl auch in Zukunft nicht sein. Ein Roboter als Service-Kraft in einem Café ist eine Sache, ein Roboter als Pflegekraft in einem Krankenhaus etwas ganz anderes. Mag sein, dass Maschinen schon heute einen Kaffee servieren können, den zwischenmenschlichen Austausch aber ersetzen sie nicht.