Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Vorschlag zu Zurückweisungen Faeser ordnet mehr Grenzkontrollen ab nächste Woche an

Mehr Grenzkontrollen und Zurückweisungen – die Bundesregierung hat der Union nach Angaben aus Regierungskreisen jetzt einen Vorschlag unterbreitet. Nun bleibt abzuwarten, wie die ihn bewertet.
09.09.2024, 12:45 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von dpa/KNA/ba

Um die Zahl der unerlaubten Einreisen stärker einzudämmen, hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vorübergehende Kontrollen an allen deutschen Landgrenzen angeordnet. Die zusätzlichen Kontrollen sollen am 16. September beginnen und zunächst einmal sechs Monate andauern, wie am Montag aus Regierungskreisen bekannt wurde. Als Gründe für die nun angeordneten Kontrollen genannt wurden neben der Begrenzung der irregulären Migration auch der Schutz der inneren Sicherheit vor aktuellen Bedrohungen durch den islamistischen Terrorismus und vor grenzüberschreitender Kriminalität.

Nach dem Migrationstreffen mit Unionsfraktion und Ländervertretern in der vergangenen Woche habe die Regierung nun zudem ein „Modell für europarechtskonforme und effektive Zurückweisungen entwickelt“, hieß es aus Regierungskreisen weiter. Dieses Modell gehe über die derzeit erfolgenden Zurückweisungen hinaus. Faeser habe dies der Unionsfraktion mitgeteilt und vertrauliche Gespräche dazu angeboten. Ein solches Gespräch mit der CDU/CSU-Fraktion und dem Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz könnte an diesem Dienstag stattfinden, hieß es.

Teilnahme der Union an neuer Migrationsrunde offen

Von Seiten der CDU/CSU-Opposition ist noch offen, ob es zu dem Gespräch kommen wird. Man höre gerade „ziemlich widersprüchliche Angaben aus der Bundesregierung, was sie denn jetzt ernsthaft will“, sagte Fraktionschef Friedrich Merz in Berlin. Es sei unklar, ob es tatsächlich zu umfassenden Zurückweisungen an den Grenzen kommen solle. „Wir wollen, dass die Bundesregierung uns bis zu diesen Gesprächen morgen spätestens noch mal wirklich klar sagt, am besten schreibt, was sie denn jetzt wirklich vorhat.“

Die Union werde sich „auf eine Relativierung oder auf irgendeine eingeschränkte Methodik der Zurückweisung nicht einlassen“, betonte der CDU-Vorsitzende. „Wenn die Bundesregierung möchte, dass wir diesen Weg gemeinsam gehen, dann geht es nur, wenn wir wirklich im umfassenden Umfang an den deutschen Außengrenzen zurückweisen.“

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erklärte, Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) habe angekündigt, über die bisherige Situation hinauszugehen. „Das reicht aber nicht“, sagte er. „Es muss grundsätzlich um die Zurückweisung an der Grenze gehen, dann sind wir bereit, darüber Entscheidungen gemeinsam mit der Ampel auch zu treffen.“

Zurückweisungen an deutschen Landgrenzen gibt es derzeit nur in bestimmten Fällen: wenn jemand mit einer Einreisesperre belegt ist oder kein Asyl beantragt. Zurückweisungen an den deutschen Binnengrenzen sind grundsätzlich nur da möglich, wo es Kontrollen direkt an der Grenze gibt.

Lesen Sie auch

Seit Oktober sind laut Bundesinnenministerium mehr als 30.000 Menschen zurückgewiesen worden. Mitte Oktober 2023 hatte Bundesinnenministerin Faeser stationäre Kontrollen an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz angeordnet. An der deutsch-österreichischen Landgrenze gibt es solche Kontrollen, die mit der irregulären Migration begründet werden, bereits seit September 2015.

Wie der neue Vorschlag der Bundesregierung zu den Zurückweisungen genau aussieht, blieb zunächst offen. In der Vergangenheit hatte es aus dem politischen Raum unterschiedliche Ideen gegeben, etwa dass diese auf alle Ausländer ohne Ausweispapiere ausgedehnt werden sollten oder auf Asylbewerber, die bereits in einem Land als Schutzsuchende registriert wurden.

Österreich will keine abgewiesenen Flüchtlinge übernehmen

Österreich kündigte nach dem Vorstoß Deutschland bereits Widerstand an. „Österreich wird keine Personen entgegennehmen, die aus Deutschland zurückgewiesen werden. Da gibt es keinen Spielraum“, sagt der konservative Innenminister Gerhard Karner der „Bild“ und der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Karner argumentiert, dass Deutschland zwar das Recht habe, Menschen zurückzuschicken, wenn ein anderes EU-Land für ihren Asylantrag zuständig ist. Dafür sei aber ein formelles Verfahren und die Zustimmung des betroffenen Mitgliedstaates nötig. Zurückweisungen im Rahmen von Kon­trollen an den EU-Binnengrenzen seien nicht erlaubt, sagt Karner drei Wochen vor der österreichischen Parlamentswahl.

Unterdessen warnt der Sachverständigenrat für Integration und Migration (SVR) vor einer Eskalationsspirale in der Asyldebatte. Der SVR betonte, es dürften keine vermeintlich einfachen Lösungen beschlossen werden, die sich dann nicht umsetzen ließen. Zudem bestehe die Gefahr, dass die aufgeheizte Debatte das Integrationsklima im Land vergifte. In der Asylpolitik gelte es, Umsetzungsdefizite zu beheben und europäisch zu agieren.

Zuvor hatten Dutzende Organisationen und Verbände an die Bundesregierung appelliert, beim Umgang mit Schutzsuchenden an den deutschen Grenzen demokratische Werte und Menschenrechte zu wahren. "Das Recht, in Deutschland und Europa Schutz vor Menschenrechtsverletzungen zu suchen, gehört nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs zur DNA unserer Demokratie", heißt es dem Appell von 27 Menschenrechts-, Flüchtlings- und Hilfsorganisationen. Darunter finden sich etwa Pro Asyl, Amnesty International, der Jesuiten-Flüchtlingsdienst, die Diakonie und die Arbeiterwohlfahrt. Verstoß gegen europäisches Recht

Vorschläge wie die Zurückweisung von Schutzsuchenden an deutschen Grenzen verstießen "eindeutig gegen europäisches Recht und menschenrechtliche Grundprinzipien", kritisieren die Organisationen. In vielen EU-Ländern drohten Asylsuchenden ein Leben auf der Straße, Verelendung und willkürliche Haft. Aus diesen Gründen würden deutsche Gerichte immer wieder Abschiebungen dorthin verbieten. Daher müsse in jedem Einzelfall geprüft werden, ob eine Abschiebung rechtens sei. Dies könne nicht ad hoc an der Grenze entschieden werden.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)