Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat Eckpunkte zur geplanten kontrollierten Cannabis-Legalisierung vorgelegt: Demnach soll künftig Kauf und Besitz von 20 Gramm Cannabis ab dem Alter von 18 Jahren grundsätzlich straffrei sein. Das berichtet das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) unter Berufung auf die ihm vorliegenden Eckpunkte, die derzeit zwischen den Ministerien der Bundesregierung abgestimmt würden. Danach soll zudem der Eigenanbau von bis zu zwei Cannabis-Pflanzen erlaubt werden. Die Menge des berauschenden Wirkstoffs THC im legalisierten Cannabis soll maximal 15 Prozent betragen.
Um "cannabisbedingte Gehirnschädigungen" zu verhindern, dürften allerdings an Jugendliche zwischen 18 und 21 Jahren nur Produkte mit einem THC-Gehalt von höchstens 10 Prozent verkauft werde, hieß es weiter. Die Besitzgrenze von 20 Gramm Cannabis solle unabhängig von der Herkunft des Cannabis-Produktes und des THC-Gehalts gelten. Grundsätzlich solle Cannabis rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden. Würden Jugendliche unter 18 Jahren mit Cannabis erwischt, gelte die Straffreiheit ebenfalls. Allerdings könnten die Jugendämter den Eckpunkten zufolge Jugendliche in diesen Fällen zur Teilnahme an Präventionskursen verpflichten. Zudem werde das mitgeführte Cannabis dann beschlagnahmt.
Entwurf sorgt für Irritationen
Die Standorte von Cannabis-Geschäften sollen reguliert werden: So solle es Mindestabstände zu Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen geben. Trotz der Legalisierung solle es untersagt bleiben, für Cannabisprodukte zu werben. Es gelte ein generelles Werbeverbot, heißt es dem RND zufolge in den Eckpunkten. Erwogen wird laut den Eckpunkten, den Verkauf nicht nur in lizenzierten Geschäften zu erlauben, sondern auch in Apotheken. So könnte der Schwarzmarkt wegen des breiteren Angebots insbesondere im ländlichen Raum besser bekämpft werden.
Am Mittwoch hat der durchgesickerte Entwurf für Irritationen gesorgt – unter anderem bei der drogenpolitischen Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion. Kirsten Kappert-Gonther erklärt auf Anfrage des WESER-KURIER, ihr liege der Entwurf nicht vor. Sie geht laut eigener Aussage auch nicht davon aus, dass die jetzt berichteten Inhalte dem entsprechen, was am Ende beschlossen werde.
Kappert-Gonther bezeichnet den aktuell kursierenden Entwurf als „deutlich zu restriktiv“. Eine THC-Obergrenze lehnt sie ab, weil eine solche Einschränkung ihrer Ansicht nach den Schwarzmarkt stärken würde. Ohnehin, so Kappert-Gonther, seien die meisten Konsumenten an Cannabis mit einem eher niedrigen THC-Gehalt interessiert. Auch wer einen hohen THC-Wert - also eine stärker berauschende Wirkung - bevorzuge, brauche legale und kontrollierbare Erwerbsmöglichkeiten. Ansonsten seien die Konsumenten weiterhin auf den Schwarzmarkt angewiesen – das dort verkaufte Cannabis sei nicht selten verunreinigt und von zweifelhafter Qualität.
Kappert-Gonther, die zuletzt mit einer Delegation in den USA und in Kanada unterwegs war, verweist auf Erfahrungen aus dem Ausland, wo Cannabis teilweise schon seit einigen Jahren legal ist. Wissenschaftler und Gesundheitsexperten hätten ihr gegenüber betont, dass der legale Markt möglichst wenig restriktiv sein müsse. „Die wichtigste Erkenntnis ist, dass der Konsum durch die Legalisierung nicht zugenommen hat. Vor allem nicht bei Kindern und Jugendlichen“, sagt Kappert-Gonther. Ein Werbeverbot und Mindestabstände von Verkaufsstellen zu Schulen finde sie sinnvoll – man wolle keine neuen Konsumanreize setzen.
Grundsätzlich habe sie in den Gesprächen mit SPD und FDP bislang keine größeren Unstimmigkeiten wahrgenommen. Der widersprüchliche Entwurf sei eine noch unabgestimmte Ressortvorlage. Trotz der Unstimmigkeiten geht Kappert-Gonther laut eigener Aussage davon aus, dass die Cannabis-Legalisierung nicht verzögert werde. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hatte vor gut einem Monat eine Cannabis-Legalisierung für kommendes Jahr in Aussicht gestellt. Allerdings hatte der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert noch im Juli gesagt, es sei eher unwahrscheinlich, dass das Gesetz zur Cannabis-Legalisierung vor 2024 in Kraft trete. Die Ampel-Koalition werde Ende dieses Jahres oder Anfang kommenden Jahres einen Entwurf dafür vorlegen.
Bremens Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) sieht das Eckpunktepapier laut eigener Aussage als gute Grundlage für eine inhaltliche Debatte. "Wir werden über einzelne der Punkte allerdings noch sprechen müssen. Mir ist wichtig, dass der Gesundheits- und Jugendschutz in den Mittelpunkt der Überlegungen zur Regulierung gestellt wird", so Bernhard. Ob die vorgeschlagenen Punkte ausreichten, um den Schwarzmarkt unattraktiv zu gestalten, werde man noch erörtern müssen.